Deutschland hinkt beim autonomen Fahren hinterher
Schwächen in Infrastruktur und Bevölkerungsakzeptanz, Stärken in den Bereichen Technologie und Innovation
Wie steht Deutschland beim Thema autonomen Fahren im internationalen Vergleich da? Dieser Frage ging das Beratungsunternehmen KPMG nach. Im „Autonomous Vehicles Readiness Index“ verglich KPMG die Voraussetzungen zur Einführung des autonomen Fahrens in 30 Ländern – im Vorjahr waren es noch 25. Untersucht werden dabei die vier Bereiche Politik/Gesetzgebung, Technologie/Innovation, Infrastruktur und Bevölkerungsakzeptanz.
Nur Mittelfeld
Das Ergebnis: Deutschland gerät im internationalen Vergleich bei den Voraussetzungen für autonomes Fahren in Rückstand. Die Bundesrepublik rutschte auch durch die Erweiterung des Index von Platz 8 im Vorjahr auf den 14. Gesamtplatz ab. Am besten schneidet Deutschland in der Sparte Technologie/Innovation mit Platz 4 ab. Hierbei wirken sich Industriepartnerschaften, Patente und Investitionen in Unternehmen positiv aus, die im Bereich autonomes Fahren unterwegs sind.
In der Kategorie Politik/Gesetzgebung rutscht Deutschland von Platz 6 auf 7. In Sachen Infrastruktur und Bevölkerungsakzeptanz liegt die Bundesrepublik auf Rang 19 und 21 und somit vergleichsweise weit hinten. In der Gesamtwertung belegt Singapur den ersten Platz vor den Niederlanden und Norwegen, auf den letzten Plätzen liegen Mexiko, Indien und Brasilien.
Stark angefangen, dann nachgelassen
Moritz Püstow, Partner bei KPMG Law, erläutert: „Deutschland war einer der Vorreiter bei der Entwicklung der Rahmenbedingungen für das autonome Fahren. Der Anfangsschwung hat jedoch nachgelassen. Der Wissenschaftsbeirat hat bereits 2017 die Intensivierung der Maßnahmen angemahnt.“ Heute gebe es zwar zunehmende Testfelder in den Kommunen, es fehle aber an einer ganzheitlichen Strategie, an Standardisierung, angemessener Infrastruktur und an einem klaren Umsetzungsplan vor allem auf Ebene der Kommunen. „Es gilt zu vermeiden, dass Deutschland wie bei der digitalen Verwaltung durch mangelnde Standards international ins Hintertreffen gerät“, so Püstow.
Dabei gibt es laut Püstow auf Ebene des Bundes schon seit 2015 eine Strategie für automatisiertes und vernetztes Fahren und auf der A9 das „Digitale Testfeld Autobahn“ zur Erprobung von Technologien. 2017 hat die Ethik-Kommission Regeln für autonomes Fahren definiert und es wurde das Straßenverkehrsgesetz so geändert, dass Deutschland als erster Staat der Welt die Rechte und Pflichten der Fahrzeugführenden bei der Nutzung automatisierter Fahrfunktionen geregelt hat. Auch auf Ebene der Kommunen gibt es eine Vielzahl von Testfeldern, die der Bund fördert. Es fehlt aber an einer Koordinierung bei der Schaffung der Rahmenbedingungen für automatisiertes Fahren, an einer klaren Vision und an der Etablierung von Standards.
Positive Signale
„Die Skepsis der Bürger bleibt auch aus diesen Gründen stark“, meint Püstow. „Positiv ist, dass die Nationale Plattform Mobilität im Dezember 2019 Handlungsfelder für die Implementierung autonomer Mobilität definiert hat, u. a. Typengenehmigungsverfahren und Infrastrukturdaten, und eine konzertierte Zusammenarbeit zwischen Industrie, Politik, Zivilgesellschaft, Bund, Ländern und Kommunen anmahnt.“