Abellio: Erstes Unternehmen verlässt liberalisierten Markt
Gestern war der letzte Tag von Abellio in NRW, seit heute übernehmen andere Unternehmen dessen Personentransport mit Zügen. Vor mehr als 20 Jahren wurde der Bahnverkehr liberalisiert. Das erste Unternehmen in NRW geht im Schienenpersonennahverkehr nun vom Markt.
Abellio Rail NRW war in Nordrhein-Westfalen das zweitgrößte Unternehmen im Schienenpersonennahverkehr und wickelte ungefähr jeden sechsten Streckenkilometer ab. 2020 geriet die Firma jedoch in finanzielle Schwierigkeiten und Ende 2021 wurde beschlossen, die Tochter der niederländischen Staatsbahn ab Februar zu liquidieren. Seit heute ist sie aus dem Markt ausgeschieden.
Kosten zu stark gestiegen
In der EU wurde ab 2001 schrittweise der Bahnverkehr liberalisiert. Heute bieten private Regionalbahnfirmen der Bahn-Tochter DB Regio die Stirn. Mit Abellio hat nun in NRW das erste Unternehmen diesen Markt wieder verlassen. Das Geschäft war hoch defizitär geworden, da sich Personalkosten und Baustellen-Folgekosten, etwa Schienenersatzverkehr, mit den Jahren deutlich erhöht hatten. Nachverhandlungen mit den Nahverkehrsverbünden über bessere Konditionen scheiterten. Stattdessen setzten die Verbünde auf Notvergaben und die anderen Bahnfirmen bekamen den Zuschlag.
Der Übergang des Betriebs lief laut dpa-Angaben reibungslos. Die 1080 Lokführer, Zugbegleiter und anderen Beschäftigten sind demnach in großen Teilen zu den drei Nachfolgebetreibern – DB Regio, National Express und Vias – gewechselt oder haben beruflich umgesattelt. Auch in Baden-Württemberg hat Abellio aufgehört, dort wurden Züge und Personal zum Anfang des Jahres allerdings komplett von einem Anbieter übernommen.
In anderen Bundesländern rollen Abellios Züge weiter
In anderen Bundesländern bleiben die Niederländer aktiv: „Die Kolleginnen und Kollegen von Abellio in Mitteldeutschland, mit den Verkehren im Saale-Thüringen-Südharz-Netz und im Dieselnetz Sachsen-Anhalt, sowie der WestfalenBahn auf den Linien des Emsland- und Mittelland-Netzes sind selbstverständlich weiterhin für Sie da“, schreibt das Unternehmen auf seiner Seite. Die neue Nummer zwei in NRW wird die Firma National Express.
Noch bis Ende Februar gilt ein Übergangsfahrplan für die bisherigen Abellio-Linien, der insgesamt weniger Züge vorsieht als im Normalbetrieb. Grund für das abgespeckte Angebot sind Personalengpässe.
Mehrkosten durch Pleite
Das vorzeitige Abellio-Aus und das kurzfristige Einspringen der drei anderen Bahnunternehmen in Nordrhein-Westfalen verursachen allein bis Ende nächsten Jahres Mehrkosten von rund 167 Mio. €. Das hatte das NRW-Verkehrsministerium vor Kurzem mitgeteilt. Das Geld werde etwa für das kurzfristige Einstellen von neuem Personal und für Ersatzverkehre in der Zeit des Übergangs benötigt.
Mit Material von dpa