Roboter machen feinste Eingriffe bei Tumoren in Gesicht und Hals sicherer
Die Mikrorobotik erobert die OP-Säle. Am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein werden Eingriffe im Bereich der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie dank eines minimalinvasiven Robotersystems jetzt schonender und sicherer.
Die Operation von Tumoren im Gesicht oder in der Mundhöhle bewegt sich normalerweise innerhalb winzigster Dimensionen, hier kommt es also auf höchste Präzision im Submillimeterbereich an. Dabei gehören solche Krebserkrankungen zu den weltweit sechs häufigsten Krebserkrankungen, zudem häufen sich schwere Verletzungen durch Unfall und Krieg. Entsprechend hoch sind die Anforderungen an die Chirurgen.
Ein mikrochirurgischer Gewebetransfer ist bei der Wiederherstellung des Gesichtes meist die beste, aber auch die komplizierteste Wahl. Deshalb lassen sich die Chirurginnen und Chirurgen zunehmend von mikrorobotischen Systemen unterstützen – auch um schlecht zugängliche Bereiche und winzige Gefäße zu erreichen. Die Technik hilft zudem bei der sogenannten Reanastomosierung – also bei der Wiederherstellung zum Beispiel feinster Blutgefäße nach operativer Durchtrennung. Denkbar ist diese robotische Unterstützung nach Auffassung von Experten der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie e. V. (DGMKG) sogar bei Operationen an den kleinsten Patientinnen und Patienten, nämlich bei Kindern mit angeborenen Fehlbildungen im Gesicht.
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Mikroroboter filtert das natürliche Zittern der menschlichen Hand heraus
Erste Erfahrungen mit einem solchen Mikroroboter sammeln konnte bereits Jörg Wiltfang, Direktor der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel. Er ist der erste, der das minimalinvasive Robotersystem „Symani“ in einer deutschen Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (MKG) eingeführt hat: „Mit der modernen Technik kommen wir sowohl bei Tumoroperationen als auch bei der Behandlung von Gesichtsverletzungen, beispielsweise nach Kriegseinsätzen, in Bereiche, die vorher kaum möglich waren.“
Sein Leitender Oberarzt Henning Wieker ergänzt: „Jeder noch so geschulte Chirurg hat natürlicherweise einen Tremor – dank der modernen mikrorobotischen Technik kann dieses ‚natürliche Ruhezittern‘ vollständig herausgefiltert werden.“
System „Symani“ auch für die OP von Lippen-Kiefer-Gaumenspalten geeignet
Bisher wurde das gut 1 Mio. € teure Gerät in der Kieler Klinik bei 16 Patientinnen und Patienten angewendet – durchweg erfolgreich, wie die Ärzte sagen. Nach Einschätzung von DGMKG-Experten wäre der Einsatz von Symani auch bei der Behandlung von Fehlbildungen im Gesicht möglich. „Gut anwendbar wäre das mikrorobotische System sicher sogar auch bei zarten Säuglingen, die aufgrund einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte operiert werden müssen“, meint Wieker.
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