Medizintechnik 26. Jul 2024 Von Bettina Reckter Lesezeit: ca. 4 Minuten

Was eine Stoßwellentherapie bei Fersensporn, Kalkschulter und Tennisarm bringt

Wenn Schulter, Arm oder Ferse plötzlich schmerzen, steht vielen Betroffenen eine lange Leidenszeit bevor. Gelten sie als klassisch austherapiert, könnte eine Behandlung mit Stoßwellen helfen.

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Bei Kalkschulter kann eine Stoßwellentherapie helfen. Sie arbeitet mit Ultraschall und ist nicht invasiv.
Foto: PantherMedia / Romaset

Eine einfache Bewegung wie Haare kämmen oder Zähne putzen – und plötzlich ist der Schmerz da. Und geht auch nicht mehr von allein weg, obwohl der Auslöser vielleicht gar nicht einmal heftig war. Das kann daran liegen, dass sich schon lange Zeit vorher unbemerkt Kalk in einer Sehne im Schultergelenk abgelagert hat. Selbst nachts finden Betroffene mit einer sogenannten Kalkschulter keine Ruhe mehr.

Anders beim Fersensporn: Eine unnatürliche Streckung des Fußes ist oft Schuld daran, dass sich eine oder mehrere Sehnen entzünden. Dann schmerzt jeder Schritt. Eine solche Sehnenreizung oder -entzündung ist auch beim sogenannten Tennisellbogen der Grund für heftige Qual. Hervorgerufen durch Fehlhaltung oder Überlastung der Strecksehnen des Unterarms und der Finger.

Stoßwellentherapie als Alternative zu Schmerzmitteln, Spritzen oder OP

Ob Fersensporn, Kalkschulter oder Tennisarm: Oft vergehen Wochen bis Monate, bevor Betroffene eine Praxis aufsuchen. Doch was hilft bei diesen Beschwerden? In der Orthopädiepraxis werden meist erst mal Schmerzmittel oder entzündungshemmende Medikamente verschrieben oder Cortisonspritzen gegeben. Bessern sich die Beschwerden nicht, steht manuelle Therapie oder Physiotherapie an.

Dauert der Schmerz weiter an, droht vielen Betroffenen eine Operation. Doch bevor es so weit kommt, gibt noch eine Alternative: die extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWT), eine Form der Ultraschallbehandlung. Wie sie wirkt und was sie bringt, ordnen Fachleute der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin e. V. (Degum) für uns ein.

Wie funktioniert so eine Stoßwellentherapie?

Die extrakorporale Stoßwellentherapie ist nicht invasiv, sie arbeitet mit Ultraschall. Außerhalb des Körpers werden mithilfe der sogenannten Piezoelektrik Druckimpulse erzeugt und über den Schallkopf auf die betroffene Körperregion übertragen. „Man unterscheidet dabei die fokussierte Stoßwellentherapie, bei der die Stoßwellen gebündelt werden und daher mit einer höheren Energie in den Körper gelangen, von der radialen Stoßwellentherapie, die mit geringeren Impulsintensitäten arbeitet“, erläutert Peter Keysser, Chefarzt an der Klinik Oberammergau, Waldburg-Zeil Kliniken. Der Orthopäde ist zudem Kursleiter bei der Degum.

Den Unterschied zwischen beiden Methoden macht dabei die Ausbreitung der Druckwelle im Gewebe. Bei der radialen Stoßwellentherapie erfolgt dies gleichmäßig und radial um die Anwendungsstelle herum, bei der fokussierten Stoßwellentherapie wird die Energie hingegen auf einen bestimmten Punkt ausgerichtet.

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Bei der Behandlung einer Kalkschulter beispielsweise werden die Kalkablagerungen in der Schultersehne zunächst per Bildgebung lokalisiert. Diese werden aber nicht durch die Stoßwellen zertrümmert und dann abtransportiert. Vielmehr regt die ESWT die Durchblutung des Gewebes an. Dies soll einen schmerzlindernden und entzündungshemmenden Effekt haben. Die Mediziner gehen zudem davon aus, dass die Schallwellen die Freisetzung von Wachstumsfaktoren initiieren und so die Selbstheilung anregen.

Wie schnell wirkt eine extrakorporale Stoßwellentherapie?

Hier ist ein wenig Geduld gefragt, denn bei einer Kalkschulter dauert es meist ein paar Wochen, bevor die Schmerzen abklingen. Orthopäde Keysser zeigt sich dennoch zuversichtlich: „Bei der fokussierten Stoßwellentherapie reichen in der Regel ein bis drei Sitzungen aus, um eine deutliche Linderung zu erreichen.“ Anders bei der radialen Stoßwellentherapie: Aufgrund der geringeren Intensität seien hier unter Umständen einige Anwendungen mehr notwendig.

Tennisarm: Die Schmerzen der Entzündung, hervorgerufen durch Fehlhaltung oder Überlastung der Strecksehnen des Unterarms und der Finger, kann eine Stoßwellentherapie lindern. Foto: PantherMedia / Romaset

Welche Vorteile hat eine ESWT?

