DLR-Studie: Wasserstoff auch für die Langstrecke eine Option
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt hat untersucht, welchen Effekt Sustainable Aviation Fuels und angepasste Flugprofile auf die Klimawirkung von Langstreckenflügen haben können.
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt hat im Forschungsprojekt Kuul die Klimawirkung verschiedener Treibstoffoptionen für die Langstrecke untersucht. Einige der Ergebnisse sind erwartbar, zumindest eins ist es nicht.
In dem Projekt haben die DLR-Teams fossiles Kerosin mit synthetischem Kerosin (SAF, Sustainable Aviation Fuels) und Flüssigwasserstoff verglichen. In die Untersuchung flossen außerdem angepasste Flugprofile mit ein, beispielsweise reduzierte Flughöhen und Reisegeschwindigkeiten. Dafür hat das DLR neue – auf den jeweiligen Treibstoff angepasste – Flugzeugtypen entworfen und deren Klimawirkung für einen Betriebszeitraum von 23 Jahren simuliert.
SAF: Keine neuen Flugzeugdesigns notwendig
Erwartbares Ergebnis: Für den Einsatz von SAF müssen keine komplett neuen Flugzeuge gebaut werden. „Unsere Untersuchungen zeigen, dass alleine durch einen Wechsel von Kerosin zu SAF die Klimawirkung um etwa 25 % verringert wird, ohne dass neue Flugzeuge erforderlich sind“, sagt Projektleiter Martin Hepperle vom DLR-Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik. „Die reine Klimawirkung der CO2-Emissionen reduziert sich sogar um 100 %, wenn SAFs CO2-neutral produziert werden. Das bedeutet, bei der Herstellung dieser Synthesekraftstoffe wird nur so viel CO2 abgegeben, wie zuvor durch Pflanzen oder andere Prozesse aus der Atmosphäre entnommen wurde.“
Zusätzlich könne durch die Verwendung von SAF die Wirkung sogenannter Nicht-CO2-Effekte reduziert werden, beispielsweise von Kondensstreifen-Zirren. Der Grund: weniger Rußpartikel im Abgasstrahl und damit weniger große Kristallisationskeime für Kondensstreifen. Allerdings verbleiben mit dem Wasserdampf und dem Stickoxid weiterhin Kristallisationskeime im Abgasstrahl. Daher kann laut DLR die Klimawirkung durch einen reinen Wechsel des Energieträgers nicht auf Null abgesenkt werden. Nicht-CO2-Effekte machen rund zwei Drittel der Klimawirkung eines Verkehrsflugzeugs aus.
Eine insgesamt geringere Klimawirkung erwarten die DLR-Teams bei der Verbrennung flüssigen Wasserstoffs (LH2). Hier entsteht kein Ruß und kein Stickoxid. Im Abgasstrahl verbleibt Wasser, dessen Klimawirkung noch erforscht werden müsse. „Doch auch hier müssen wir den Wasserstoff nachhaltig produzieren, also nicht aus fossilen Energieträgern“, sagt Hepperle.
Langfristig sind neue Flugzeugentwürfe notwendig
Eine größere Reduktion der Klimawirkung lässt sich laut DLR langfristig mit neuen Flugzeugentwürfen und angepassten Flugprofilen erreichen. „Wenn man zusätzlich zum Kraftstoffwechsel noch die maximale Flughöhe um bis zu 2000 m verringert, kann eine Verminderung der Klimawirkung um bis zu 70 % erreicht werden“, so Hepperle.
Allerdings müsse in dieser Flughöhe aufgrund der höheren Luftdichte auch die Flugzeugform angepasst und insbesondere die Flügelpfeilung verkleinert werden. Auch die Fluggeschwindigkeit müsste um bis zu 15 % reduziert werden. „Dies würde dann allerdings die Entwicklung neuer Flugzeuge erfordern“, erklärt Hepperle. Mit zunehmender Reduktion der Klimawirkung steigen jedoch die Betriebskosten an, da die Flugzeuge dann weniger Flüge pro Tag durchführen können. Zunächst nur wenig, dann aber immer rascher. „Hier muss langfristig ein Kompromiss zwischen Energiebedarf, Wirtschaftlichkeit und Klimawirkung gefunden werden“, sagt Hepperle.
Wasserstoff für Langstrecke eine Option
Anders als bei SAF würden sich wasserstoffbetriebene Flugzeuge laut DLR deutlich von heutigen Flugzeugen unterscheiden. „Vor allem das Tankvolumen sowie Integration und Sicherheit stellen für Langstreckenflugzeuge eine besondere Herausforderung dar“, erläutert Hepperle. Obwohl die Masse von Wasserstoff für die gleiche Energiemenge viel geringer als bei Kerosin oder SAF ist, wären größere und schwerere Tanks mit spezieller Temperaturisolierung sowie wesentlich komplexere Kraftstoffsysteme und neuartige Brennkammern in den Triebwerken erforderlich. Um die großen Wasserstofftanks unterzubringen, müsste auch der Rumpfdurchmesser vergrößert werden.
Allerdings zeigte sich entgegen den Erwartungen der Forschenden, dass Wasserstoff auch für die Langstrecke langfristig eine Option sein kann. Ein mit LH2 betriebenes Flugzeug benötigt etwas mehr Energie als eines mit SAF. „Berücksichtigt man aber den etwa 30 % geringeren Primärenergiebedarf bei der Produktion von LH2 im Vergleich zu SAF, zeigt sich ein Potenzial für diesen Technologiepfad“, sagt Hepperle. „Die großen technologischen Herausforderungen bei der Nutzung von LH2 erschweren allerdings eine Prognose, ob SAF oder LH2 langfristig klimafreundlicher und wirtschaftlicher auf der Langstrecke sein wird.“
Langstreckenflüge transportieren nur 10 % der Passagiere, vereinen aber 40 % der CO2-Emissionen des Luftverkehrs auf sich.