Studie der Universität Wien 06. Jun 2024 Von Bettina Reckter Lesezeit: ca. 2 Minuten

Reifenabrieb landet im Salat

Von der Straße in den Körper: Ähnlich wie Autoabgase ist auch der Abrieb von Autoreifen gefährlich für unsere Gesundheit. Rückstände davon fanden Forschende der Uni Wien jetzt in Blattgemüse.

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In Blattgemüse fand ein internationales Forschungsteam jetzt Rückstände von Reifenabrieb.
Foto: PantherMedia / deyan_georgiev

Autoreifen bestehen vor allem aus Kautschuk, Füllstoffen wie Ruß und bis zu 15 % aus diversen chemischen Substanzen. Hierzu gehören die sogenannten Additive wie Antioxydantien, Antiozonierungs-, Vulkanisierungs- und Antialterungsmittel. Im richtigen Verhältnis sorgen diese Stoffe je nach Wetterlage für den richtigen Grip auf der Straße – also für unsere Sicherheit.

Aber mit jeder Umdrehung kommt es unweigerlich auch zu einem gewissen Abrieb, der unserer Gesundheit schaden kann. Denn von der Luft aufgewirbelt wird der Abrieb auf nahe Felder geweht. Oder er wird mit dem Regenwasser von der Straße gewaschen und landet im Klärschlamm der Wasserwerke. Diesen Klärschlamm bringen Landwirte dann als Dünger auf den Acker. Die Wahrscheinlichkeit ist also hoch, dass solche Partikel auch im Gemüse auftauchen und in unserem Körper landen.

Rückstände von solchen Autoreifen hat ein internationales Forschungsteam unter Leitung des Zentrums für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaft (CeMESS) der Universität Wien um Thilo Hofmann in Zusammenarbeit mit der Hebrew University of Jerusalem um Benny Chefetz nun erstmals in Blattgemüse nachgewiesen. Auch wenn die gefundenen Mengen relativ gering sind, bedenklich stimmt die Studie schon, die jetzt im Fachblatt Frontiers in Environmental Science erschienen ist.

Nicht nur Abgase sind gesundheitsschädlich, sondern auch der Reifenabrieb, der in die Nahrung gelangt. Foto: PantherMedia / Tatjana Balzer

Gesundheit könnte durch Reifenabrieb in Blattgemüse aus dem Supermarkt beeinflusst werden

„Die Toxizität von Reifen- und Straßenabriebpartikeln hängt mit ihren organischen Zusatzstoffen, den Additiven, und den damit verbundenen Umwandlungsprodukten zusammen“, erklärt Anya Sherman, Doktorandin am CeMESS und Erstautorin der aktuell veröffentlichten Studie. Diese Partikel gelangen dann also über die Luft oder den Regen auf die Felder. „Dort können sie von Pflanzen aufgenommen werden und so auch den Menschen erreichen“, ergänzt Hofmann. Das Team hatte mittels hochauflösender Massenspektrometrie die Proben auf insgesamt 16 reifenassoziierte Verbindungen analysiert. Anhand ihrer Messergebnisse rechnete das Team hoch, wie viel Schadstoffe mit der Nahrung aufgenommen werden. „Wir haben auf Basis dessen, was Menschen in der Schweiz und Israel essen, die Aufnahme pro Tag berechnet“, erzählt Sherman.

Reifenabrieb in Lebensmitteln ähnlich hoch wie Rückstände von Medikamenten

Die Konzentrationen der Reifenadditive im Blattgemüse sind insgesamt gering und liegen zum Beispiel bei 238 ng/kg für Benzothiazol (BTZ) oder 0,4 ng/kg für 6PPD, ein Stoff, dessen Abbauprodukt 6PPD-Quinone eine hohe Toxizität zeigt. Je nach Essgewohnheiten führt dies zu einer täglichen Aufnahme pro Person von 12 ng bis 1296 ng für BTZ oder 0,06 ng bis 2,6 ng für 6PPD. Diese Größenordnung ist vergleichbar mit Medikamentenrückständen, die ebenfalls auf Umwegen in die Nahrungskette gelangen. Thilo Hofmann ordnet die Ergebnisse ein: „Während die Konzentrationen und tägliche Aufnahme zum Glück relativ gering sind, findet man dennoch Stoffe aus Autoreifen in der Nahrung. Da gehören sie nicht hin.“ Nun sollen auch die gesundheitlichen Aspekte untersucht werden.

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