Digitaler Kinosaal soll Kinoprogramm wieder bunter machen
Während Video-Streaming-Dienste aus deutschen Wohnzimmern nicht mehr wegzudenken sind, taten sich lokale Kinos schwer mit dem Fokus aufs Digitale. Aktuelle Filme konnte man lange nur auf der Kinoleinwand sehen. Mittlerweile können auch kleine Kinos mit einem zusätzlichen, virtuellen Kinosaal den Fans entgegenkommen.
Wer heute ins Kino will, für den ist es deutlich bequemer geworden: Mussten Kinofans früher für die Samstagabendvorstellung lange anstehen, können die Onlinetickets vom Sofa aus schon am Mittwoch gekauft werden. Wo gerade in kleineren Kinos oft nur Bargeld akzeptiert wird, akzeptieren Anbieter wie Kinoheld auch Sofortüberweisung, Paypal oder Kreditkarte.
Doch am Besuch des Kinosaals führte bis jetzt kaum ein Weg vorbei, wenn Fans einen Film nach Erscheinen schauen wollten. Das ändert sich nun durch die Firma Technischer Filmdienst (TFD).
Virtueller Kinosaal ist kein Video-on-Demand
Die Stuttgarter bieten Kinobetreibern an, auf deren eigener Webseite einen virtuellen Kinosaal namens „Cinemapro“ zu betreiben. Vom Prinzip her funktioniert er wie ein normaler Kinosaal mit Vorführzeiten und einem festgelegten Programm, nur dass man eben vom Sofa aus zuschauen kann. „Generell ist es möglich, jeden Film mit Cinemapro einzubinden“, schreibt TFD auf seiner Webseite. Es seien für die Betreiber keine besonderen Rechte für Video-on-Demand (VoD) nötig, da im virtuellen Saal abgespielte Filme als „Kinoabspiel“ gelte. Unter VoD subsumieren sich alle Dienste, die Videoinhalte zu jedem Zeitpunkt für Nutzer anbieten, etwa die Streamingdienste, Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender sowie Plattformen wie Youtube.
Die Geschichte hinter der Doku: Polaroid-Fabrik retten
So gibt es bereits mit der Plattform „Kino-on-Demand.com“ eine Möglichkeit, Kinofilme online zu schauen – allerdings erst dann, wenn sie nicht mehr im Kino vor Ort zu sehen sind. Wem es also egal ist, ein gesellschaftliches Gesprächsthema zu verpassen und einen Film erst zu sehen, wenn ihn bereits viele gesehen haben, hat bei dieser Plattform mehr Flexibilität und kann die Abspielzeit selbst bestimmen. Einen Film direkt nach Veröffentlichung zu schauen, soll hingegen mit Cinemapro möglich sein.
Filmklassiker: Soylent Grün ist Menschenfleisch
Auch kleinere Filme sollen durch den virtuellen Kinosaal eine Chance bekommen gesehen zu werden
Um sich nicht selbst die Butter vom Brot zu nehmen, kann jeweils nur ein Kinosaal pro Theater eingerichtet werden. Auch die Zuschauerzahl ist wie bei einem physischen Saal begrenzt und zwar auf 100 Personen. Das heißt, auch virtuelle Vorführungen können ausverkauft sein.
Günter Moritz, der Geschäftsführer des TFD, erhofft sich von der neuen technischen Möglichkeit auch einen positiven Einfluss auf die Programmvielfalt: „Natürlich erwarten wir auch, dass wieder kleinere Filme, z. B. Dokus, eine Chance bekommen gesehen zu werden. In den letzten Wochen haben wir auch auf der Berlinale intensive Gespräche mit Kinobetreibern und Verleihern geführt und bekamen begeisterte Zustimmung“, sagt er.
Polaroidkamera feiert 75. Geburtstag
Virtueller Saal muss Zuschauer noch überzeugen
Ob die Kinobesucher ebenfalls so begeistert sind, muss sich aber erst noch zeigen. Denn wer ins Kino geht, genießt nicht nur neueste Filme, sondern auch eine Profi-Bild- und -Tontechnik in einem Raum ohne Außeneinflüsse, warmes Popcorn und bequeme Sitze. Diese sollen durch den virtuellen Kinosaal allerdings auch nicht ersetzt werden. Er ergänzt nur die vorhandenen Kinosäle im jeweiligen Filmtheater vor Ort – und das laut TFD ohne Mehrkosten für die Betreiber. Es scheint also, als wäre der Kinobesuch endlich auch im digitalen Zeitalter angekommen.