Modernisierung der US-Luftbetankung 01. Apr 2020 Von Peter Steinmüller Lesezeit: ca. 2 Minuten

US-Tankflugzeug KC-46 ist nicht ganz dicht

Neuer Ärger um die Boeing KC-46 Pegasus: Das Tankflugzeug der US Air Force hat Probleme mit Leckagen im Betankungssystem.

Ok, Boomer: Ein Tankflugzeug vom Typ Boeing KC-46 Pegasus übergibt Treibstoff an einen Tarnkappenbomber Northrop Grumman B-2. Mit der Steuerung des Tankauslegers (Boom) gibt es ungelöste Probleme.

Foto: U.S. Air Force photo by Christian Turner

Wie alles Anfing: Im Jahr 1923 betankt ein Doppeldecker der US-Armee einen anderen. Die untere Maschine konnte so 37 Stunden in der Luft bleiben.

Foto: AF.mil/Public Domain

Ein Tankflugzeug vom Typ Boeing KC-135 betankt einen Atombomber des Typs Boeing B-52 D während des Kalten Krieges. Die Einführung der B-52 gab den Anstoß zur Entwicklung von strahlgetriebenen Tankflugzeugen.

Foto: US Government/Public Domain

In den 1950er Jahren setzte die US Air Force zunächst Propellerflugzeuge als Tanker ein, hier eine Boeing KC-97. Sie betankt eine Boeing RB-47 Stratofortress, einen strategischen Aufklärer. Aufgrund der unterschiedlichen Geschwindigkeiten war der Flug in Formation extrem gefährlich.

Foto: USAF/Public Domain

Flugzeuge mit geringer Reichweite wie Jäger und Jagdbomber sind besonders auf Luftbetankung angewiesen. Hier betankt eine Boeing KC-135 Stratotanker zwei General Dynamics F-16 der US Air Force.

Foto: United States Air Force/Public Domain

Europäische Streitkräfte setzten auf Schlauchverbindungen statt auf das Auslegersystem der US Air Force. Hier nähern sich im Jahr 1984 zwei McDonnell Douglas Phantom F.3 der Royal Air Force einem Tankflugzeug Vickers VC10 an.

Foto: US Navy/Public Domain

Die sowjetischen Luftstreitkräfte nutzten ausschließlich die Betankung via Schlauch. Das Gemälde stellt die Treibstoffübergabe von einer umgerüsteten Transportmaschine der Fluggesellschaft Aeroflot vom Typ Iljuschin Il-76 an einen strategischen Bomber Tupolew Tu-95 dar.

Foto: Richard J. Terry/Public Domain

Eine Luftbetankung ist eine sehr gefährliche Angelegenheit, weil die Flugzeuge sich auf wenige Meter einander nähern müssen. Hier wird ein Tarnkappenbomber Northrop B-2 betankt.

Foto: U.S. Air Force photo by Staff Sgt. Jordan Castelan

Die europäische Konkurrenz zur Boeing KC-46 ist der Airbus MRTT. Hier betankt er ein Transportflugzeug Airbus A400M.

Foto: Airbus

Der Airbus A400M hat einen fest montierten Luftbetankungsstutzen hinter dem Cockpit. Mit dem Typ besitzt die deutsche Luftwaffe erstmals ein Transportflugzeug, das während des Fluges Treibstoff aufnehmen kann.

Foto: Henri Cambier/Public Domain

Das Militär hält sich mit Erläuterungen zurück, stuft die Mängel aber in Kategorie 1 ein. Sie bezeichnet Probleme, die das Leben der Besatzung bedrohen oder zum Verlust des Flugzeugs führen können. Die aktuellen Probleme bestehen bereits seit Juli vergangenen Jahres.

Boeing zufolge handelt es sich um Leckagen im mehrstufigen Dichtungssystem. Gemäß den Verträgen mit der US Air Force muss der Flugzeugbauer den Mangel auf eigene Kosten beseitigen. Das Tankflugzeug wird schon länger von ähnlich schwerwiegenden Pannen geplagt. Im vergangenen Herbst hatte sich herausgestellt, dass sich die Verriegelungen zum Sichern von Fracht während des Fluges öffnen konnten. Zuvor waren bei der Abnahme durch das Militär Werkzeug und Schrauben in geschlossenen Abteilungen des Flugzeugs gefunden worden.

Blinder Fleck beim Betankungsvorgang

Ungelöst sind die Probleme mit Remote Vision System. Es soll den Bediener des Tankauslegers unterstützen, wenn er das Teleskoprohr in die Tanköffnung des empfangenden Flugzeugs steuert. Das System aus Kameras und Sensoren der KC-46 hat aber einen toten Winkel, was den Betankungsvorgang sehr gefährlich macht.

Anfang März gab David Goldfein, Stabschef der US Air Force, vor einem Senatsausschuss bekannt, dass er die KC-46 nicht in Dienst stellen würde, es sei denn, es käme zu einem „High-end“-Konflikt mit ebenbürtigen Feinden – ein Euphemismus für einen Krieg mit China oder Russland.

Die andauernden Probleme mit der KC-46 gefährden den Zeitplan der US Air Force, die bis zum Jahr 2023 knapp 30 Tankflugzeuge der Typen KC-10 und KC-135 aussondern will. Der letztere Typ steht bereits seit mehr als 60 Jahren im Dienst der US-Luftstreitkräfte. Mit ihm wurde das Luftbetankungssystem mit dem Teleskoprohr eingeführt, was bei hohen Geschwindigkeiten Vorteile gegenüber der Treibstoffübernahme durch einen vom Tankflugzeug abgerollten, ungelenkten Schlauch hat. Die KC-135 waren eingeführt worden, um den Atombombern vom Typ Boeing B-52 Stratofortress eine quasi unbegrenzte Reichweite und Flugdauer zu ermöglichen.

Airbus bietet eine Alternative an

Die KC-46 beruht auf dem Passagierjet Boeing 767, die US Air Force bestellte 179 Flugzeuge im Jahr 2011 für rund 30 Mrd. €. Es gibt auch Aufträge aus dem Ausland, so genehmigte Anfang März die US-Regierung die Ausfuhr von acht Maschinen im Wert von mehr als 2 Mrd. € an Israel. Airbus, das bei der Ausschreibung in den USA gegen Boeing unterlegen war, bietet mit dem MRTT eine Alternative an. Der Name Multi-Role Tanker Transport zeigt bereits, dass der Typ sowohl für Fracht- als auch für Tankmissionen umgerüstet werden kann. Bis jetzt sind davon 60 Maschinen bestellt und 41 ausgeliefert worden, so von der Luftwaffe, von Frankreich, Großbritannien und Südkorea. In der Version A3R verfügt der Airbus MRTT über ein vollautomatisiertes Betankungssystem, das den Ausleger mit Unterstützung von Sensoren mit dem Einfüllstutzen des zu betankenden Flugzeugs koppelt. An ähnlichen Verfahren wird auch in den USA gearbeitet (s. VDI nachrichten 4/5-20).

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