Kliniken: Gravierende Engpässe bei Hüftimplantaten und Herzklappen durch Medizinprodukte-Verordnung befürchtet
Kliniken fürchten Versorgungsengpässe bei Kathetern und Herzklappen. Der Grund: eine Überregulierung durch die EU-Medizinprodukte-Verordnung. VDE und IHK stufen deren Revision als praxisuntauglich ein. Zertifizierungsstellen sind hoffnungslos überfordert.
Wenn es um Gesundheitsfragen geht in der Europäischen Union, ziehen in Brüssel zwei Frauen an einem Strang: EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides. Als ersten Auftritt im Europäischen Parlament solidarisierten sich die beiden Politikerinnen noch vor ihrem offiziellen Amtsantritt im Dezember 2019 mit der Europäischen Brustkrebskoalition „Europa Donna“, die sich um hochwertige Vorsorgeuntersuchungen, Diagnosen, Behandlungen und Nachsorge für Betroffene in 47 Ländern kümmert. Kurz darauf initiierten die EU-Politikerinnen gemeinsam zudem den EU-Aktionsplan “Europe beats Cancer”.
Beiden zählen zu den unmittelbar Betroffenen. Die approbierte Ärztin von der Leyen verlor im Kindesalter einen krebskranken Bruder. Die griechisch-zypriotische ehemalige Gesundheitsministerin litt selbst an Brustkrebs.
EU-Abgeordnete kreiden Kommissionschefin verfehlte Gesundheitspolitik an
Nun aber weht ihnen der Wind ins Gesicht. 27 Abgeordnete der CDU/CSU-Fraktion sowie drei deutsche FDP-Abgeordnete im EU-Parlament schlugen mit einem Anfang Juli der Brüsseler Behörde übersandten Brief Alarm. Darin heißt es, die im Jahr 2020 beschlossene Verzögerung beim Inkrafttreten der EU-Medizinprodukte-Verordnung (Medical Devices Regulation, MDR) aus dem Jahre 2017 führe europaweit zu Engpässen in Kliniken und Krankenhäusern. Besonders betroffen sei die Versorgung mit lebensrettenden Medizinprodukten wie Ballonkathetern und Stents für Kinder sowie Herzklappen, Endoskopen und orthopädischen Hilfsmitteln.
Skandal um Brustimplantate rief 2017 europäische Gesetzgeber auf den Plan
Auslöser der Revision der Medizinprodukte-Verordnung im Jahr 2017 war der große Silikon-Skandal in Frankreich und Deutschland. Brustimplantate waren mit Industriesilikon gefüllt worden und hatten bei Tausenden von Patientinnen zu schweren Komplikationen und zusätzlichen Operationen geführt. Mit der neuen Verordnung sollten derartige Fälle vermieden und die Patientensicherheit verbessert werden. So sieht die MDR vor, dass nahezu alle medizinischen Produkte, die in der Gesundheitsversorgung in der EU Anwendung finden, umfassend auf ihre Qualität geprüft und neu zertifiziert werden.
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