Genauere Auswertung von MRT-Aufnahmen bei Multipler Sklerose dank KI
Künstliche Intelligenz (KI) soll die Versorgung von Patienten mit Multipler Sklerose (MS) verbessern: Die Medizinische Fakultät der Universität Mannheim und zwei mittelständische Unternehmen entwickeln gemeinsam ein Analyseverfahren, mit dem die Verlaufskontrolle der Erkrankung anhand von MRT-Aufnahmen verbessert und vereinfacht werden soll.
Multiple Sklerose (MS) ist eine Autoimmunerkrankung, bei der es zu einer chronischen Entzündung des zentralen Nervensystems kommt. Die Erkrankung tritt vor allem bei jungen Erwachsenen auf. Die Entzündungen führen zu dauerhaften Schäden und neurologischen Beeinträchtigungen. Deshalb ist es so wichtig, den Krankheitsverlauf kontinuierlich zu verfolgen. Dadurch lässt sich die Behandlung gezielt auf den jeweiligen Patienten ausrichten.
Aufnahmen des Gehirns mittels Magnetresonanztomographie (MRT) sind besonders wichtig für eine solche Therapiekontrolle. Sie werden in regelmäßigen Abständen durchgeführt und auf Gewebeveränderungen hin ausgewertet. Allerdings ist es extrem aufwendig, die komplexen Aufnahmen im Zeitverlauf exakt auszuwerten. Dabei ist viel Erfahrungswissen des Arztes gefragt.
Eine Art Landkarte des Gehirns
Hilfreich für den Mediziner wäre ein Verfahren, das eine exakte Auswertung der MRT-Aufnahmen praktisch auf Knopfdruck im Zeitverlauf vornimmt. Eine solche Technik ist bereits vorhanden. Die sogenannte Voxel Guided Morphometry (VGM) erfasst Veränderungen selbst bei stark geschädigten Gehirnen noch im Zeitverlauf und bildet sie in einer Art Landkarte des Gehirns ab. Allerdings werden dabei enorme Rechenkapazitäten benötigt, weil die zu verarbeitenden Datenmengen so riesig sind. Aus diesem Grund ist diese Methode bislang ausschließlich der Forschung vorbehalten.
Nun macht sich ein Verbundprojekt dafür stark, das eine Forschungseinrichtung und zwei Unternehmen zusammenführt. Es setzt auf die Künstliche Intelligenz. Dabei werden die anfallenden Bilddaten sekundenschnell ausgewertet und auf kleinste Gewebeveränderungen hin untersucht. Normalerweise dauert dies ohne KI 20 min bis 30 min.
Zunächst wird das KI-basierte System trainiert
Ziel sind möglichst perfekte VGM-Karten. Dafür aber muss das KI-basierte System zunächst mit zeitlich aufeinanderfolgenden MRT-Bildern trainiert werden. Die Trainingsdatensätze enthalten Informationen realer MRT-Aufnahmen. So werden VGM-Karten von mehr als 200 MS-Patienten berechnet.
Das KI-System perfektioniert sich selbst, indem es zunächst selbst eine VGM-Karte entwirft und diese dann mit der bereits berechneten VGM-Karte vergleicht. Forschende überprüfen anschließend den Trainingserfolg. So entsteht ein KI-Algorithmus, der in eine benutzerfreundliche Software einfließen kann, die beispielsweise in Arztpraxen eingesetzt wird.
Flächendeckender Einsatz geplant
Das Ziel wäre ein flächendeckender Einsatz der VGM-Methode durch das KI-gestützte Analyseverfahren. Dann könnten auch niedergelassene Neurologen von der schnellen und ausgesprochen präzisen Diagnostik für ihre MS-Patienten profitieren. „Das webbasierte Verfahren kann millimeterkleine Veränderungen im Gehirn nachweisen, die selbst unserem geschulten Auge entgehen würden, und bereitet sie so auf, dass auch der Nichtspezialist sie deuten kann“, sagt Achim Gass, Inhaber der Professur für Neurologische Bildgebung an der Universitätsmedizin Mannheim (UMM).
Am Projekt beteiligt sind die Computerunterstützte Klinische Medizin und die Neurologische Bildgebung der Neurologischen Klinik der UMM sowie die Entwickler des VGM-Algorithmus Andreas Dabringhaus und Matthias Kraemer. Weitere Partner sind das Unternehmen Mediri GmbH, Heidelberg, das als Softwarefirma auf innovative Lösungen im Bereich der medizinischen Bildgebung spezialisiert ist, und die MedicalSyn GmbH, Stuttgart, als Entwickler von medizinischen Erfassungs- und Datenbanksystemen.
Das Projekt „Entwicklung und Integration einer neuen Magnetresonanz-Analysemethode zur Beurteilung der Erkrankungsaktivität bei Patienten mit Multipler Sklerose“ ist eines von neun Modellprojekten, die das Ministerium für Wirtschaft, Arbeiten und Wohnungsbau Baden-Württemberg im Rahmen des Wettbewerbs „KI für KMU“ mit insgesamt 2,5 Mio. € fördert.