Für den erfahrenen Orthopäden liegen die Vorteile einer Stoßwellentherapie auf der Hand: Sie lindere die Beschwerden, trage zur Mobilisation des Gelenks bei und sei nebenwirkungsarm, so Keysser. Vor allem aber ist sie nicht invasiv – im Gegensatz zur operativen Entfernung der Kalkablagerungen, die für Kassenpatienten derzeit die einzige Option ist, wenn Medikamente und Physiotherapie versagen.

Wem hilft eine Stoßwellentherapie?

Meist sind es Menschen zwischen 35 und 50 Jahren, die sich mit einer Kalkschulter herumschlagen, rund zwei Drittel davon sind Frauen. Weil die Ablagerungen in der Schultersehne anfangs recht klein sind, wird die Erkrankung oft erst recht spät diagnostiziert. „Wir können die Verdachtsdiagnose, die wir aufgrund des Beschwerdebildes und der Bewegungseinschränkung gewonnen haben, mithilfe des Ultraschallverfahrens und einer Röntgenuntersuchung bestätigen“, erklärt Rainer Berthold, einer der stellvertretenden Degum-Sektionsleiter Chirurgie. „Diese Kombination ist im Vergleich zur Kernspintomografie von hoher Treffsicherheit und sie ist schnell und kostengünstig durchführbar.“

Die Wirkung der Stoßwellentherapie lässt sich exakt auf die gewünschte Zone ausrichten. Dabei wird das übrige Gewebe um die Kalkansammlung herum – also Haut, Muskulatur und Bindegewebe – geschont. „Oft wird angenommen, die Stoßwellen würden das Kalkdepot zerstören. Dies ist aber nicht richtig – vielmehr bewirkt der Druckimpuls die Induktion zellulärer Reaktionen“, erklärt Berthold. „Die vermehrte Durchblutung mit Gefäßneubildungen im betroffenen Areal führt danach zur Auflösung der Kalkdepots.“

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Wo kann ich eine extrakorporale Stoßwellentherapie machen lassen?

Die Behandlung mittels fokussierter oder radialer ESWT kann von Orthopäden, Unfallchirurgen sowie von Fachärzten für Physikalische und Rehabilitative Medizin durchgeführt werden.

Was kostet eine Stoßwellentherapie?

Dies vorweg: Die Kosten für eine Anwendung müssen gesetzlich Versicherte selbst zahlen, denn die ESWT gehört zu den individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL). Ausnahme: Fersenschmerzen. Hier übernehmen viele Krankenkassen die Behandlungskosten.

In der Regel kostet eine Sitzung als fokussierte ESWT zwischen 86 € und 198 € bzw. als radiale ESWT zwischen 15 € und 34 €. „Ein bis drei Behandlungen, die jeweils etwa 10 min dauern, reichen bei der fokussierten Stoßwelle meistens aus“, versichert Berthold.

Bei Fersenschmerz werden die Kosten einer Stoßwellentherapie beim Orthopäden auch von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Foto: PantherMedia / evasilchenko

Wie bewertet der IGeL-Monitor die Stoßwellentherapie?

Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) heißen im Sprachgebrauch „Selbstzahlerleistungen“, weil sie trotz gesetzlicher Krankenversicherung in der Praxis selbst bezahlt werden müssen. Um den Wert solcher Leistungen einschätzen zu können, wurde der IGeL-Monitor ins Leben gerufen. Regelmäßig veröffentlicht der Medizinische Dienst Bund (MDV) in Essen Bewertungen von solchen Leistungen.

Die Stoßwellentherapie bei Kalkschulter zum Beispiel bewertet das Portal mit „unklar“, räumt aber ein, dass sie Studien zufolge nach vergeblicher konventioneller Behandlung „die Lebensqualität der Patienten deutlich verbessern“ könne. Es würden vor allem die Schmerzen gelindert und die Beweglichkeit des Armes verbessert. Allerdings gebe es keine aus medizinischer Sicht qualitativ hochwertigen Studien. Der IGeL-Monitor könne deshalb den Nutzen dieser Therapie nicht bestätigen. Das Problem dabei: Solche Studien durchzuführen ist immer aufwendig und teuer. Nicht für jede Behandlung liegen deshalb genügend Daten vor, um eine positive Bewertung zu bekommen – und seien die Effekte noch so lindernd für die Betroffenen.

Bei Fersenschmerz Fasciitis plantaris hingegen ist die Studienlage zur Wirksamkeit der Stoßwellentherapie belegt, hier übernehmen viele gesetzliche Krankenkassen die Kosten. Nach Ansicht der Mediziner der Degum ist der positive Effekt der ESWT hingegen auch bei zahlreichen anderen Schmerzzuständen in einer Vielzahl von Studien nachgewiesen. Die Gesellschaft fordert daher, diese Behandlungsmethode in den Leistungskatalog der Kassenleistungen aufzunehmen.

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