Gesundheitsschädlichen Schiffsabgasen auf der Spur
In der Ostsee befindet sich ein neues Mess- und Warnverfahren für Schiffsabgase in der Praxiserprobung. Es dient der Detektion und der Fernüberwachung großflächiger Gebiete hinsichtlich nicht gesetzeskonformer Schiffstreibstoffe.
Der Seeweg dominiert den globalen Güterverkehr. 90 % aller Warentransporte erfolgen mittlerweile per Schiff. Dies zieht enorme Belastungen für die Umwelt und die küstennahe Bevölkerung nach sich, denn Schiffsabgase enthalten meist deutlich höhere Anteile an Schadstoffen als Abgase aus dem Straßenverkehr.
Klimaneutralität auf See ist das Ziel
Halten sich alle Reeder an die seit 2015 geltenden strengen Bestimmungen bei den Kraftstoffen? Das war bisher schwer zu kontrollieren
Um zumindest die Ausbreitung von schädlichem Schwefeldioxid einzudämmen, bestehen seit 2015 in einigen Meeresgebieten und Küstenzonen, wie Nord- und Ostsee oder dem Ärmelkanal, besondere Anforderungen an die verwendeten Schiffstreibstoffe. Ob diese gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden, ist jedoch nur schwer kontrollierbar. Hier kommt das Forschungsprojekt „Lukas“ ins Spiel. Im Rahmen dieses Projekts wurden an der Universität der Bundeswehr München neuartige, mobile Mess- und Warnverfahren für den Gesundheits-, Umwelt- und Katastrophenschutz entwickelt. Einsatzgebiet sind die Detektion und die Fernüberwachung großflächiger Gebiete hinsichtlich nicht gesetzeskonformer Schiffstreibstoffe. Nachdem das System bereits auf seine Seetauglichkeit erprobt wurde, erfolgte nun der Praxistest zu Land, zu Wasser und in der Luft.
Neuartige Messtechnik zur Detektion von Schadstoffausbreitungen
Kernstück von Lukas ist die vom Kooperationspartner Universität Rostock entwickelte Technologie der laserbasierten Einzelpartikel-Massenspektrometrie, mit der eine Vielzahl von Schadstoffen auf einzelnen Partikeln in Echtzeit nachgewiesen werden kann. Da jeder Treibstoff ein spezifisches chemisches Abgasmuster hervorruft, kann somit durch die Einsaugung einzelner Abgaspartikel auf den verwendeten Kraftstoff und das Abgasnachbehandlungssystem zurückgeschlossen werden.
Wie künftig Schiffe angetrieben werden
Ziel ist die Weiterentwicklung dieser Anwendung zum Mess- und Warnsystem. Dabei werden bis zu drei Messeinheiten miteinander vernetzt und über viele Kilometer Entfernung voneinander positioniert, um ein möglichst großflächiges Gebiet überwachen zu können. Schlägt das System Alarm, ermöglichen integrierte Wetterstationen eine Prognose der Schadstoffausbreitung und mithilfe von sogenanntem AIS-Tracking, einem weltweit operierenden Ortungssystem von Schiffen, die Identifizierung des Verursachers für Behörden.
Ein 12 m langes Luftschiff soll Umweltsünder auf See aufspüren
Lukas-Systeme sollen in der Lage sein, stationär an Land, aber auch auf sich bewegenden Schiffen eingesetzt werden zu können. Um Synergien zu nutzen, wurde eine Kooperation mit dem DFG-finanzierten Forschungsprojekt PlumeBaSe geschlossen. Dessen Projektpartner, das Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW), die Karls-Universität Prag und die Universität Rostock, erforschen die Auswirkungen schädlicher Schiffsabgase auf die Atmosphäre und die marinen Ökosysteme.
Im Rahmen dieser Kooperation wurde im Herbst 2022 die Seetauglichkeit des Lukas-Systems durch eine erste Erprobungsfahrt mit dem Forschungsschiff Elisabeth Mann Borgese unter Beweis gestellt. Im April 2023 kam es nun zu einer zweiwöchigen Ausfahrt mit dem Forschungsschiff in deutsche und dänische Ostseegewässer. Auch hier war Lukas wieder mit an Bord. Neben umfangreichen Wasseranalysen durch das IOW setzte die Karls-Universität Prag ihr einzigartiges, mit Aerosolmesstechnik bestücktes 12 m langes Luftschiff ein, um ausgewählte Partikeleigenschaften direkt in den Abgasfahnen von Schiffen zu messen. Neben den schiffsbasierten Messungen führte Lukas mit einem weiteren Messsystem stationäre Messungen an der Küste durch. Das bedeutet erstmalig den gleichzeitigen Einsatz beider Messprinzipien.
Schifffahrt fordert mehr klimafreundliche Kraftstoffe
Strenge Kraftstoffvorschrift auf Nord- und Ostsee halbiert Schadstoffausstoß
Bereits gut ein Jahr nach Einführung verschärfter Schwefelgrenzwerte für Schiffskraftstoffe im Jahr 2015 war die Luftschadstoffbelastung in Nord- und Ostsee erheblich zurückgegangen. Das ergab eine vom Nabu vorgestellten Studie. Demnach konnte durch die Verwendung höherwertiger Kraftstoffe der Schadstoffausstoß von Schiffsabgasen um mehr als 50 % gesenkt werden.