Flottenaufbau im Zeichen maroder Infrastruktur: Die Bahn strebt nach Pünktlichkeit
Siemens Mobility lieferte kürzlich den letzten ICE-4-Zug „Spree“ an die Deutsche Bahn, deren Flotte nun vollständig ist. Trotz Fortschritten im Flottenausbau kämpft die Bahn weiterhin mit Verspätungen, hauptsächlich aufgrund von Infrastrukturstörungen.
Vor wenigen Tagen lieferte der Hersteller Siemens Mobility den letzten bestellten Zug an den bundeseigenen Konzern. Bahnchef Richard Lutz und Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) taufen ihn an diesem Dienstag in Berlin auf den Namen „Spree“. Mit insgesamt 137 Zügen ist der ICE-4-Fuhrpark der Bahn damit vollständig. Beim Ausbau seiner Fernverkehrsflotte kommt das Unternehmen aus Sicht von Fachleuten gut voran.
Seit 2017 hat sich die Anzahl der ICE-Züge bei der Deutschen Bahn mit der Auslieferung des letzten bestellten ICE 4 von damals rund 270 auf mehr als 400 erhöht. Bis 2030 soll diese Zahl weiter auf mehr als 450 Fahrzeuge steigen. Im gleichen Zeitraum ist geplant, das Durchschnittsalter der Fernzüge von derzeit 18 auf zwölf Jahre zu senken. Neben dem ICE 4 läuft seit über einem Jahr die Auslieferung des ICE 3 Neo, einer modernisierten Version des ICE 3. Bis 2028 sollen 90 dieser Züge in Betrieb sein. Des Weiteren ist für Ende dieses Jahres der Beginn der Auslieferung von 79 sogenannten ICE L geplant. „Ob die Flotte ausreicht, wird sich nachher im Betrieb zeigen“, kommentierte Detlef Neuß, Vorsitzender des Fahrgastverbands Pro Bahn.
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Infrastrukturstörungen verursachen Verspätungen
„Fahrzeugstörungen mit Auswirkungen auf die Pünktlichkeit sind im Vergleich zu 2017 um über 40 % zurückgegangen“, heißt es seitens des Konzerns auf eine dpa-Anfrage. Allerdings hat die Unpünktlichkeit der Züge sogar weiter zugenommen. „80 % der Verspätungen sind im letzten Jahr auf die Störungen der Infrastruktur zurückgegangen“, erklärte Neuß. „Marode Schienenwege, Signale, die nicht funktionieren, das ist eigentlich der Hauptgrund für die Verspätungen bei der DB AG.“
„Zwar machen neue Fahrzeuge den Betrieb stabiler“, ergänzte der Geschäftsführer des Interessenverbands Allianz pro Schiene, Dirk Flege. „Aber zur Verbesserung der Schieneninfrastruktur gibt es keine Alternative“, sagte er gegenüber der dpa.
Generalsanierung angesagt
In den kommenden Jahren plant die Bahn, das Thema mit der sogenannten Generalsanierung anzugehen. Bis zum Jahr 2030 sollen 40 stark frequentierte Streckenkorridore umfassend modernisiert und verbessert werden. Dies bedeutet zunächst zusätzliche Einschränkungen für die Fahrgäste, da die Strecken für die Bauarbeiten jeweils über mehrere Monate gesperrt werden. Der Beginn dieser Maßnahmen ist für diesen Sommer auf der Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim geplant. Im nächsten Jahr steht laut Angaben die Strecke zwischen Hamburg und Berlin an.
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45 Mrd. € Finanzbedarf
Die Bahn schätzt den Finanzbedarf für das Netz bis 2027 auf 45 Mrd. € ein. Ursprünglich hatte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) zugesagt, rund 40 Mrd. € zur Verfügung zu stellen. Allerdings sind diese Pläne aufgrund des Haushaltsurteils im vergangenen Jahr nicht mehr als gesichert anzusehen. Sollte weniger Geld zur Verfügung stehen, müsste die Deutsche Bahn bei der geplanten Generalsanierung des Netzes deutlich kürzertreten. Die Unpünktlichkeit würde weiterhin ein großes Problem darstellen. (dpa/ili)