KI im Alltag: Wer sie einmal nutzt, will immer mehr
Die sprachlich geschliffenen Antworten von KI-Chatbots wie ChatGPT bedienen unseren Hang zur Bequemlichkeit. Das kann gefährlich werden für die Gesellschaft, so eine Studie der Deutschen Telekom.
Die Deutsche Telekom hat heute nach eigenen Angaben die erste große empirische Studie in Deutschland über die Auswirkungen von KI-Chatbots auf die Gesellschaft vorgestellt. Explizit gehe es hier nicht um die Arbeitswelt, über die es bereits eine Reihe von Studien gebe, wie eine Sprecherin in der Unternehmenszentrale erklärte, sondern die breite gesellschaftliche Wirkung um ChatGPT und Co. „Die steigende Leistungsfähigkeit von Systemen mit künstlicher Intelligenz löst bei vielen Menschen in Deutschland Sorge darüber aus, diese nicht mehr treffsicher erkennen zu können“, so die Telekom. Steffen de Sombre zufolge würden rund ein Viertel der Befragten derartige KI-Tools nutzen und ein weiteres Viertel könne sich den Einsatz vorstellen; de Sombre hat als Projektleiter beim Allensbach Institut die Studie für die Telekom durchgeführt.
Rund drei Viertel der über 16-Jährigen in Deutschland hätten demnach von KI-Programmen wie ChatGPT oder Google Gemini gehört. Doch, so de Sombre: „Knapp zwei Drittel derer, die von KI-Programmen schon einmal gehört haben, machen sich Sorgen, dass durch solche Programme unsere Ansichten und Meinungen manipuliert werden.“ Mehr noch, auch die, die KI-Programme bereits genutzt haben, fällt es mehrheitlich (57 %) schwer, Mensch und Maschine auseinanderzuhalten.
Wer allerdings KI-Chatbots regelmäßig nutzt, ist da offenbar geübter und hat diese Bedenken etwas weniger. Allerdings: Jeder fünfte regelmäßige Benutzer von KI-Chatbots hat bei der Kommunikation mit ihnen tatsächlich schon manchmal vergessen, dass er oder sie mit einer Maschine parliert. Und bei den 30- bis 40-Jährigen in Deutschland kann sich schon jede Zehnte vorstellen, mit einem Chatbot zu sprechen wie mit einem Menschen.
KI-Chatbots genießen laut Studie Vertrauen – weil es bequemer ist
„Ein Drittel derjenigen, die solche Programme schon genutzt haben, sind davon fasziniert,“ berichtet de Sombre. Das sei auch eine Ursache dafür, dass in Zukunft der weitere Einsatz dieser Chatbots wohl stark steigen werde. Wir seien hier erst am Anfang einer Entwicklung. Er betonte auch, dass gut die Hälfte der Bevölkerung damit noch gar keine Berührung gehabt habe und sich einen Einsatz vorstellen könne. Daher sei der Zeitpunkt der Studie wichtig, denn es seien Muster im Umgang mit KI abzusehen, die für den Umgang wichtig seien. Unter anderem machten die Meinungsforscher bei vielen KI-Nutzern ein Spannungsfeld zwischen Bequemlichkeit und Skepsis aus. „Es ist bequem, KI-Ergebnissen zu vertrauen, auch wenn man sich der Fehleranfälligkeit bewusst ist“, so die Telekom in einer Mitteilung.
Die Studie zeigt, dass der Großteil der Nutzer KI-Chatbots für alltägliche Aufgaben schätzt: Recherche, Texterstellung oder Übersetzungen. Von den 25 % der Deutschen, die generative KI nutzen, setzen 39 % sie täglich oder wöchentlich ein. Laut de Sombre erwarten die Expertinnen und Experten, die für die Studie befragt wurden, „dass gerade im Bereich der Informationssuche die generative KI zur großen Veränderung führen wird“.
So halten 55 % den Output von KI-Assistenten für vertrauenswürdig. Bei Anwendern, die Chatbots häufig nutzen, liege die Zahl mit 64 % sogar noch höher, so die Telekom. Bequemlichkeit schlägt hier eindeutig die Skepsis, obwohl die Tatsache, dass die Chatbots zum Halluzinieren neigen, bekannt ist. 48 % prüfen zumindest gelegentlich, ob die Antworten auch wirklich stimmen. Die befragten Experten warnen, dass hier die sprachlich gute Formulierung der Antworten Korrektheit und Vollständigkeit suggeriert.
KI-Chatbots werden zu Zeiträubern
Der Deutschen Telekom ging es explizit darum, wie die KI sich auf zwischenmenschliche Beziehung auswirken könnte. „Die Kommunikation mit der Maschine, die Mensch-Maschine-Interaktion oder besser gesagt, die Maschine-Mensch-Interaktion, nimmt heute schon sehr viel Platz ein, und natürlich verändert sie auch das praktische Verhalten“, hat der Journalist und Philosoph Matthias Pfeffer beobachten können, der sich seit Jahren mit der Schnittstelle zwischen KI und Gesellschaft beschäftigt.
Immer da, nie krank, meist höflich zustimmend – KI könnte auch unsere Beziehungsfähigkeit beeinträchtigen, denn wer ständig mit der KI parliert, bekommt den Satz „Das ist doch Mumpitz“ in der Regel nicht als Antwort. Die Fähigkeit, eine nicht nur von Freundlichkeit bestimmte zwischenmenschliche Beziehung zu führen, könnte bei einem intensiveren KI-Gebrauch beeinflusst werden.
KI kein Ersatz für Freunde, aber mitunter ein Partner für heikle Themen
Dennoch, so betont die Telekom, sei KI kein Ersatz für Freunde, das käme bei der Befragung heraus. Noch fehlten menschliche Ausstrahlung, Persönlichkeit, Empathie und die ganze Palette der emotionalen Schwingungen. Die befragten Experten weisen zudem darauf hin, dass vor allem auch gemeinsame reale Erfahrungen fehlen, die eine wichtige Komponente einer Freundschaft sind.
„29 % der regelmäßigen Nutzer von KI-Chatbots sehen das auch ausdrücklich als Vorteil von solchen Programmen, dass man über heikle Themen sprechen kann, ohne dass es einem unangenehm sein muss“, so de Sombre. In den Tiefeninterviews mit Nutzerinnen und Nutzern allerdings ergeben sich dann durchaus emotionale Hürden, mit der Maschine über sehr persönliche Dinge zu sprechen. „Auf der anderen Seite sehen wir an dieser Stelle aber auch massive Datenschutzbedenken“, so der Projektleiter.