Elektromobilität: Lohnt es sich wirklich?
Die Elektromobilität überschwemmt die Automobilbranche regelrecht. Sie wird als umweltfreundliche und kostengünstigere Alternative zum allgemeinen Verbrennungsmotor angesehen. Jüngste Ereignisse hinterfragen diese Sicht der Dinge allerdings gründlich und geben Raum zur Diskussion.
Die Geschichte der Elektromobilität reicht weit zurück. Bereits in den 1830er Jahren entwickelte der schottische Erfinder Robert Anderson das erste Fahrzeug mit elektrischem Antrieb. Bekanntheit in Deutschland erlangte diese Konstellation aber erst 1888, als die Maschinenfabrik A. Flocken aus Coburg den ersten Wagen in Leichtbauweise mit einem Elektromotor ausstattete. In anderen Ländern entwickelten Tüftler und Ingenieure ebenfalls eigene Modelle. Parallel dazu legten zur selben Zeit Ingenieure wie Etienne Lenoir, der einen gasbetriebenen Motor mit 2 Zylindern konstruierte und Nikolaus August Otto, der dessen Erfindung zu einem 4-Takt-Motor weiterentwickelte den Grundstein für heutige Verbrennungsmotoren. Carl Benz und Gottlieb Daimler, die als Pioniere der Automobilbranche weltweites Ansehen genießen, nutzten diese Vorlage hier zu Lande, um Fahrzeuge mit Kraftstoffantrieb serienreif produzieren zu können. Während Fahrzeuge dieser Art zur Jahrhundertwende um 1900 florierten, fristeten Elektrofahrzeuge in Deutschland eher ein Schattendasein, weshalb diese Anfang des 20. Jahrhunderts zu einer Seltenheit im Straßenverkehr wurden. Erst über 100 Jahre später erlebt der elektrische Antrieb ein Comeback.
Ein Grund, um einen Vergleich verfügbarer Antriebsarten zu ziehen. Wer macht das Rennen: Der Elektroantrieb, der Verbrennungsmotor oder vielleicht sogar doch die Brennstoffzelle?
Ereignisse aus jüngster Vergangenheit
Besonders junge Menschen sollen für die Elektromobilität in all ihren Formen begeistert werden. Wer könnte sich da besser eignen als der Kultmotorradhersteller Harley Davidson? Im Januar dieses Jahres verkündete die US-Kultschmiede das Debüt ihrer ersten E-Motorrad-Reihe auf der Mailänder Motorradmesse EICMA, die das Unternehmen „LiveWire“ taufte. Der versprochene Anklang blieb allerdings aus. Nachdem die angestrebten Verkaufszahlen nicht erreicht wurden, erklärte der Hersteller den vorübergehenden Produktionsstopp der Serie. Der Grund dafür war aber nicht nur der ausbleibende geschäftliche Erfolg, sondern auch ein Problem technischer Natur. Die Aufladetechnik des 30.000 US-Dollar teuren Zweirads unterlag einigen Qualitätsmängeln, die bei der Kontrolle scheinbar nicht aufgefallen sind. Laut Angaben des Unternehmens wurde die Produktion nach zahlreichen Tests und Analysen inzwischen wieder aufgenommen.
Außerdem gerät auch der Vorzeige-Bolide Tesla häufig in die Kritik. Erst vor kurzem beschäftigen sich Wissenschaftler mit den Folgen der Entsorgung eines Unfallwagens in Österreich, die sich als sehr kritisch einstufen ließ.
Vorfälle wie diese sind nicht selten und werfen ein anderes Licht auf die als umweltfreundlich und langfristig kostengünstiger geltende Alternative des bisher bewährten Verbrennungsantriebs.
Reichweite und Akkuleistung
Das Preis-Leistungs-Verhältnis von Elektroautos und ihren Zweirad-Vertretern hängt zu aller erst von der Reichweite des verbauten Akkus ab. Je mehr Kilometer dieser im Durchschnitt zulässt, desto attraktiver wird der genannte Vergleich. Im Allgemeinen gilt jedoch ebenso: Je mehr ein Elektrofahrzeug fährt, desto schneller amortisiert es sich im Vergleich zu einem konventionellen Verbrenner. Dabei spielt es kaum eine Rolle, ob ein Diesel oder ein Benziner zum Vergleich herangezogen wird.
Ebenso von großer Bedeutung ist auch die Ladezeit, die ein Akku benötigt, um vollständig geladen zu sein. Hier gilt meistens der Regelsatz: Die Ladezeit hängt im Schnitt mit der Reichweite zusammen – je länger also die Ladezeit, desto weiter die Strecke, die zurückgelegt werden kann. Dazu gesellen sich aber noch zwei weitere Faktoren, nämlich die mögliche Leistung des Motors und das Fahrverhalten des Fahrzeugführers. Werden diese Kapazitäten ausgereizt, verringert sich unmittelbar die Reichweite. Es kommt also auf das Zusammenspiel zwischen Fahrverhalten, Akkukapazität, Ladezeit und nicht zuletzt auch auf die äußeren Umstände wie Witterungsverhältnisse an.
