Hyperloop: Erste lange Teststrecke Europas ist fertig
Im vergangenen Sommer eröffnete die Technische Universität München Europas erste Hyperloop-Teststrecke in Originalgröße. Sie ist 24 m lang. Jetzt ist die erste längere Teststrecke fertig. Sie ist 420 m lang und steht in den Niederlanden.
Schießen wir in Zukunft mit 1000 km/h durch eine Röhre? In den USA wurde der erste Hyperloop gestoppt. Doch in den Niederlanden gibt es jetzt die erste lange Teststrecke in Europa. Wird das superschnelle Transportsystem Realität oder bleibt es eine Utopie?
Wird in den Niederlanden Geschichte geschrieben?
Dicke weiße Stahlrohre ziehen sich neben den Bahngleisen durch Veendam bei Groningen in den Niederlanden. Sie wirken wie riesige Strohhalme auf dem Feld. Hier, nahe der deutschen Grenze, könnte etwas Großes entstehen.
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Die Röhren bilden Europas erste lange Teststrecke für den Hyperloop. Dieses Transportsystem soll Menschen in Kapseln mit unglaublicher Geschwindigkeit befördern. 420 m ist die Teststrecke lang. Ende des Monats ist es so weit: Die ersten Kapseln sollen durch die Röhren sausen. Zunächst mit 80 km/h bis 100 km/h. Noch ohne Passagiere.
Für Sascha Lamme, Direktor des European Hyperloop Centers, ist das ein Meilenstein. Im Zentrum werden Technologien getestet: Weichen, Sicherheitssysteme. Es ist Teil eines europäischen Großprojekts, getragen von 25 Partnern und der EU.
Idee bereits über 100 Jahre alt
Die Idee ist mehr als 100 Jahre alt. Meistens sieht man ein solches Transportsystem jedoch in Science-Fiction-Filmen. Es ist wie Rohrpost für Menschen. Aus den Rohren wird die Luft abgesaugt. In diesem Vakuum gleiten Kapseln, auch Pods genannt, mit über 1000 km/h dahin. Angetrieben werden sie von Magneten.
Dieses System könnte ein Traum für Politiker, Stadtplaner, aber auch für Reisende sein: billig, energieeffizient, sauber, leise und komfortabel. In den Pods gibt es bequeme Sessel, leise Musik und WLAN.
Alternative zu Zug- oder Flugverkehr?
Elon Musk sah im Hyperloop eine erstklassige Alternative zu Bahn und Flugzeug. 2012 schrieb er einen Wettbewerb für Studenten aus. Studenten der TU Delft gewannen. Musk investierte schließlich nicht, aber die jungen Niederländer ließen nicht locker. Sie gründeten das Unternehmen Hardt Hyperloop und bauten die Teststrecke.
Doch die Vision stößt auf Hindernisse. Das bekannteste Projekt, Hyperloop One in den USA, wurde nach zehn Jahren eingestellt. Der Grund: zu teuer, zu kompliziert, zu groß. Davon aber lassen sich die jungen Niederländer nicht beirren. „Die Amerikaner wollten zu schnell zu viel Geld verdienen“, sagt Lamme. Und sie hätten nicht mit anderen zusammengearbeitet. „Wir aber können uns Zeit lassen und haben auch mehrere Partner.“
Ein Problem gibt es allerdings: Es gibt in Europa bereits ein Transportnetzwerk mit Hochgeschwindigkeitszügen und wer will da in ein komplett neues Netzwerk investieren? Dieses Problem ist auch Lamme bewusst: „Die Hochgeschwindigkeitszüge sind nicht wettbewerbsfähig“, sagt er. „Sie sind noch immer langsamer und teurer als Flugzeuge.“
In einer Stunde von Berlin nach Rom
Theoretisch könnten Reisen durch die Hyperloop-Röhre viel schneller sein. Von Berlin nach Rom in einer Stunde? Kein Problem. Sogar ein Abbiegen nach Paris wäre möglich. Dank Weichen auf der niederländischen Teststrecke. „Das ist ein Schlüsselstück“, betont Lamme. „ Denn das ganze System ist davon abhängig, dass man ein enges Netzwerk bauen kann.“
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Aber das Netzwerk muss erst gebaut werden. Und die Rohre sind optisch nicht gerade ein Highlight in der Landschaft. „Ach, notfalls kann man die ja grün anmalen“, argumentiert der Direktor vor. Alternativ könnten sie neben Autobahnen oder unterirdisch liegen.
„Es muss also einen europäischen Standard geben für den Hyperloop“
Doch es gibt Herausforderungen: Stahl reagiert auf Temperatur mit Ausdehnung oder Schrumpfung. Dies beeinträchtigt Anschlüsse und Bahnhöfe. Zudem muss die Luftdichtheit der Rohre gewährleistet sein, sonst entweicht das Vakuum. Und die Sicherheit? Wie schnell kommen Rettungsdienste in die Röhre?
Die Ingenieure bleiben optimistisch bezüglich Lösungen. Ein anderes Problem ist jedoch schwerer zu kontrollieren: In Europa neigt jeder dazu, sein eigenes System zu bevorzugen. Selbst 2024 sind Schienen und Züge nicht kompatibel.
„Es muss also einen europäischen Standard geben für den Hyperloop“, sagt Lamme. Erste Schritte sind gemacht, der Hyperloop ist Teil der EU-Strategie für nachhaltigen Transport. Bis 2030 könnte die erste echte Strecke für Menschen entstehen. (dpa/hoc)