Landtechnik 4.0: Bauer sucht Netz
Viele Bauern ärgern sich über zunehmende Bürokratie. Automatisierung soll ihnen wieder den Blick auf das Wesentliche öffnen.
Ohne professionelle Landwirtschaft würde das Leben auf der Erde anders aussehen. Denn gegessen wird immer und die stetig wachsende Weltbevölkerung will ernährt sein. Doch Bauernproteste zeigen, dass Landwirte immer stärker unter Druck geraten.
Neben Wetterextremen und Insektensterben erhöhen strengere Dünge¬regeln, Tierwohllabel und andere EU-Vorschriften den Bürokratieaufwand auf den Höfen. Mit Technik, wie sie vom 10. November an auf der Messe Agritechnica in Hannover vorgestellt wird, wollen Maschinenhersteller und Dienstleister den Profis für die Landbewirtschaftung wieder den Blick aufs Wesentliche ermöglichen.
Precision Farming
Wie aber lässt sich Nahrungsmittelsicherheit langfristig gewährleisten? „Wir müssen die Erträge erhöhen und den Input an fossilen Treibstoffen, Dünger, Pflanzenschutzmitteln und Ähnlichem verringern“, bringt es Peter Pickel auf einen einfachen Nenner. Der Vorsitzende des VDI-Fachbereichs Max-Eyth-Gesellschaft Agrartechnik leitet dies vom Prinzip „Producing more with less“ ab, welches der europäische Dachverband der Landmaschinenhersteller CEMA verfolge.
Die Voraussetzungen zur präzisen Landbewirtschaftung, dem Precision Farming, seien laut Pickel technisch ausgereift. Als Schlüsseltechnologien nennt er die satellitengestützte Ortung und Positionierung von Landmaschinen sowie Cloud-Lösungen, mit denen Farmmanagementsysteme ausgelagert und überall verfügbar gemacht werden können. Als Flaschenhals betrachtet er allerdings den mangelnden Breitbandausbau im ländlichen Raum. Das schränke den Einsatz moderner Maschinen ein.
Digitalisierung und traditionelle Methoden
Dass es auch im Agrarsektor zu einer starken Vernetzung entlang der gesamten Wertschöpfungskette kommen wird, davon ist Andreas Baier, Partner bei der Managementberatung Porsche Consulting in Stuttgart, überzeugt. In einer Studie zum „Future Farming“ hat er ermittelt, wie sich die Weltbevölkerung ernähren und die Natur zugleich bewahren lässt. Für ihn ist klar: Es braucht den Dreiklang aus Digitalisierung, der Verbesserung traditioneller Methoden sowie der Entwicklung disruptiver Technologien. „Es werden Werte geschaffen – und alle am Prozess Beteiligten werden sehr viel stärker als bisher miteinander kommunizieren und kooperieren“, sagt der Experte. Er meint damit Düngemittelproduzenten und Saatgutlieferanten ebenso wie Landtechnikhersteller und letztlich die Nahrungsmittelproduzenten.
Kleinere Höfe würden dadurch nicht zwangsläufig verdrängt. Denn: „Es gibt Alternativen zum Kauf teurer Maschinen“, erklärt Baier. Start-ups bieten über das Leasing und Teilen teurer Maschinen eine bessere Auslastung des Technikparks – vergleichbar dem traditionellen Maschinenring, bei dem landwirtschaftliche Betriebe Maschinen gemeinschaftlich anschaffen.
Wird Technik sinnvoll eingesetzt, könnten sich die einzelnen Player auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren. Mit seinem persönlichen Wissen um Bodenverhältnisse und Wachstumsbedingungen für Tier und Pflanze wird der Landwirt, vor allem als Spezialist für seine Erzeugnisse, auch auf kleineren Flächen wirtschaftlich erfolgreich sein.
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