Schienenverkehr 22. Jul 2016 Ralf Roman Rossberg Lesezeit: ca. 3 Minuten

Neues Radsatz-Testverfahren spart Millionen

Die Radsätze von Güterwagen unterliegen nach Gesetzesvorschrift regelmäßiger Prüfung mit Ultraschall. Ein neuer Ansatz verspricht Einsparungen in Millionenhöhe.

Das VPS-Mobil erreicht die Radsatzwelle von unten: Zwei Prüfköpfe leiten den Ultraschall aus vier Positionen in unterschiedliche axiale Richtungen ein, womit Materialfehler an jeder Stelle erkannt werden können.
Foto: Bethke

Allein die Güterbahn DB Cargo hat rund 90 000 Waggons im Einsatz. Je nach Ladegut werden ihre Radsätze alle zwei bis sechs Jahre „durchschallt“, außer den beiden Rädern auch die Achse, die Radsatzwelle, bei Güterwagen durchweg eine Vollwelle. Weil sie nicht ohne Weiteres zugänglich ist, müssen die Radsätze bisher ausgebaut und die Wellen auf dem Prüfstand untersucht werden.

Früher wurde der Wagen dazu von einem Kran angehoben und der Radsatz weggerollt. Meist wurde anschließend ein geprüfter Tauschradsatz eingefahren und wieder befestigt. Heute sind die Werke mit Achssenken ausgerüstet, in denen der Radsatztausch von unten bewerkstelligt wird. Trotzdem ist der Aufwand erheblich, vor allem wenn die Radsätze nicht an Ort und Stelle geprüft werden können, sondern erst noch zum Instandhaltungswerk transportiert werden müssen.

„Was heute noch zwei Wochen dauert, soll künftig in 20 min gehen“, sagt Stefan Bethke, der bei DB Systemtechnik im brandenburgischen Kirchmöser einem völlig neuen Ansatz bei der Ultraschallprüfung zur Anwendung verhilft: Mit seinem in den letzten drei Jahren entwickelten mobilen Vollwellenprüfsystem, abgekürzt VPS-Mobil, erübrigt sich der Ausbau der Radsätze, sie können damit im eingebauten Zustand geprüft werden.

„Das VPS-Mobil wird von einer in den Werken vorhandenen Untersuchungsgrube aus unter den Wagen geschoben, hebt den Radsatz leicht an und dreht ihn“, erklärt Bethke. „Die Prüfköpfe mit der Ultraschallvorrichtung erreichen auch verdeckte Bereiche unterhalb der Radsatzlager.“

Da die meisten Radsatzwellen beschichtet sind, werden sie vor der Prüfung mit Bürsten schonend gereinigt, ohne den Korrosionsschutz anzugreifen. „Mit der herkömmlichen Technik kostete die Prüfung eines einzelnen Radsatzes 1000 €“, so Bethke. „Mit dem neuen System fallen gerade einmal 100 € an.“ Statt zwei Wochen dauere die Prüfung eines Radsatzes jetzt – inklusive Rüstzeit, Justierung und Auswertung – nur noch 20 min. So werde auch eine Menge Zeit gespart, zumal, wenn der Transport wegfalle.

Statt zwei Wochen dauert die Prüfung eines Radsatzes nur noch 20 min

Seit Mai 2015 ist ein Prototyp des VPS-Mobils in Rostock auf einem Werkstattgleis im Einsatz. Dort wurden bisher 160 Radsätze „mobil“ geprüft. Die Ergebnisse stimmten weitgehend mit Vergleichswerten von ausgebauten Radsätzen in konventionellen Prüfanlagen überein.

Inzwischen hat DB Systemtechnik den mobilen Ansatz weiterentwickelt und in der Anwendung noch vereinfacht, durch den „VPS-Ring“. Zwei Prüfelemente werden damit ringförmig um die Radsatzwelle gelegt und in definiertem Abstand zueinander selbst gedreht, während die Welle stillsteht. Damit braucht der Radsatz nicht mehr angehoben zu werden, auch die Positionierung des VPS-Mobils mit seiner Drehvorrichtung erübrigt sich.

Das System wurde kürzlich beim Weltkongress für zerstörungsfreie Prüfung in München zum ersten Mal öffentlich vorgestellt. „Auch mit dieser Eigenentwicklung unterstreicht die DB Systemtechnik ihren Ruf als führender Prüfdienstleister im europäischen Bahnsektor“, unterstrich Hans Peter Lang, der Vorsitzende der Geschäftsführung. Die Konstruktion des VPS-Rings wurde zum europäischen Patent angemeldet. Ein Prototyp dieses Ringes soll bis Ende 2017 in den Praxistest gehen.

Zunächst will DB Cargo das neue System in der Güterwageninstandhaltung einsetzen. Bei den Personenwagen bieten sich vor allem die Doppelstockwagen mit Vollwellen an. Wegen der darauf aufgebrachten Bremsscheiben ist dafür noch eine Weiterentwicklung der Messeinrichtung nötig. DB Systemtechnik denkt jedoch schon weiter, wie Stefan Bethke sagt: „Wir haben vor, Prüfungen mit dem VPS-Ring auch auf dem freien Markt anzubieten.“

Die Nachfrage dürfte groß sein; denn außer den bahneigenen sind auch fast 75 000 private Güterwagen deutscher Halter unterwegs, insgesamt in Europa über 1 Mio. Alle ihre Radsätze müssen einheitliche europäische Kriterien erfüllen, also auch regelmäßig geprüft werden.

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