Pläne für Hamburger Hafen: „Historischer Fehler“
Allen Bedenken von Arbeitern, Gewerkschaften und Experten zum Trotz stimmte die Hamburger Bürgerschaft in einer ersten Lesung für einen Einstieg der weltgrößten Reederei MSC beim Hamburger Hafenlogistiker HHLA.
Die weltgrößte Reederei MSC will beim Hafenlogistiker HHLA einsteigen und hat einen Etappensieg erzielt – in der ersten Lesung votierten am 10. Juli 71 von 105 Abgeordneten für den vom rot-grünen Senat vorgelegten Gesetzentwurf. Die zweite Lesung und damit der endgültige Beschluss zu dem mindestens 40 Jahre laufenden Vertrag zwischen der Stadt und MSC wird voraussichtlich Anfang September stattfinden.
Der Grund: Die Opposition aus CDU, Linke und AfD weigerte sich, die zweite Abstimmung sofort durchzuführen. Eine weitere Zustimmung gilt allerdings als Formsache, da die rot-grüne Koalition eine Zweidrittelmehrheit im Parlament besitzt. Diese stimmte bei der ersten Lesung mit einer Ausnahme der Vereinbarung zu. Jedoch muss unter anderem auch die EU-Kommission grünes Licht geben, die das Geschäft aus kartellrechtlicher Sicht prüft.
Hamburg erhofft sich vom Einstieg von MSC mehr Stabilität
Wird der Deal endgültig abgesegnet, wird die Stadt 50,1 % und MSC 49,9 % an dem Hafenlogistiker halten. Bislang hält die Stadt 70 % an HHLA, der Rest befindet sich in Streubesitz. Mit dem Einstieg von MSC (Mediterranean Shipping Company) erhofft sich der Hamburger Senat, die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) und den Containerumschlag zu stabilisieren. Dafür versichert MSC (mehr als 700 eigene oder gecharterte Containerschiffe), ihr Ladungsaufkommen an den HHLA-Terminals vom kommenden Jahr an zu erhöhen und bis 2031 auf 1 Mio. Standardcontainer pro Jahr zu steigern.
Zudem plant die Reederei, in der Hafencity eine neue Deutschlandzentrale zu bauen. „Die Stadt hätte mit MSC einen starken Partner, um das Unternehmen weiterzuentwickeln“, so lässt sich Hamburgs Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard (SPD) zitieren. Gegenwind kommt dagegen von Dennis Thering (CDU): Die Stadt verliere die Kontrolle über den Hafen, weil MSC wichtige Entscheidungen blockieren könnte. Selbst Sachverständige warnten in Expertenanhörungen und in einer öffentlichen Anhörung der Hamburgischen Bürgerschaft vor einem „historischen Fehler“.
HHLA: Das Filetstück des Hamburger Hafens
An den drei Containerterminen der HHLA wurden im vergangenen Jahr knapp 6 Mio. Standardcontainer (TEU) – und damit rund 77 % des Hamburger Gesamtumschlags – umgeschlagen. 2019 waren es noch über 7,5 Mio. Standardcontainer. Knapp 6800 Beschäftigte arbeiten für die HHLA, von denen bei Ankündigung des Einstiegs von MSC im September 2023 rund 1000 auf die Straße gingen und protestierten. Auch bei der ersten Lesung waren einige mit gelben Warnwesten vertreten. Ihre und auch die Befürchtung von Betriebsräten und der Gewerkschaft Ver.di: Nach Ablauf von fünf Jahren – bis dahin sind betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen – könnte die HHLA theoretisch aus dem Flächentarifvertrag aussteigen.
Die Gewinne bei HHLA schrumpfen
Seit Jahren spitzt sich die Lage bei HHLA zu. Im vergangenen Jahr blieb bei einem Umsatz von rund 1,45 Mrd. € (–8,3 % gegenüber 2022) gerade mal ein Gewinn von 20 Mio. € übrig. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) lag damit rund 51 % unter dem Wert des Vorjahres. Zudem ging der Containerumschlag um 7,5 % zurück, der Containertransport um 5,4 %. Im ersten Quartal dieses Jahres ist die HHLA sogar in die roten Zahlen gerutscht. Einem Umsatz von 363,6 Mio. € steht ein Nettoverlust von 1,1 Mio. € gegenüber.