Elektromobilität und die Auswirkungen auf die Umwelt
Ein stark umworbenes Argument für den Umstieg auf die Elektromobilität ist immer wieder der Faktor Umweltfreundlichkeit. Besonders in Zeiten des Klimawandels wird besonders großer Wert auf die Reduktion der Freisetzung von Schadstoffen und Kohlenstoffdioxid gelegt. Was jedoch gerne als besser und sauberer scheint, ist oft eine fälschliche Annahme. Der ökologische Nutzen von Elektromobilität ist oft zurecht umstritten und wird stark diskutiert.
Der größte Streitpunkt bei diesem Thema ist in der Tat auf die Herstellung der Akkus zurückzuführen, die zum Betrieb der elektronischen Fahrzeuge benötigt werden. Die Produktion der verwendeten Lithium-Ionen-Batterien setzen im Umkehrschluss fast genauso viele Schadstoffe frei, wie ein Verbrennungsmotor während seiner gesamten Lebensdauer. Außerdem ist die Gewinnung für die Herstellung essentiellsten Lithiumcarbonats, dessen Hauptvorkommen sich in wüstenreichen Gebieten befinden, mit großem Energieaufwand sowie Staubaufwirbelungen verbunden und ist deshalb aus ethischer Sicht nicht gerade förderlich. Um an die benötigten Ressourcen zu gelangen, wird eine große Menge Wasser benötigt, welches direkt aus dem Grundwasser vor Ort entnommen wird. Dadurch werden umliegende ökologische Systeme und die Lebensgrundlage für viele Menschen in höchstem Grade beeinträchtigt.
Zu diesen Faktoren muss auch noch zwischen den Sicherheits- und Produktionsstandards der jeweiligen Herstellungsländer unterschieden werden. Je niedriger diese in den Fabriken sind, desto schädlicher wird die Produktion der Energiedepots.
Ausgeglichen soll dieser Minuspunkt scheinbar durch den nicht vorhandenen Ausstoß von CO2 während der Fahrt eines E-Autos werden. Während ein Verbrennungsmotor konstant Gase und andere Schadstoffe in die Luft abgibt, wird ein Elektroauto lediglich durch Elektrizität betrieben. Hierbei kommt es dann darauf an, aus welchen Quellen die Energie stammt. In Deutschland wird ein Großteil der Elektrizität noch immer aus Braunkohle und Atomkraftwerken gewonnen. Daraus resultiert, dass auch der Gebrauch eines augenscheinlich umweltfreundlichen Fahrzeugs nicht immer mehr CO2 oder andere Abfälle einspart, wie zunächst angenommen wird.
Wasserstoff: Eine echte Alternative?
Eine ebenso weit diskutierte Alternative zum konventionellen Verbrennungsmotor und zum Elektroantrieb, der in der Produktion und in der Anschaffung gleich mehrfach kostspielig werden könnte, bietet der Antrieb durch Wasserstoff-Zellen. Umfassend getestet, erweist sie sich jedoch als deutlich umweltfreundlicher und sicherer als die beiden Kontrahenten. Die Furcht vor einer potenziellen Knallgasreaktion, wie sie beim Vermischen von Sauerstoff und Wasserstoff vorkommt, wurde bereits 2003 durch eine Testreihe an der Universität von Miami widerlegt. Aufgrund der hohen Verflüchtigung von Wasserstoffmolekülen und der zu niedrigen Konzentration von Sauerstoff in unserer Atmosphäre, können sich die beiden Gase nicht schnell genug vermischen, um solch eine heftige Reaktion hervorzurufen. Dort wurde außerdem getestet, ob ein Wasserstoffauto, das Feuer fängt, gefährlicher sei als ein Fahrzeug, das mit herkömmlichem Benzin oder Diesel gefüllt ist. Hier stellte sich ebenfalls heraus, dass der Benziner völlig ausbrannte, während der austretende Wasserstoff nur in einer hellen Stichflamme aufgebraucht wurde. Wasserstoff selbst ist dementsprechend ebenso unschädlich für die Umwelt. Lediglich die Kompression und Lagerung des Wasserstoffs bereiten Herstellern und Forschern fortwährend Kopfzerbrechen. Zwar wurde die auftretende Diffusion des Wasserstoffs in den letzten Jahren bereits weitgehend reduziert, jedoch baut sich durch Erwärmung des verflüssigten Gases Druck im Inneren des Tanks auf. Dieser wird mit Hilfe von Überdruckventilen abgelassen und führt so zwangsläufig zu einer kontinuierlich reduzierten Menge Wasserstoff im Tank.
