Social Media: Nur wenige folgen Politikern und Politikerinnen
In Wahlzeiten ist auch Social Media eine beliebte Informationsquelle. Doch ganz so viele Deutsche folgen einzelnen Politikern und Politikerinnen dann doch nicht auf Twitter, Facebook & Co. Warum eigentlich nicht?
Annalena Baerbock ist kaum zu schlagen. Zumindest, wenn es im KanzlerInnen-Duell um Social Media geht. Die Grünen-Politikerin hat im Zeitraum Mai bis August nach absoluten Zahlen auf Instagram, Twitter und Facebook zusammengerechnet mit 150 000 Followern hinzugewonnen – und damit mehr als dreimal so viele Folgende wie ihre Konkurrenten Olaf Scholz (SPD) und Armin Laschet (CDU). Bis Ende letzten Monats hielt sie auf den drei Plattformen mit insgesamt 673 000 Followern den Spitzenplatz. Laschet mit 287 000 und Scholz mit 239 000 konnten da nicht so recht mithalten. Das ergab der Onlinecheck der Agentur Web-Netz.
Direkte Infos über Twitter nach der Wahl?
Aber goutieren die Deutschen tatsächlich soziale Medien, um sich über aktuelle politische Entwicklungen zu informieren? Werden sie sich nach der Wahl über die Twitter- und Instagram-Accounts einiger Politikerinnen und Politiker direkte Eindrücke aus Sondierungsrunden oder Koalitionsverhandlungen holen?
Die große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger nutzt die Möglichkeit nicht, sich dort direkt zu informieren. Das stellte eine repräsentativen Befragung von 1007 Personen ab 18 Jahren in Deutschland im Auftrag des Branchenverbands Bitkom fest. So gibt zwar fast ein Drittel an, sich über soziale Netzwerke oder Messenger über politische Themen zu informieren. Aber nur 15 % von ihnen folgen einzelnen Accounts von Politikerinnen und Politikern oder sind per Messenger direkt mit ihnen vernetzt. Eine einzige Politikerin oder ein einziger Politiker reicht dabei 10 %, nur 5 % folgen mehreren.
Befragte rechnen mit Sprechblasen
Das mag auch an der Attraktivität des Angebots liegen. Die Politik habe die Bedeutung digitaler Technologien für Wirtschaft und Gesellschaft zunehmend erkannt, davon ist Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder überzeugt. Doch in ihrem eigenen Alltag nutzen Politikerinnen und Politiker die Möglichkeiten sozialer Medien noch viel zu selten. „Gerade jüngere Menschen lassen sich über soziale Netzwerke oder Messenger besser erreichen als über die klassische Wahlkreissprechstunde. Dabei erwarten sie eine offene, ehrliche und direkte Kommunikation, nicht nur die Weitergabe von durch Agenturen vorbereiteten Sprechblasen.“
Die Mühe eines gut gepflegten und authentischen Accounts lohnt sich: Acht von zehn Befragten, die sich direkt vernetzt haben, sagen, dass sie so deren Beweggründe besser verstehen könnten. Zwei Drittel wollen auf diesem Weg gezielt Kritik üben. Jeweils rund die Hälfte fühlt sich so besser informiert, ein Viertel findet es einfach unterhaltsam – und 16 % hoffen, auf diesem Weg Einblicke ins Privatleben der Politikerinnen und Politiker zu bekommen.
Politische Debatten über Social Media gelten als anstrengend
Diejenigen, die sich zwar über Social Media über Politik informieren, aber keinen Accounts von Politikerinnen und Politikern folgen, geben als Grund am häufigsten an, dass die Inhalte nicht authentisch seien und von PR-Profis betreut würden. Zwei Drittel meinen, Politikerinnen und Politiker würden „sowieso nur lügen“, die Hälfte interessiert sich einfach nicht dafür. Allerdings geben ähnlich viele auch an, dass sie politische Debatten auf sozialen Netzwerken zunehmend als anstrengend empfinden. Drei von zehn Befragten erklärten, dass die Parteimeinung wichtiger sei als die von Einzelmenschen. Allerdings nutzen nur 10 % aller, die sich politisch über Social Media informieren, dafür Partei-Accounts, bestätigt die Bitkom-Umfrage.