Seltene Erden landen im Trinkwasser: Corona lieferte den Beweis
Das zu den Seltenen Erden zählende Gadolinium gelangte aus dem Abwasser wieder ins Berliner Trinkwasser. Das haben Forschende der Constructor University in Bremen jetzt ermittelt.
Wer an einem inneren Organ schwer erkrankt ist, muss schon mal ins MRT. Für diese Aufnahmen mit einem Magnet-Resonanz-Tomografen wird dann ein Kontrastmittel verabreicht, um die Struktur der Organe und mögliche Veränderungen im Körper sichtbar zu machen.
Dieses Kontrastmittel enthält in der Regel Gadolinium, ein Metall aus der Gruppe der Seltenen Erden. Wie dieses Element in unser Trinkwasser gelangt, konnte jetzt ein Forschungsteam der Constructor University in Bremen nachweisen.
Michael Bau ist dort international anerkannter Experte auf dem Gebiet der Biogeochemie der Seltenen Erden. Sein Team hatte mit einem speziell angepassten Analyseverfahren die Konzentrationen von Seltenen Erden im Berliner Leitungswasser untersucht. Auffällig hoch waren dabei die Konzentrationen an Gadolinium, das vom Körper auf natürliche Weise wieder ausgeschieden wird, wenn es zuvor als Kontrastmittel gespritzt wurde. So landet es also im Abwasser, normalerweise aber eigentlich nicht im Trinkwasser.
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Der Wasserkreislauf spült Schadstoffe vom Abwasser wieder ins Trinkwasser
Allerdings können Kläranlagen den Stoff nicht aus dem Abwasser entfernen, weshalb er in Flüssen und Seen landet und von dort auch wieder ins Grundwasser und damit ins Trinkwasser gelangen kann. So muss es wohl in Berlin geschehen sein, wo Gadolinium im Leitungswasser nachweisbar ist. Zwar seien die derzeit beobachteten Gadolinium-Konzentrationen für den Menschen nicht gefährlich, sagen die Forscher. Doch könnten die Funde auf das mögliche Vorhandensein von anderen, deutlich giftigeren Stoffen aus dem Abwasser im Trinkwasser hindeuten.
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Konkret zeigte die Studie, dass der Gehalt an Gadolinium im Berliner Leitungswasser zwischen 2009 und 2021 im Durchschnitt um das 30-Fache angestiegen ist. Wie das Forschungsteam berichtet, stamme in vielen Berliner Bezirken mittlerweile nahezu alles Gadolinium im Leitungswasser aus MRT-Kontrastmitteln. Warum das so ist, erklären die Forschenden anhand der Corona-Pandemie.
Weniger MRT-Untersuchungen in Corona-Zeiten, weniger Gadolinium im Wasser
Nach einem sehr starken und kontinuierlichen Anstieg der Werte bis zum Jahr 2021 zeigte sich nach Ausbruch der Corona-Krise schnell eine „Delle“ bei den Konzentrationen – aufgrund von einer geringeren Anzahl von MRT-Untersuchungen während der Covid-19-Pandemie.
Bau hält aufgrund der eigenen Ergebnisse Gadolinium für einen sehr empfindlichen und robusten Indikator für das Vorhandensein von Abwasserstoffen im Trinkwasser. In Großstädten wie Berlin, in denen der Klimawandel zu einem Rückgang der Grundwasserressourcen führt, würden solche Fremdstoffe zunehmend zu einer Herausforderung für eine sichere Trinkwasserversorgung.