Aber auch hier stellt sich die Frage, ob das Tanken von Wasserstoff „grüner“ als fossile Brennstoffe oder normale Batterien und Akkus ist. Da Wasserstoff idealerweise mittels Elektrolyse hergestellt und dazu weiterhin Elektrizität benötigt wird, ist auch diese Variante abhängig von der Art und Weise, wie die gebrauchte Energie gewonnen wird.
Wasserstoff: Infrastruktur und Einflüsse auf die Umwelt
Viele Verfechter des Batterieantriebs plädieren auf die fehlende Infrastruktur der Wasserstofftankstellen, besonders im deutschen Raum. Laut verschiedenen Fachzeitschriften und Interviews mit Fachkundigen sei dies besonders auf die größeren Subventionen der Elektroautomobil-Marktwirtschaft zurückzuführen, die einen weiteren Ausbau der Wasserstoffzellen-Forschung zu Nichte machen würde.
Dabei erweisen sich die bisherigen Eigenschaften der Wasserstofftechnologie als besonders schonend für die Umwelt. Selbst austretender „Kraftstoff“ stellt keine Belastung dar, da sich die Wasserstoffatome binnen Augenblicken komplett verflüchtigen. Das einzige Manko, das dennoch immer wieder an vorderster Front auftritt, sind die hohen Ansprüche, die ein Wasserstofftank mit sich bringt. Aufgrund der hohen Verflüchtigungsgefahr diffundiert das Gas bei einem normalen Tank viel zu schnell. Das bedeutet, dass die winzigen Teilchen des Gases mühelos durch die mikroskopisch kleinsten Löcher austreten können. Um diesem Vorgang Einhalt zu gebieten, gibt es bereits jetzt doppelt und dreifach ausgekleidete Behälter, die das Gas zuverlässig an seinem Platz behalten. Wo das Gas einst in seinem Flüssigzustand bei minus 259 Grad Celsius gelagert wurde, ging man relativ schnell zur Gashaltung über, um weitere Probleme direkt im Vorfeld zu beheben.
Wenn in diesem Zusammenhang die Infrastruktur der vorhandenen und bedienbaren Wasserstofftankstellen verbessert würde, könnte auch dieses Problem relativ einfach gelöst werden. Die Auftankzeit eines Wasserstofftanks beträgt nur wenige Minuten und die Reichweite einer vollen „Wasserstoff-Batterie“ reicht bis zu 450 Kilometer. Mit einem flächendeckenden Netz an Zapfsäulen könnte der jährliche CO2-Ausstoß von PKW und LKW um einen signifikanten Wert reduziert werden.
Reichweite: Wasserstoff vs. Elektroantrieb
Im Vergleich zum Akku-betriebenen KFZ, bietet aber das Wasserstoff-betriebene Elektroauto respektive Vorteile. Der erste, besonders hervorstechende Grund, ist die Reichweite. Während elektrisch betriebene Fahrzeuge mit einer einzigen Akkuladung im Schnitt 300 bis 450 Kilometer zurücklegen können, sind bei Wasserstoff-betriebenen Fahrzeugen bereits bis zu 750 Kilometer möglich. Jedoch entwickelt sich dieser Trend auch beim elektrischen Vertreter. Dennoch muss auch hier erwähnt werden, dass in der Regel höhere Akkuvolumina oft mit längeren Ladezeiten einhergehen.
Um sich die Effektivität beider Parteien verdeutlichen zu können, wurden bereits mehrfach volle Testzyklen mit Kraftfahrzeugen beider Seiten durchgeführt. Gemessen von der Herstellung des Wasserstoffs bis zum „abfahren“ der vollen Ladung kam die Brennzelle nur auf eine Gesamtleistungsbilanz von 38 Prozent. Die Stromzelle hingegen gewann bei schneller Ladung mit einem Satz von gut 65 Prozent, bei schonender Aufladung des Akkus sogar mehr.
Daraus lässt sich schließen, dass zukünftig vermehrt auf Elektrofahrzeuge und die Reduktion des Eigengewichts, vor allem der Akkumulatoren gesetzt wird. Allerdings mit einem Wermutstropfen: Bei schwereren Fahrzeugen ist die zur Beschleunigung notwendige Energie dementsprechend hoch, sodass sich ein rein elektrischer Antrieb in vielen Heavy-Duty-Anforderungsprofilen als ineffizient erweist. Deshalb werden Verbrenner- oder Hybridantriebe vorerst unabkömmlich sein.
