KI im Spiel: Fußball verändert sich
Der Profifußball wandelt sich: Bei der Spielersuche, Trainingsoptimierung, Taktik und Spielanalyse kommt immer häufiger künstliche Intelligenz zum Einsatz. Das führt zu der Frage: Ersetzt KI bald den Trainer?
Eine neue KI-Anwendung könnte Eckstöße im Fußball verbessern. Dies ist nur ein Beispiel dafür, wie künstliche Intelligenz den Sport revolutionieren könnte. Schon heute unterstützen verschiedene KI-Tools unterschiedliche Aspekte des Spiels. Sie könnten sogar so weit gehen, dass sie Trainer überflüssig machen. Ein deutscher Experte gibt jedoch Entwarnung.
Inhaltsverzeichnis
In den Profiligen ist der Einsatz von KI bereits weit verbreitet, vor allem bei der Suche nach neuen Spielern. Mehrere Softwarefirmen haben Systeme entwickelt, die Spiel- und Trainingsdaten analysieren und Spieler bewerten. Auf der Suche nach optimalen Neuzugängen schlagen diese KI-Systeme den Vereinen aus umfangreichen Datenbanken geeignete Kandidaten vor. So liefern KI-Scores wertvolle datenbasierte Entscheidungshilfen für menschliche Scouts.
Datenerhebung im Profifußball
Im Profifußball sammeln Teams eine Fülle von Daten: Körpersensoren messen während des Trainings Leistungsdaten, die Aufschluss über den Zustand und die Entwicklung der Spieler geben. Hochauflösende Kameras im Stadion erfassen jede Bewegung, die Position aller Spieler und des Balls. Diese Informationen sind nicht nur für die Live-Berichterstattung wertvoll, sondern ermöglichen auch KI-gestützte Analysen zur Verbesserung der Spieltaktik, zur Bewertung der Spieler und zur Optimierung der Strategien.
Auch interessant: Die Technik hinter der Fußball-WM in Katar
2021 hob eine Expertise für das Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) den Bereich „Planung, Strategie und Optimierung“ als besonders interessanten Aspekt von KI-Anwendungen im Sport hervor: Im Fokus stehen Modelle, die das taktische Verhalten zur Steigerung der Spielleistung und des Spielerfolgs optimieren. Ein ähnliches Ziel verfolgt das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt „Multimodal Analysis for Sports Analytics“ (MM4SPA), das Positions- und Videodaten analysiert.
Neue Eckentricks dank KI?
Das System TacticAI, das von Googles Deepmind-Team in Zusammenarbeit mit dem FC Liverpool entwickelt wurde, konzentriert sich speziell auf die Taktik bei Eckbällen. Laut einem Bericht in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ trainierte das Team die KI mit Daten von fast 7200 Eckballsituationen, die zwischen 2020 und 2023 in der englischen Premier League auftraten.
TacticAI kann auf Basis dieser Daten Empfehlungen geben, wie sich Spieler bei Eckbällen positionieren sollten, um die Chancen auf ein Tor zu erhöhen. Die Empfehlungen der KI unterschieden sich nicht von denen menschlicher Trainer, so das Forschungsteam. Zudem bevorzugten Fußballexperten in einer Umfrage in 90 % der Fälle die KI-gestützten Taktiken gegenüber den menschlichen Empfehlungen.
Werden Trainer überflüssig?
Angesichts der Studienergebnisse fragen sich viele, ob KI zukünftig menschliche Trainer komplett ersetzen könnte. „So weit wird es sicherlich nicht kommen“, beruhigt Daniel Memmert, Sportinformatiker an der Deutschen Sporthochschule Köln. Er erklärt, dass der Einsatz von KI im Sport oft auf Machine-Learning-Ansätzen basiert. Maschinelles Lernen ist ein Bereich der KI, der sich auf die Entwicklung und Nutzung statistischer Algorithmen konzentriert.
Memmert betont, dass Menschen bei vielen entscheidenden Schritten involviert sind: das Erkennen von Problemen, bei denen KI hilfreich sein könnte, die Auswahl des geeigneten KI-Werkzeugs und das Interpretieren und Bewerten der von der KI vorgeschlagenen Lösungen. Darüber hinaus ist KI ohne Daten nutzlos. Menschen sind erforderlich, um diese Daten bereitzustellen und aufzubereiten. „Insgesamt beinhaltet der Prozess der KI-Nutzung also an entscheidenden Punkten noch viele menschliche Anteile“, fasst Memmert zusammen.
Profivereine können nicht mehr auf KI verzichten
Memmert betont, dass Spitzenvereine heutzutage „ganz klar“ auf KI-Systeme nicht mehr verzichten können. Einige Fans befürchten jedoch, dass die maschinelle Unterstützung dem Spiel die Seele raubt. „Ich kann die Nostalgie nachvollziehen, aber Tradition schießt keine Tore“, meint Memmert. Er fügt hinzu, dass Neuerungen oft zunächst abgelehnt werden, ähnlich wie beim Videobeweis, der jedoch die Fairness des Spiels deutlich verbessert hat.
Auch interessant: Elektrischer Fußball statt Spielekonsole
Auch wenn Trainer vielleicht nicht überflüssig werden, dann vielleicht die Spieler? Kürzlich präsentierte Googles Deepmind-Gruppe kleine humanoide Roboter, die durch spezielle maschinelle Lernverfahren zu agilen Fußballspielern entwickelt wurden. Eine in „Science Robotics“ veröffentlichte Studie zeigt Videos dieser Roboter, wie sie sicher dribbeln, schnell nach einem Sturz aufstehen und flinke Richtungswechsel in komplexen 1:1-Spielen meistern. Die Clips zeigen allerdings auch, dass die Bewegungen der Roboter noch etwas unbeholfen sind und dass – anders als bei menschlichen Spielern – der Torjubel fehlt. Und der gehört ganz eindeutig zur Seele des Spiels. (dpa/hoc)