Neue Blutgefäße entstehen 21. Jun 2024 Von Bettina Reckter Lesezeit: ca. 3 Minuten

Herzschwäche: Stoßwellentherapie regeneriert Gewebe im Herzmuskel

Bei chronischer Herzschwäche könnte eine Therapie mit Stoßwellen bei gleichzeitiger Bypass-OP das geschädigte Gewebe im Herzen regenerieren. Das Stoßwellengerät soll bereits Anfang 2025 auf den Markt kommen.

Johannes Holfeld (re.) hält das Stoßwellengerät während einer Bypassoperation in der Hand.
Foto: Univ.-Klinik f. Herzchirurgie/MUI

Wenn das Herz nicht mehr richtig pumpt, wird es gefährlich. Organe werden nicht genügend mit Blut und Sauerstoff versorgt, die Betroffenen werden immer schwächer. Doch für sie gibt es Hoffnung: Forschende an der Univ.-Klinik für Herzchirurgie der Medizinischen Universität Innsbruck haben jetzt eine Therapie entwickelt, bei der die nötige Bypassoperation kombiniert wird mit einer Stoßwellenbehandlung am offenen Herzen. Dies belebt die inaktiven Herzmuskelzellen, wodurch neue Blutgefäße entstehen, die die Pumpleistung des Herzens verbessern. Seine Ergebnisse hat das österreichische Team im Fachblatt European Heart Journal veröffentlicht.

„Erstmals ist es damit möglich, den Herzmuskel substanziell und anhaltend zu verbessern“, sagt Michael Grimm, Direktor der Universitätsklinik für Herzchirurgie in Innsbruck. Sein Team unter der Leitung von Johannes Holfeld konnte nicht nur den Therapieerfolg selbst in einer klinischen Studie nachweisen, sondern hat zudem auch das dafür benötigte Medizinprodukt bis zur Marktreife entwickelt.

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Johannes Holfeld ist Projektleiter an der Innsbrucker Universitätsklinik für Herzchirurgie. Foto: MUI/D. Bullock

Ruhendes Herzgewebe wird durch Stoßwellen wieder zum Pumpen angeregt

Worum geht es überhaupt? Von ischämischer Kardiomyopathie, der Herzmuskelschwäche, sind Schätzungen zufolge weltweit etwa 1,4 Mio. Menschen betroffen – Tendenz steigend. Sie leiden unter Kurzatmigkeit und einer insgesamt eingeschränkten körperlichen Leistungsfähigkeit, die zu einer verminderten Lebensqualität führt. Manche Menschen sind bereits von Geburt an erkrankt, andere wiederum nach einem erlittenen Herzinfarkt. Dabei gehen Herzmuskelzellen zugrunde und hinterlassen Narben im Gewebe. Diese Regionen können sich dann nicht mehr an der Pumpleistung des Herzens beteiligen. Auch die Herzmuskelzellen im Randbereich des geschädigten Gewebes werden beeinträchtigt. Sie fallen in eine Art Winterschlaf (engl. hibernating myocardium). Eine Bypassoperation, einer der häufigsten großen chirurgischen Eingriffe in der westlichen Welt, wird nötig. Allerdings wird dadurch lediglich die verbliebene Pumpleistung erhalten, nicht aber verbessert.

Bypass-OP am offenen Herzen: Die Stoßwellentherapie am Herzmuskel erfolgt gleichzeitig. Foto: Univ.-Klinik f. Herzchirurgie/MUI

Was also hat das Innsbrucker Team nun anders gemacht? Die Forschenden haben während der Bypass-OP diese „schlafenden“ Zellen mit einer Stoßwellentherapie wieder aufgeweckt und damit die Pumpleistung des Herzens nachhaltig erhöht. „Wir wissen, dass alle fünf Prozentpunkte der Verbesserung der Pumpleistung eine signifikante Reduktion der Spitalswiederaufnahmen und eine Verlängerung der Lebenserwartung bringen. Unsere Methode hat im Schnitt eine Verbesserung von fast zwölf Prozentpunkten gezeigt. Das ist spektakulär“, schildert Projektleiter Holfeld.

Stoßwellengerät kommt 2025 als Medizinprodukt auf den Markt

Die Behandlung mit Stoßwellen hat sich in einer klinischen Studie als so effektiv herausgestellt, dass sie wegen des großen Erfolgs in Übereinkommen mit der Ethikkommission vorzeitig beendet werden konnte. „Die Effekte waren noch deutlicher, als wir erwartet hatten. Und so konnten wir schon zu einem frühen Zeitpunkt die signifikante Verbesserung des Herzmuskels nachweisen“, sagt Holfeld. Auch die Langzeitergebnisse einer vorangehenden Studie bestätigen den Erfolg. „Wir sehen, dass der Effekt stabil bleibt. Das Herz erholt sich und bleibt dann fit“, sagt Klinikdirektor Grimm.

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Er freut sich über das Projekt als gelungenes Beispiel von translationaler Forschung: Von der ersten Idee über die Grundlagenforschung im Labor, die experimentelle Aufklärung des Wirkmechanismus und der Dosisfindung bis hin zur Anwendung an den Betroffenen wurden viele der Schritte in Innsbruck durchgeführt. Zur Entwicklung und Produktion des Geräts, eines Medizinprodukts der höchsten Sicherheitsklasse, wurde zudem das Spin-off-Unternehmen Heart Regeneration Technologies GmbH gegründet, das ebenfalls in Innsbruck angesiedelt ist. Holfeld erwartet, dass das Stoßwellengerät für die direkte Anwendung am Herzen Anfang 2025 auf den Markt kommen wird. Sein Team hofft, dass mindestens jeder dritte von Herzschwäche Betroffene von dieser Behandlung profitiert.

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