Sanierungsstau
Die deutschen Schleusen und Wasserstraßen sind in einem erbarmungswürdigen Zustand. Nicht nur die Binnenschifffahrt kommt das teuer zu stehen.
Binnenschiffer in Deutschland leiden unter dem chronischen Investitionsstau auf den Wasserstraßen. Über die Hälfte der insgesamt 170 Schleusen im Kernnetz von Rhein und Neckar sowie im Ruhrgebiet müsste nach Ansicht des Bundesverbandes der deutschen Binnenschifffahrt in den kommenden 20 Jahren komplett neu gebaut werden.
Schon das allein wäre ein vernichtendes Urteil. Aber die Mängelliste geht weiter. Wehre, Böschungen, Spundwände: An allen Ecken und Ufern entlang des insgesamt 7300 km langen Netzes von schiffbaren Flüssen und Kanälen bröckelt es. So etwas passiert, wenn man die Instandhaltung vernachlässigt.
Würde alles besser, wenn der Staat nur genügend Geld für die Sanierung bereitstellte? Mitnichten. „Das Nadelöhr sind nicht die Finanzen, sondern die Planungskapazitäten“, erläutert Hermann Poppen von der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS). „Uns fehlen 500 Ingenieure – mindestens.“ Und ob die sich der Wasserinfrastruktur zuwenden würden, sei angesichts deutlich attraktiverer Angebote aus der boomenden Baubranche fraglich.
Das Ergebnis: Sanierungsstau. „In den letzten 20 Jahren wurden gerade einmal sieben Schleusen ersetzt. Diese Zahlen verdeutlichen den großen Handlungsbedarf“, sagt Fabian Spieß vom Bundesverband der deutschen Binnenschifffahrt. Vereinzelt ist Besserung zumindest ansatzweise erkennbar. Im Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2030 hat das Bundesverkehrsministerium die Budgetplanung für Unterhalt, Neu- und Ausbau der Wasserwege auf 24,2 Mrd. € verdoppelt. Heißt: Jährlich sollen statt 1 Mrd. € künftig 2 Mrd. € für die Wasserstraßensanierung zur Verfügung stehen.
Der BVWP sieht im Rahmen von insgesamt 22 Projekten Sanierungsarbeiten vor – so auch auf der meistbefahrenen künstlichen Seeschifffahrtsstraße der Welt, dem Nord-Ostsee-Kanal. Rund 263 Mio. € sind für dessen Vertiefung vorgesehen. Seiten 20 bis 22