Diese Frau treibt die Zeitenwende bei der Bundeswehr voran
Die deutsche Bundeswehr mit Panzern, Flugzeugen, Schiffen, Waffen und IT-Systemen ausstatten: Für diese Aufgabe ist Annette Lehnigk-Emden verantwortlich, deren Doppelname mit der Rolle ihres Opas bei der Marine zusammenhängt.
Während andere 62-Jährige mit einem Auge auf den Ruhestand schielen, gibt Annette Lehnigk-Emden Gas. Seit April 2023 ist sie Präsidentin des Bundesamts für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw). Eine Behörde mit über 10 000 Beschäftigten. „Ich bin mir der Verantwortung, die dieses Amt – insbesondere unter den derzeit bestehenden sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen – mit sich bringt, sehr bewusst und weiß das in mich gesetzte Vertrauen zu schätzen“, sagte Lehnigk-Emden in ihrer ersten Stellungnahme beim Amtsantritt im April. „Es kommt nun vor allem darauf an, den Soldatinnen und Soldaten die dringend benötigte Ausrüstung schnellstmöglich zur Verfügung zu stellen.“
Die Rechtswissenschaftlerin ist schon lange in der Beschaffung tätig
Mit Beschaffung von Wehrtechnik kennt sich Lehnigk-Emden aus. Sie trat bereits 1991 in die Bundeswehrverwaltung ein – nach ihrem Studium der Rechtswissenschaften an der Hochschule des Saarlandes und der Universität Trier und einer zweijährigen Tätigkeit als Rechtsanwältin am Landgericht Koblenz. Im damaligen Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung (BWB) in Koblenz hatte sie im Laufe der Jahre verschiedene Funktionen inne. Als das BWB 2012 in das BAAINBw überging, leitete Lehnigk-Emden zunächst das Justiziariat und später den Stab Operative Steuerung. 2019 wurde sie Vizepräsidentin. Im April 2023 schließlich Präsidentin.
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Annette Lehnigk-Emden ist ledig. Und führt trotzdem einen Doppelnamen. Ein Phänomen, das auf ihren Großvater Richard Lehnigk zurückgeht. Dieser diente im Ersten Weltkrieg auf der SMS Emden. Der „Kleine Kreuzer“ der Kaiserlichen Marine versenkte in nur zwei Monaten 23 gegnerische Schiffe, verschonte dabei aber die Besatzungen. 1914 schließlich landete die SMS Emden selbst auf dem Meeresboden. Richard Lehnigk überlebte. Und erhielt, genau wie alle anderen Überlebenden, vom Kaiser persönlich die Erlaubnis, den Zusatz Emden dem Familiennamen beizufügen. Noch heute treffen sich die Nachkommen in der dritten, vierten und fünften Generation einmal pro Jahr in einer lockeren Gemeinschaft.
Neue Wehrtechnik beschaffen: eine Herausforderung historischen Ausmaßes
Weniger locker geht es im Arbeitsalltag von Lehnigk-Emden zu. Die Präsidentin des BAAINBw sieht sich mit Herausforderungen historischen Ausmaßes konfrontiert. Nachdem Bundeskanzler Olaf Scholz 2022 die Zeitenwende in Deutschland ausrief, steht die zügige Modernisierung der Bundeswehr auf dem Programm. 100 Mrd. € Sondervermögen liegen auf dem Tisch, die es auszugeben gilt. Das BAAINBw versteht sich dabei als Motor der Zeitenwende. Für zwei Drittel des Geldes seien Bestellungen bereits in Auftrag gegeben. Im kommenden Jahr werde das Sondervermögen vollständig ausgeben sein.
Zu den neuesten Anschaffungen des BAAINBw zählen 14 Drohnen des Typs Vector VTOL. Die unbemannten Fluggeräte verfügen über einen Kombisensor mit optischer Kamera und Infrarotkamera und ermöglichen Aufklärungsflüge über eine Entfernung von bis zu 30 km mit einer Flugdauer von bis zu drei Stunden. Damit übertreffen die neuen Drohnen die bisher genutzten unbemannten Aufklärungssysteme (UAS) Aladin und Mikado, die für eine Reichweite von maximal fünf Kilometern ausgelegt sind.
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Doch insgesamt läuft nicht alles nach Plan. Der Zeitenwende-Motor des BAAINBw ruckelt beispielsweise bei der Digitalisierung. Vom Panzer bis zum Geländewagen sollen bis 2025 in tausenden Fahrzeugen digitale Funkgeräte für die Kommunikation mit NATO-Partnern eingebaut sein – bestellt beim Hersteller Rohde & Schwarz für 1,3 Mrd €. Zwar läuft die Auslieferung seit Januar 2023. Sie begann also bereits vor Amtsantritt Lehnigk-Emdens. Doch die Integration stockt. Scheinbar, weil es Planungsfehler gab. Es fehlen Adapterplatten. Und in einigen Fahrzeugen sind die Lichtmaschinen zu klein. Probleme, die jetzt auch die aktuelle Chefin des Bundesamts auf Trab halten werden.