Neues Verfahren zeigt Lockerung von Hüftgelenken im Mikrometerbereich
Wenn ein künstliches Hüftgelenk wackelt, wird das schmerzhaft und gefährlich für den Patienten. Ein neues Ultraschallverfahren findet Lücken schon im Frühstadium.
Jeder kennt jemanden, der eine künstliche Hüfte hat. Wenn Arthrose und Verschleiß zunehmen, muss ein Gelenkersatz her. Das Einsetzen eines künstlichen Hüftgelenks gehört denn auch mit zu den häufigsten Implantat-OPs in Deutschland. Laut Statista wurden 2021 hierzulande durchschnittlich etwa 300 Implantationen künstlicher Hüftgelenke je 100 000 Einwohner durchgeführt. Deutschland hat damit eine der höchsten Raten derartiger Eingriffe weltweit.
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Ultraschall statt Röntgenaufnahme macht den Spalt sichtbar
Doch was, wenn ein solches Implantat plötzlich “Spiel“ hat und nicht mehr richtig sitzt? Das kann nach einer bakteriellen Infektion geschehen oder auch aufgrund von hoher mechanischer Belastung. 2 mm sind zu viel, sagt Jan Lützelberger von der Hochschule Coburg. „Das ist wie ein dicker Pappkarton.“ Das Problem: Erst wenn der Spalt zwischen Hüftprothese und Knochen derart groß ist, kann man ihn sicher auf einem Röntgenbild erkennen. Deshalb kam das Team um Alexander Franck, Oberarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie des Regiomed-Klinikums Coburg, mit dem Institut für Sensor- und Aktortechnik (ISAT) an der Hochschule Coburg ins Gespräch.
Und so fand Jan Lützelberger zu seinem Thema für die Bachelorarbeit, in deren Rahmen er das neue Messverfahren entwickelte. „Mit unserem neuen, ultraschallbasierten Verfahren können wir im Mikrometerbereich messen. Eine Prothesenlockerung wird auf diese Weise schon erkannt, wenn der Spalt nur so dünn ist wie ein Blatt Papier“, sagt er. Das Messprinzip ist folgendes: Ein Schallwandler, so groß etwa wie ein Lippenstift, wird auf den Oberschenkel aufgesetzt. Er sendet und empfängt Schallwellen, die von Muskeln, Knochen und Metall jeweils verändert werden. Eine Software wertet die Änderungen aus, um punktgenaue Informationen über den Spalt zu erhalten – wie dick er ist und was sich darin befindet.
Förderung jetzt auch von der DATI-Agentur des Bundesforschungsministeriums
Die Ergebnisse seiner Bachelorarbeit hatte Lützelberger bereits im Fachmagazin „Journal Sensors“ veröffentlicht. Im März erhält er von der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) den Georg-Simon-Ohm-Preis. Und mehr noch: Die Deutsche Agentur für Transfer und Innovation (DATI) des Bundesforschungsministeriums (BMBF) hat ein neues Format, um Innovationen aus der Forschung schneller in die Praxis zu bringen, den DATIpilot, für den es deutschlandweit etwa 3000 Bewerbungen gab. Hier hat das ISAT der Hochschule Coburg mit seiner Idee gepunktet und erhält 150 000 € Förderung.
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