Identitätsdiebstahl in Deutschland eine wachsende Bedrohung
Mehr als jeder Zehnte ist bereits Opfer eines Identitätsdiebstahls geworden. Oft landen die Daten danach in Internet-Datenbanken und werden für weitere illegale Handlungen genutzt.
Das Internet bietet unzählige Möglichkeiten für Kommunikation, Lernen und Unterhaltung, es birgt aber auch Risiken, von denen eines besonders beunruhigend ist: Identitätsdiebstahl. Täglich werden persönliche Daten von ahnungslosen Internetnutzern erbeutet, oft ohne deren Wissen, bis der Schaden bereits angerichtet ist. In Deutschland nimmt dieses Phänomen alarmierende Ausmaße an: Mehr als jeder zehnte Erwachsene ist bereits Opfer dieses digitalen Verbrechens geworden. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Initiative Sicher Handeln (ISH) hervor.
Wie funktioniert Identitätsdiebstahl?
Identitätsdiebstahl im Internet ist eine komplexe und vielschichtige Form des Betrugs, der darauf abzielt, die persönlichen Daten einer Person ohne deren Zustimmung zu erlangen und für illegale Zwecke zu missbrauchen. Betrüger nutzen eine Vielzahl von Methoden, um an die wertvollen Informationen zu gelangen, von Phishingmails und gefälschten Webseiten bis hin zu ausgeklügelten Hackerangriffen. Sind die persönlichen Daten erst einmal erbeutet, eröffnet sich den Kriminellen ein weites Feld möglicher Betrugsaktivitäten.
Auch interessant: KI bringt neue Dimension für Cyberabwehr und Cyberkriminalität
Ein besonders perfides Beispiel für Identitätsdiebstahl ist der Missbrauch von Daten zur Einrichtung von Benutzerkonten bei Onlinediensten. Dabei geben sich Betrüger mit gestohlenen Namen, Geburtsdaten, Adressen sowie Kreditkarten- oder Kontonummern als eine andere Person aus. Mit diesen Informationen erschleichen sie sich das Vertrauen von Dienstleistern und tätigen Einkäufe oder schließen Verträge auf fremde Kosten ab. Die Opfer merken oft erst zu spät, dass ihre Identität missbraucht wurde – meist dann, wenn unerwartete Überweisungen von ihrem Konto abgebucht werden oder Rechnungen für Leistungen und Produkte eingehen, die sie nie in Anspruch genommen haben.
Aktuelle Zahlen aus Deutschland
Das Meinungsforschungsinstitut YouGov hat am Mittwoch in Berlin aktuelle Zahlen zum Identitätsdiebstahl im Internet vorgestellt. Die repräsentative Umfrage zeigt, dass in Deutschland 11 % der Erwachsenen bereits Opfer von Datendieben geworden sind, die ihre Identität gestohlen haben. Und fast jeder fünfte Befragte (19 %) kennt jemanden, dessen Daten bereits geklaut wurde.
5 % der Befragten wurden selbst Opfer und kennen zusätzlich jemanden, der ebenfalls bestohlen wurde. Insgesamt wurden bei der Online-Umfrage Anfang März 2058 Personen befragt. Laut Meinungsforschungsinstitut wurden die Ergebnisse gewichtet und sind repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahre.
Aktuelle Masche: der Wohnungsmarkt
Wir haben bereits einige Maschen der Cyberkriminellen erwähnt, eine andere Vorgehensweise, die in letzter Zeit vermehrt beobachtet wird, nutzt die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt aus. Wohnungssuchende werden mit gefälschten Inseraten geködert und zu einem Post-Ident-Verfahren verleitet, das angeblich Teil des Bewerbungsprozesses für eine Wohnungsbesichtigung ist.
Diese Verfahren erfordern detaillierte persönliche Angaben, mit denen die Betrüger dann Bankkonten auf den Namen der Opfer eröffnen. Diese Konten werden dann für kriminelle Zwecke wie Geldwäsche genutzt. Oft wird den Opfern erst bewusst, dass ihre Daten missbraucht wurden, wenn es zu rechtlichen Problemen oder unerwarteten Forderungen kommt.
Die Jungen sind sorgloser als die Alten
„Obwohl die Gefahr steigt, nehmen viele das Thema offensichtlich noch immer auf die leichte Schulter“, erklärte eine Vertreterin der Initiative Sicher Handeln. Sie wies darauf hin, dass vor allem junge Menschen eine gewisse Nachlässigkeit an den Tag legen. Den Umfrageergebnissen zufolge verwendet ein Drittel der 18- bis 24-Jährigen dasselbe Passwort für mehrere Onlinekonten, während dies im Durchschnitt aller Befragten nur rund 20 % tun. Darüber hinaus gaben 16 % der jungen Erwachsenen zu, dass sie schon einmal eine Kopie ihres Personalausweises online mit jemandem geteilt haben, den sie nicht persönlich kennen – ein Verhalten, das nur bei 11 % aller Befragten beobachtet wurde.
Auch interessant: Internet: Drei Viertel der Nutzer sind von Cyberkriminalität betroffen
Ältere Befragte sind im Vergleich vorsichtiger: 70 % der über 55-Jährigen überprüfen regelmäßig ihre Kontoauszüge, bei den 18- bis 24-Jährigen sind es nur 39 %.
Die Initiative Sicher Handeln ist eine Kooperation der Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes (ProPK), der Stiftung Deutsches Forum für Kriminalprävention (DFK), Deutschland sicher im Netz e. V. (DsiN), RISK IDENT und der Plattform Kleinanzeigen. Sie wurde 2023 ins Leben gerufen, um auf diese Probleme zu reagieren. (dpa/hoc)