Programmieren lernen beim Zocken – TH Ingolstadt startet cSports-Projekt
Angelehnt an digitale Sportspiele (eSports) hat ein Professor aus Ingolstadt ein Lernkonzept zum Programmieren entwickelt. Doch was steckt hinter cSports?
Die Grundidee ist einfach: Junge Menschen eignen sich bei Computerspielen viel koordinatives Geschick an und sind im Wettstreit mit anderen Spielteilnehmenden zudem hoch motiviert. Dieses Prinzip möchte Torsten Schön nun nutzen, um Jugendlichen und jungen Erwachsenen das Programmieren spielend zu vermitteln. Der Informatik-Professor leitet die Forschungsgruppe „Computervision for Intelligent Mobility Systems“ an der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI). Er fragte sich beim Computerspiel mit seinen Kindern, was sie nach Niederlagen motiviert, trotzdem weiterzumachen. Seine Erkenntnis: „Es gibt immer wieder kleine Erfolgserlebnisse, die zum Dranbleiben bewegen. So wird beispielsweise ein weiteres Level bewältigt oder eine neue Fertigkeit erlernt.“
Coding Sports: Lernen, ohne dass es sich wie Arbeit anfühlt
Nach dem Prinzip soll auch bei cSports – abgeleitet aus coding sports – die Unterhaltung im Vordergrund stehen. „Es geht darum, das Programmieren zu lernen, ohne dass es sich nach Arbeit anfühlt“, sagt Schön. Erstmals probierte er das Konzept vor etwa fünf Jahren auf einer Abendveranstaltung seines damaligen Arbeitgebers und ließ Teilnehmende im Wettbewerb gegeneinander programmieren. Wie bei E-Sport-Veranstaltungen wurde dazu eine professionelle Atmosphäre mit Lichteffekten und Videodreh geschaffen. „Es war eine rundum gelungene Veranstaltung, und wir erhielten von allen Seiten positive Rückmeldungen“, erinnert er sich.
Lesetipp: Industrie adaptiert Games-Technologie
Für Schön gibt es dabei deutliche Unterschiede zu klassischen Lernspielen, schon allein, weil der Fokus auf Unterhaltung und nicht primär auf die Vermittlung von Lerninhalten ausgerichtet ist. „Lernspiele sollten so aufgebaut sein, dass man sie gerne spielt und nebenbei etwas lernt – so wie es auch bei normalen Computerspielen der Fall ist“, beschreibt er seinen Ansatz. Schön macht das an einem Beispiel deutlich: „Wenn ich ein Spiel mit einem Controller spielen möchte, dann muss ich die nötige Hand-Augen-Koordination erst einmal lernen, um beispielsweise in einem Fußballspiel passen oder flanken zu können. Unsere Projektidee ist, diese Handbewegung gegen das Schreiben von Codes auszutauschen. Ansonsten soll es sich aber genauso anfühlen wie ein gängiges Computerspiel.“
Während sich bei gewöhnlichen Lern-Apps Programmieraufgaben und Spielelemente abwechselten, soll beim cSport beides gleichzeitig ablaufen. Der Informatik-Professor erklärt: „Dadurch steht man unter ständigem Druck, nicht vom Gegner abgehängt zu werden, der ebenfalls programmiert, um das Spiel zu steuern. Von beiden Spielern ist ein ständiges Verändern und Weiterentwickeln des Codes gefordert. Wir wollen also durch Action und Wettbewerbscharakter den Lerneffekt steigern.“
cSports wird für drei Jahre gefördert
Seit dem 1. Mai 2023 wird das Projekt cSports an der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI) nun über einen Zeitraum von drei Jahren von der Klaus Tschira Stiftung (KTS) finanziell gefördert. Zu den Zielen des Projektes sagt Schön: „Wenn es gut läuft – und davon gehe ich aus –, werden wir in drei Jahren eine frei verfügbare Plattform online haben, die Spiele verschiedener Genres anbietet, welche wiederum unterschiedliche Zwecke erfüllen und Zielgruppen adressieren.“ Damit sollen Schülerinnen und Schüler sowie Studierende und eventuell auch Berufstätige angesprochen werden.
Die Top 5 der deutschen Spieleentwickler
„Wir möchten eine Schnittstelle entwickeln, die es jeder und jedem ermöglicht, Spiele zu implementieren und auf der Plattform zu veröffentlichen. Das könnten Lehrspiele sein, die in die Programmierung einführen oder andere, die bereits ein gewisses Level voraussetzen“, erklärt er. Konkret könnte ein solches Lernspiel beispielsweise künftig auch seinen eigenen Kurs „Programmieren-1“ an der THI unterstützen.
Vorurteile gegenüber Computerspielen abbauen
Schön geht es dabei auch darum, Vorurteile der Eltern gegenüber Computerspielen abzubauen. Er sagt dazu: „Zwar ist das den Eltern nicht immer bewusst, aber die Kinder entwickeln auch jetzt schon Kompetenzen wie Koordination oder strategisches Denken, wenn sie vor dem Computer oder der Konsole sitzen. Natürlich kommt das auf die Art des Spiels an, auch das wollen wir mit unserem Projekt untersuchen.“