Digitalisierung im Gesundheitswesen 16. Mrz 2023 Von Christiane Schulzki-Haddouti Lesezeit: ca. 3 Minuten

Patientendaten: Forschung erleichtern, Privatsphäre schützen

Das Europäische Parlament will Patienten nun doch mehr Mitspracherechte geben, was mit ihren Gesundheitsdaten geschieht. Ob diese wirklich ausreichend geschützt werden, bleibt unklar.

Wartezimmeratmosphäre: Patientendaten sollen nach den Vorschlägen der Europäischen Union immer vollständig pseudonymisiert verarbeitet werden.
Foto: PantherMedia / dragana.stock@gmail.com

Bereits ab Ende 2024 soll die elektronische Patientenakte (ePA) mit Arztbriefen und Befunden in Deutschland für alle verbindlich sein. Das kündigte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) an. Die Forschung hofft auf einen baldigen Zugriff auf die Daten, die sie für die Entwicklung personalisierter Medikamente und Therapien benötigt. Das öffentliche Gesundheitswesen will die Versorgungsqualität anheben.

Die auf der ePA gespeicherten Daten sollen, geht es nach der EU-Kommission, europaweit über den Europäischen Gesundheitsdatenraum (EHDS) abrufbar sein. Dabei gehören personenbezogene Gesundheitsdaten zur Kategorie der höchst sensiblen persönlichen Informationen. Bislang ist unklar, wie die Daten gegen Missbrauch geschützt werden sollen. Aus Großbritannien wurde Anfang 2023 der Fall eines Krebspatienten bekannt, dessen digitale Patientenakte gestohlen wurde. Und bereits 2015 waren in den USA die Daten einer ganzen Krankenkasse gestohlen worden – betroffen waren fast 80 Mio. Patienten.

Kryptografie-Experte fordert IT-Sicherheit von Beginn der Umsetzung des EHDS an

In einer Anhörung im Bundestag vergangene Woche betonte der Kryptografie-Experte Dominique Schröder von der Universität Erlangen-Nürnberg, dass bei der Umsetzung des EHDS die IT-Sicherheit von Beginn an eingebunden werden müsse. Und die Datenschutzrechtsexpertin Fruzsina Molnar-Gabor von der Heidelberger Akademie der Wissenschaften erinnerte daran, dass zudem hohe datenschutzrechtliche Anforderungen erfüllt werden müssten. 

Das Europäische Parlament stellte vergangene Woche seinen Entwurf zum EHDS vor. Darin bringt es die Perspektiven von Gesundheits- und Datenschutzexperten erstmals zusammen. Gegenüber dem Vorschlag der EU-Kommission enthält er 158 Änderungsvorschläge.

Weitergabe von Patientendaten zu Forschungszwecken ist umstritten

Grenzüberschreitende medizinische Behandlungen innerhalb der Europäischen Union sind der unstrittige Teil des Regulierungsvorhabens, erklärte Tomislav Sokol aus Kroatien. In einigen EU-Ländern sind grenzüberschreitende Gesundheitsdienste bereits möglich, nicht jedoch in Deutschland, weiß Marcel Weigand von der UPD Patientenberatung.

Lesetipp: Künstliche Patientendaten könnten die Forschung beschleunigen

Umstritten hingegen ist die Weitergabe der Patientendaten für Forschungszwecke bzw. für die sogenannte Sekundärnutzung. Während die EU-Kommission keine Widerspruchs- und Beteiligungsrechte vorsah, stärkt nun der EU-Parlamentsentwurf die Patientenrechte. Patienten sollen den Zugang zu allen oder zu Teilen ihrer personenbezogenen Daten für die Sekundärnutzung einschränken können.

Opt-Out-Mechanismus für die Datenverarbeitung ohne ausdrückliche Zustimmung soll leicht verständlich werden

Der hierzu geplante Opt-Out-Mechanismus soll „zugänglich und leicht verständlich“ sein. Diese Datenverarbeitung ohne ausdrückliche Zustimmung der Betroffenen, erklärte die Rechtskonservative Annalisa Tardino aus Italien, könne allerdings einen Präzedenzfall für kommende Rechtsakte darstellen – etwa für den von der EU-Kommission geplanten europäischen Mobilitätsdatenraum.

Auch die ePA soll mit Opt-Out funktionieren. Dass damit auf das Rechtsinstrument der informierten Einwilligung verzichtet wird, hält der Datenschutzexperte und Direktor des wissenschaftlichen Instituts für die Digitalisierung der Arbeitswelt in Berlin, Stefan Brink, aus Gründen der Praktikabilität für richtig. Gegenüber VDI nachrichten erklärte Brink, dass der Gesetzgeber aber „einen fairen Ausgleich der unterschiedlichen Nutzungsinteressen herstellen“ müsse.

Identität der Patienten darf nicht rekonstruiert werden können

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