Saharastaub: Welche Gesundheitsgefahren bergen Sandstürme und aufgewirbelte Mikroben?
In Deutschland sind sie noch eher selten, weltweit aber nehmen Staubstürme zu. Ein Forschungsteam mit deutscher Beteiligung nimmt deren gesundheitlichen Auswirkungen unter die Lupe.
Weltweit sind Millionen von Menschen Staubstürmen ausgesetzt. Mineralstäube und Mikroben können in die Lunge gelangen und Atemwegserkrankungen verursachen. Noch aber weiß man wenig über die Zusammenhänge zwischen den chemischen und physikalischen Eigenschaften von Staub und Kleinstlebewesen. Im Rahmen des Leibniz-Projekts DUSTRISK, in dem vier Leibniz-Institute aus Deutschland, die Universität der Inselrepublik Cabo Verde und weitere Partner ihre Expertise bündeln, sollen jetzt Wissenslücken geschlossen werden.
Betroffen von Verschmutzungen durch Mineralstaub sind vor allem Menschen im sogenannten „Staubgürtel“, der sich von Afrika über den Nahen Osten bis nach Asien erstreckt, sowie in Australien, den USA und Europa. Und es werden sicher noch mehr, denn Trockengebiete und Wüsten sind aufgrund des Klimawandels auf dem Vormarsch.
Etwa 330 000 Todesfälle pro Jahr weltweit durch Mineralstaub
Der aus schwebenden Bodenpartikeln bestehende Staub transportiert Mikroben, die die Ausbreitung von Krankheiten fördern können. Gesundheitsprobleme und eine erhöhte Sterblichkeitsrate werden damit in Verbindung gebracht. Internationale Studien gehen von etwa 330 000 Todesfällen pro Jahr als Folge von Mineralstaub aus – Tendenz steigend.
Noch ist aber nicht klar, wie die Zusammenhänge zwischen Mineralstaub und seinen gesundheitlichen Auswirkungen sind. Um die Gesundheitsrisiken von Atemwegserkrankungen wie Asthma, Rhinitis oder Lungenentzündung zu reduzieren, braucht es Daten. „Seit 2007 untersuchen wir den Saharastaub auf Cabo Verde im tropischen Atlantik. Diese Langzeitdaten könnten helfen, die Zusammenhänge aufzuklären“, erklärt Projektleiter Khanneh Wadinga Fomba vom Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (Tropos).
„Ein weiteres Problem ist, dass die Vorschriften zur Luftqualität in vielen Ländern auf der Partikelmasse beruhen, aber die Zusammensetzung des Staubs und die damit verbundenen Auswirkungen nicht berücksichtigen“, ergänzt Hartmut Herrmann, Leiter der Atmosphärenchemie am Tropos. Ziel des Projekts Dustrisk („A risk index for health effects of mineral dust and associated Microbes“) ist es nun, atmosphärische, klinische, epidemiologische, toxikologische und mikrobiologische Studien zu kombinieren und auch die Zusammensetzung der Stäube einzubeziehen.
Mikroben über weite Strecken mit dem Staub transportiert
Möglicherweise sind die im Staub enthaltenen Mikroben mit Schuld an den gesundheitlichen Auswirkungen. Klar ist bereits: „Nur wenn Mikroben mit dem Staub wechselwirken, können sie mit ihm über weite Strecken transportiert werden“, sagt Thomas Gutsmann vom Forschungszentrum Borstel. Dort untersuchen Physiker die Art und Stärke der Bindungen zwischen Staub und Mikroben.
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Wie toxisch die Partikel sind, steht im Mittelpunkt der Arbeiten des IUF – Leibniz-Institut für umweltmedizinische Forschung: „Dazu untersuchen wir, inwiefern die vielfältigen auf Cabo Verde gesammelten Staubproben Entzündungsprozesse auslösen, die mit Lungenerkrankungen verbunden sind“, sagt Roel Schins vom IUF. Mit fortschrittlichen Zellkulturmodellen der menschlichen Lunge sollen mikrobielle und chemische Komponenten der Staubproben identifiziert werden, die besonders zur Toxizität beitragen.
Gesundheitliche Auswirkungen der Staubbelastung
Resultat der Forschungen soll ein Staub-Gesundheitsrisiko-Index sein. Damit könnte die Öffentlichkeit darüber aufgeklärt werden, wie sie sich vor den kurzfristigen gesundheitlichen Auswirkungen der Staubbelastung schützen kann. Der Index soll vom Nationalen Institut für Meteorologie und Geophysik der Cabo Verde (INMG) eingesetzt werden. Er könnte Teil der täglichen Wettervorhersage werden, insbesondere während der Staubperiode.
Die Behörden erhoffen sich davon ein stärkeres Bewusstsein für die Risiken aus Luftverschmutzung und Staubstürmen. Wie wichtig diese Pionierarbeit ist, haben auch jüngste Staubereignisse gezeigt, als im März 2022 Saharastaub weite Teile Südwest-Europas rot färbte und bis in Deutschland zu sehen war.