Diabetes, Krebs, Arthritis: Ein molekularer Schalter aus dem Weihrauch stoppt die Entzündung
Oft sind Entzündungen der Auslöser für schwere Erkrankungen. Ein Forschungsteam der Uni Jena fand jetzt im Weihrauch ein Molekül, das Entzündungen stoppen und die Heilung fördern kann.
Der Legende nach brachten die Heiligen drei Könige Weihrauch, Gold und Myrrhe als Geschenk für das Jesuskind an die Krippe nach Bethlehem. Weihrauch galt in damaliger Zeit als medizinischer Wirkstoff. Heute könnte er zu neuen Ehren kommen. Denn ein Team der Universität Jena fand in dem Baumharz einen Wirkstoff, der chronisch-entzündliche Prozesse stoppen und die Heilung von schweren Erkrankungen fördern könnte.
Arthritis, Asthma, Parkinson und Alzheimer, aber auch Arteriosklerose, Diabetes und Krebs beginnen mit einem entzündlichen Prozess im Körper. Deswegen werden auch Entzündungshemmer weltweit am häufigsten als Medikamente verordnet und eingenommen. Doch leider wirken sie oft nicht oder nur gering. Und sie verursachen zum Teil schwere Nebenwirkungen wie Magengeschwüre oder Nierenfunktionsstörungen.
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Ein Wirkstoff aus dem Weihrauch kann Entzündungen einfach auflösen
„Aus diesem Grund ist die aktuelle Forschung bemüht, alternative Therapiestrategien zu entwickeln“, sagt Oliver Werz von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Die Entzündungen nicht einfach zu blockieren, sondern deren Auflösung aktiv zu unterstützen, ist deshalb der Ansatz des Professors für Pharmazeutische Chemie und seines Teams. Ihren vielversprechenden neuen Therapieansatz stellen die Forscher im Fachblatt „Advanced Science“ vor.
Bestimmte Botenstoffe im Körper, die sogenannten Resolvine, können entzündliche Prozesse im Körper auflösen. Das Jenaer Team stimulierte daraufhin deren Produktion gezielt im Körper. „Aus früheren Arbeiten wussten wir bereits, dass Inhaltsstoffe aus dem Weihrauchharz hierfür geeignet sind“, sagt Werz.
Tierversuche bestätigen, dass der molekulare Schalter in den Immunzellen wirkt
Vor allem eine Säure aus dem Weihrauch, die Boswelliasäure, kann ein zentrales Entzündungsenzym, die 5-Lipoxygenase, so umprogrammieren, dass es anstelle der entzündungsfördernden Substanzen nun entzündungsauflösende Resolvine produziert. „Dieses bereits bekannte Phänomen haben wir nun in entzündungsrelevanten Immunzellen überprüft und bestätigt, wobei sich weitere, völlig überraschende Effekte ergaben“, erzählt Werz.
So wirke die Boswelliasäure zusätzlich über ein weiteres Enzym, die 15-Lipoxygenase-1, als „Zellaktivator“. Sie sorgt dafür, dass große Mengen an Resolvinen produziert werden. Forschende der Louisiana State University (USA) starteten hierzu umfangreiche Detailuntersuchungen und halfen damit, den zugrunde liegenden Mechanismus aufzuklären: Die Boswelliasäure dockt an einer ganz speziellen Stelle der 15-Lipoxygenase-1 an und aktiviert so direkt die Resolvinbildung in der Zelle. „Damit kann die Resolvinproduktion in Immunzellen gezielt durch einen Wirkstoff angeschaltet werden“, erklärt der Professor für Pharmazeutische Chemie.
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In Tierexperimenten konnte der Mechanismus bereits bestätigt werden. Ziel des Jenaer Teams ist es nun, weitere Wirkstoffe entwickeln zu können, die ähnlich wie die Boswelliasäure die Bildung von Resolvinen in den Immunzellen fördern.