In diesem Sinne muss ebenso erwähnt werden, dass der CO2-Ausstoß bei der Herstellung von Wasserstoff- und Elektrofahrzeugen nicht zu unterschätzen ist und sich der CO2-Fußabdruck erst nach rund 150.000 km im Vergleich zu einem konventionellen Benziner relativieren würde.
Elektroauto contra öffentliche Verkehrsmittel
In verschiedenen Diskussionen wird ebenfalls angesprochen, dass öffentliche Verkehrsmittel eine umweltfreundlichere Alternative zu einem eigenen Fahrzeug darstellen. Das Argument, dass die öffentlichen Verkehrsmittel ein viel größeres Fahrgastaufkommen mit einer Fahrt bewältigen können, kommt natürlich uneingeschränkt zum Tragen. Die Strecke wird demnach nur von einem (größeren) Transportmittel zurückgelegt, statt von vielen einzelnen Automobilen der Passagiere. Trotzdem sollte stets hinterfragt werden, aus welchen Quellen die Energie zum Betrieb der jeweiligen Motoren bezogen wird. Ist der Bus ein Elektrobus, der mit Elektromotor und dazugehöriger Batterie bzw. Akku fährt?
Ist der Bus ein Elektrobus, der mit Elektromotor und dazugehöriger Batterie bzw. Akku fährt? Ist der Zug eine U-Bahn, die an das städtische Stromnetz angeschlossen ist? Es gibt zahlreiche Methoden, sich im Stadtverkehr von A nach B zu bewegen, und auch wenn die elektrisch fahrende Straßenbahn umweltgünstiger erscheint, so ergibt sich hier erneut das übergeordnete, selbe Problem. Abermals muss nachvollzogen werden, ob der genutzte Strom wirklich „grün“ und nachhaltig ist, oder ebenfalls aus der Verbrennung von Kohle und etwaigen anderen Ursprüngen gewonnen wird. Des Weiteren gibt es besonders bei Bus und Bahn noch immer Vertreter der alten Verbrennungsmotoren, die in ihrer Schadstoffbilanz kaum unterhalb des Autos eines Normalverbrauchers liegen.
Natürlich bedeutet das nicht, dass sämtliche öffentliche Verkehrsmittel, ob Nah- oder Fernverkehr, ausnahmslos bedenklich zu behandeln sind. Die Entfernung und die Zeit, die mit den jeweiligen Transportmitteln zurückgelegt werden, stehen auch hier noch immer im Fokus. Einen Fernbus in eine andere Stadt zu besteigen ist beispielsweise umweltfreundlicher und kostengünstiger auf allen Ebenen, als ein Flugticket zum selben Ziel zu buchen. Um die Frage individuell beantworten zu können, müssen zunächst die eigenen Ansprüche und leitenden Faktoren geklärt werden. Wer also täglich viel pendelt, oft von der einen Stadt in die andere fährt, für den erscheint ein Elektroauto oder zumindest ein Hybrid lohnenswert. Jemand, der sich lediglich auf die eigene Stadt fokussiert und den fahrbaren Untersatz nur hin und wieder zum Einkaufen oder um in den Urlaub zu fahren verwendet, wird voraussichtlich weniger Nutzen von der im Vergleich teuren Anschaffung haben.
Elektromobilität: Status Quo?
Schließlich zeigt sich, dass ein Elektromobilfahrzeug nicht immer die richtige Wahl ist. Allerdings kann sie genauso wenig grundlegend verkehrt sein. Vorausgesetzt, dass die Gewinnung von Strom aus nachhaltigen Quellen erfolgt, kann ein Batterie- bzw. Akku-betriebenes Auto in der Tat zu einem besonders einsparenden Erlebnis werden. Die Umwelt profitiert nachweislich ebenso von beispielsweise durch Wasserstoff angetriebenen Fahrzeugen, deren Treibstoffkomponenten sich als weitaus weniger gefährlich erweisen, als es der normale Benziner- und Dieselmotor je sein werden. Gerade im Falle eines Unfalls erweist sich der ungefährliche Wasserstoff als besonders begünstigend.
Wie sich der Verbraucher letztlich auch entscheidet: Es erscheint klar, dass die rund 47 Millionen Autos (Stand 2019) sich nicht von heute auf morgen in ein Elektro- oder Wasserstofffahrzeug umwandeln lassen.
Der sicherste und bei weitem ökologisch dankbarste Weg, morgens zur Arbeit zu fahren, ist und bleibt bis in naher Zukunft dennoch das gute alte Fahrrad. Wer jedoch nicht auf sein Auto verzichten möchte, darf wohl auch weiterhin in eine gemischte Zukunft blicken. Wenn sich die nachhaltige Energiegewinnung in Deutschland durchsetzt, werden sich Wasserstoff- und Akkuzellen zu gleichen Portionen den Markt teilen, um das Maximum beider Leistungsbilanzen auszuschöpfen.
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