Neues Verfahren zur Methanherstellung
Schweizer Forschende arbeiten an einem neuen Konzept, um bei der Methanisierung mehrere Verfahrensschritte einzusparen.
Nachhaltig produzierte, synthetische Treibstoffe können dazu beitragen, die Klimaziele im Straßenverkehr zu erreichen. Gerade im Schwerverkehr sowie bei Viel- und Langstreckenfahrern sehen Fachleute hohes Potenzial – auch unter dem Gesichtspunkt, dass Bestandsfahrzeuge damit betrieben werden können und das bestehende Infrastrukturnetz genutzt werden kann.
Forschende der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) untersuchen nun im Mobilitätsdemonstrator „move“ ein vereinfachtes Methanisierungsverfahren: die sorptionsverstärkte Methanisierung. Von diesem neuartigen verfahrenstechnischen Konzept versprechen sich die Empa-Forschenden eine einfachere Prozessführung, einen höheren Wirkungsgrad und eine bessere Eignung für den dynamischen Betrieb.
Herkömmliche Verfahren
Die Methanisierung funktioniert folgendermaßen: Aus Kohlendioxid (CO2) und Wasserstoff (H2) wird mittels katalytischer Umwandlung Methan (CH4) und Wasser (H2O) erzeugt. Letzteres ist bei herkömmlichen Verfahren ein Problem: Um das Wasser abzuscheiden, braucht es typischerweise mehrere Methanisierungsstufen hintereinander – mit Kondensationsbereichen dazwischen. Aufgrund der hohen Temperaturen wird dabei außerdem ein Teil des entstandenen Wassers durch die Wassergas-Shift-Reaktion wieder in Wasserstoff zurückgewandelt. Das gasförmige Produkt der Methanisierungsreaktion enthält deshalb einige Prozent Wasserstoff, was eine direkte Einspeisung ins Gasnetz verhindert; der Wasserstoff muss zuerst wieder abgetrennt werden.
Sorptionsverstärkte Methanisierung
Die sorptionsverstärkte Methanisierung im „move“ verläuft dagegen einstufig und kommt ohne Wasserstoffabtrennung im Produktgas aus. Die Idee dahinter: Das Reaktionswasser wird während des Methanisierungsprozesses auf einem porösen Katalysatorträger adsorbiert. Dieser kontinuierliche Wasserentzug verschiebt das Reaktionsgleichgewicht hin zu einer nahezu 100 %igen Methanausbeute. „Das gasförmige Produkt kann also ohne zusätzliche Reinigung direkt ins Gasnetz eingespeist und zum Beispiel für das Betanken von Gasfahrzeugen genutzt werden“, erklärt Christian Bach, Leiter der Empa-Abteilung Fahrzeugantriebssysteme.
CO2 und Wasser aus der Umgebungsluft
Das CO2 für die Methanisierung und auch das Wasser für die Herstellung des Wasserstoffs werden mit einem CO2-Kollektor des ETH-Spin-offs Climeworks direkt vor Ort der Atmosphäre entnommen. Die Anlage saugt Umgebungsluft an, die CO2-Moleküle bleiben dabei am Filtermaterial hängen. Mittels Hitze – rund 100 °C – werden die CO2-Moleküle dann wieder vom Filter abgelöst. Beim Wärmebedarf für diese CO2-Desorption sehen die Empa-Forschenden weiteres Optimierungspotenzial. „Die Wasserstofferzeugung – wie auch die Methanisierung – generiert kontinuierlich Abwärme“, so Bach. „Über ein geschicktes Wärmemanagement wollen wir den Wärmebedarf des CO2-Kollektors zu einem möglichst großen Teil mit dieser Abwärme decken.“
Neben dem CO2 entzieht die Climeworks-Anlage der Luft auch Wasser, das über eine Kondensatleitung für die Wasserstoffherstellung in der Elektrolyseanlage verwendet wird. Damit sind solche Anlagen auch in Regionen ohne Wasserversorgung denkbar, beispielsweise in Wüsten.
Synthetische Treibstoffe aus der Wüste?
Bei der Umstellung unseres Energiesystems auf erneuerbare Energie gibt es eine große Herausforderung: Erneuerbare Quellen wie Sonne oder Wind stehen nicht immer und überall zur Verfügung. Im Winter haben wir auf der Nordhalbkugel zu wenig und im Sommer zu viel erneuerbaren Strom – auf der Nordhalbkugel. Auf der Südhalbkugel ist es umgekehrt. Doch es gibt auch Gegenden mit nahezu durchgehendem Sonnenschein – den sogenannten Sonnengürtel, in dem sich die großen Wüsten der Erde befinden. „Aus globaler Perspektive haben wir weltweit nicht zu wenig erneuerbare Energie, sondern ‚lediglich‘ ein Energietransportproblem“, sagt Christian Bach. Synthetische Energieträger könnten dieses lösen.
Ein Beispiel: Um den nicht durch Wasserkraft abgedeckten Energiebedarf der Schweiz im Winterhalbjahr sowie den gesamten inländischen Langstreckenverkehr ausschließlich mit (importierten) synthetischen Energieträgern zu decken, wäre eine Solaranlage in einer Wüste mit einer Fläche von circa 700 km2 nötig; das sind 27 km x 27 km oder – anders ausgedrückt – 0,008 % der Fläche der Sahara. Das für die Herstellung notwendige Wasser und das CO2 könnten vor Ort aus der Atmosphäre gewonnen werden. „Die bereits vorhandenen Handelsmechanismen, Transportinfrastrukturen, Normen und das Expertenwissen könnten dabei weiterverwendet werden“, meint Bach. Könnte die Anlage im „move“ also bald Vorbild für eine Gigawatt-Anlage in der Wüste sein?