Gesundheitspolitik: Trotz Lauterbach-Vorstoß zur elektronischen Patientenakte bleiben zentrale Fragen ungeklärt
Die Bundesregierung arbeitet derzeit an zwei Gesetzesentwürfen, um die Nutzung von Patientendaten für die Forschung zu erleichtern. Zentrale Sicherungsmechanismen sind ungeklärt.
Medizinische Daten sollen für die Forschung künftig sehr viel umfänglicher und leichter verfügbar sein als heute. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) stellte am Donnerstag die Digitalisierungsstrategie vor.
Die Bundesregierung arbeitet derzeit an dem Entwurf für ein Datengesetz und Gesundheitsdatennutzungsgesetz. Mindestens 80 % der gesetzlich Versicherten sollen bis 2025 über eine elektronische Patientenakte (ePA) verfügen. In der ePA soll eine digitale Medikationsübersicht vollständig enthalten sein. Dann stehen die Daten der gesetzlich Krankenversicherten der Forschung zur Verfügung – außer die Patienten widersprechen ausdrücklich mit einem Opt-out. Bisher ist eine Einwilligung erforderlich. Lauterbach will das bis Ende 2024 regeln.
Gesetzlich Krankenversicherte in der Pflicht
Aktuell gibt es die elektronische Patientenakte nur für gesetzlich Krankenversicherte. Der Hauptgrund, weshalb in Deutschland die Gesundheitsdatenverarbeitung nur für gesetzliche Krankenkassen geregelt ist, liegt darin, dass der Bund nur über die Regelungen im Sozialgesetzbuch V über klare Gesetzgebungsbefugnisse verfügt. Pläne zur Einbeziehung der privat Krankenversicherten gibt es nicht. Entsprechend werden nur 88 % der Versicherten erfasst.
Sind die so eingesammelten Forschungsdaten trotzdem repräsentativ für die Bevölkerung? Laut dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) gibt es keine Untersuchungen darüber, ob das die Repräsentativität der Daten beeinträchtigt. Grundsätzlich würden sich aber privat Krankenversicherte in ihrer Gesamtheit potenziell demografisch, soziografisch, medizinisch und im Verhalten von gesetzlich Krankenversicherten unterscheiden.
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Der Datenschutzexperte Thilo Weichert hält die aktuelle Regelung, dass nur die Gesundheitsdaten der gesetzlich Versicherten beim Forschungsdatenzentrum FDZ Gesundheit zusammengeführt werden, für verfassungswidrig: „Das verstößt gegen das Gleichheitsgebot im Grundgesetz.“
Forschungsgeheimnis und technische Umsetzung sind ungeklärt
Die Datenvermittlung soll über das FDZ erfolgen. Mit dem Digitale-Versorgung-Gesetz hatte der ehemalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) das FDZ eingeführt, über das Forschende die Gesundheitsdaten für ihre Studien anfordern können.
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