Die Flut an Desinformation mit Open Source Intelligence bekämpfen
Mit sogenannter Open Source Intelligence (OSINT) nutzen Profis und Laien das Internet für den Kampf gegen Falschbehauptungen. Durch den Ukrainekrieg ist der Bedarf enorm gestiegen.
Tieflader fahren auf einer Autobahn mit Panzern auf der Ladefläche. „Das wird alles quer durch Österreich geschippert für die verdammte Ukraine“, schimpft ein Mann, der von seinem Auto aus den Konvoi filmt. Er beendet sein zweiminütiges Video mit einer Schimpftirade gegen die Nato und sendet es an einen Kanal im Messengerdienst Telegram. Von dort verbreitet es sich Zehntausende Male in sozialen Medien.
So landet es bei Alice Echtermann auf dem Computer. Für die Journalistin des Recherchenetzwerkes Correctiv aus Essen beginnt jetzt die Arbeit. Sie macht einen Faktencheck zu dem Video. Der fängt ganz banal an: Stammt das Video überhaupt aus Österreich? Straßenschilder mit Abfahrten nach Linz-Zentrum bestätigen das. Woher stammen die Panzer? Die Tieflader besitzen Schilder mit der Aufschrift „Convoi Exceptionnel“. Das ist eine Kennzeichnung, die Militärtransporte nach französischem Recht tragen müssen. Also sind es wohl französische Fahrzeuge. Eine weitere Recherche in österreichischen Medien und eine Anfrage beim Bundesheer bestätigen den Verdacht. Hier werden tatsächlich Panzer „quer durch Österreich geschippert“. Ihr Ziel ist allerdings nicht die Ukraine, sondern eine Nato-Übung in Ungarn.
Spezielle Open-Source-Intelligence-Tools gleichen das Wetter aus Fotos mit meteorologischen Daten ab
Ein solcher Faktencheck gehört zu den einfacheren Übungen für Echtermann. Sie ist seit drei Jahren bei Correctiv und hat sich im Bereich OSINT fortgebildet. Das steht für „Open Source Intelligence“. „Es geht dabei um Recherche anhand von öffentlich verfügbaren Informationen“, erklärt Echtermann. Meistens prüft sie die Echtheit von Bildern und Videos. Eine österreichische Autobahn anhand von Straßenschildern zu identifizieren, ist einfach. Schwieriger wird es, wenn solche offensichtlichen Markierungen fehlen. Dann muss Echtermann versuchen, Uniformen zuzuordnen oder mit Google Maps und Google Earth den Standpunkt eines Fotografen oder Kameramanns zu bestimmen. Spezielle Tools können sogar das Wetter auf Fotos und in Videos mit echten meteorologischen Daten abgleichen.
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