3D-Druck erschafft Hightech-Helm und Mars-Mobil für Fahrradfahrer
Die Berliner Innovationsberatung nFrontier baut mithilfe der additiven Fertigung das abgespacte E-Bike „Uila“ sowie den Fahrradhelm „Pylo“, der bisher ungekannte Sicherheitsfeatures bietet.
Was ist denn das!? Ist es ein Mobil für Marsmissionen? Oder eine Raumfähre aus dem Star-Trek-Universum? Weder noch. „Uila“ ist ein E-Bike! Und so viel ist sicher: Wer mit den vermeintlich eckigen Rädern durch die Stadt surrt, wird alle Blicke auf sich ziehen.
Noch ist Uila (samoisch für „Blitz“) lediglich ein Prototyp, entwickelt von der Innovationsberatung nFrontier. Doch die Berliner sind fest entschlossen, das vierrädrige Gefährt auf die Straßen dieser Welt zu bringen. „Wir wollen allen Berufspendlern und Touristen eine nachhaltige Mobilität ermöglichen“, so Stephan Beyer, Chief Venture Officer des Unternehmens.
Die Reichweite des E-Bikes Uila liegt bei 60 km bis 70 km
Zur Technologie: Angetrieben wird Uila von zwei Radnabenmotoren an der Hinterachse. Jeder hat eine Leistung von 250 W. Ihre Energie beziehen sie aus einem Akku mit einer Kapazität von 1200 Wh. Die Reichweite liegt laut nFrontier bei 60 km bis 70 km.
Gedrucktes Fahrrad bietet Fahrspaß dank Form mit Funktion
Ambitionierte Sportler könnten die maximale Strecke aber erweitern. Dazu ist ein pedalbetriebener Aktuator verbaut. Gemeint ist eine Art Dynamo, der den Stromspeicher speist. Experten sprechen in diesem Zusammenhang von „Chainless Drive“, also einem kettenlosen Antrieb.
Verzögert wird mit zwei unabhängigen, hydraulischen Bremskreisläufen. Die Bremsscheiben sind montiert an den vier 20-Zoll-Rädern.
Die maximale Geschwindigkeit liegt bei 25 km/h, die Gesamttraglast bei 250 kg. „Es können also zwei erwachsene Personen bequem hintereinander sitzen“, erklärt Geschäftsführer Daniel Büning. „In dem Fall bietet die optionale Transportbox noch ausreichend Raum für eine Getränkekiste.“ Alternativ könne der hintere Sitz auch kurzerhand zum Stauraum umfunktioniert werden. „Dann verdreifacht sich das Transportvolumen etwa.“ Wem das noch nicht reiche, der könne sich eine Anhängerkupplung montieren lassen.
Die Verkleidung von Uila lässt sich individuell gestalten
Basis von Uila ist ein stabiler Rohrrahmen aus Aluminium. Verkleidet wird er mit Kunststoffteilen aus dem 3D-Drucker. Deren Optik können Käuferinnen und Käufer mitbestimmen. Dabei geht es nicht nur um die Farbe, auch die Form ist individualisierbar. Möglich macht das ein selbstentwickelter Konfigurator. Büning: „Darin enthalten ist beispielsweise ein Schieberegler, bei dem stufenlos zwischen einer eher runden Anmutung und einem kantigen, aggressiveren Auftritt gewählt werden kann.“ Gedruckt werde in Deutschland. Auf den Markt rollen soll Uila in etwa einem Jahr. Der Preis wird dann laut Büning „signifikant unter 10 000 €“ liegen.
Fahrradhelm Pylo schützt auch das Gesicht
Früher am Start ist eine weitere fahrradnahe Innovation von nFrontier: der Helm „Pylo“ (abgeleitet griechisch: Helm). Seine Besonderheit: Er beherbergt einen Airbag für das Gesicht. „Bisherige Helme bewahren bestenfalls vor Schädel-Hirn-Traumen“, erläutert Büning. „Verletzungen im Gesicht kommen aber viel häufiger vor. Genau da setzen wir mit unserer Innovation an.“
Die Funktionsweise: Integrierte Beschleunigungssensoren überwachen laufend die Bewegungen des Radlers. Werden kritische Werte überschritten – etwa bei einem Sturz oder einer Kollision – füllen sich zwei Luftkissen innerhalb einer Zehntelsekunde und schießen vor das Gesicht.
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Doch das ist nicht alles: Pylo ist obendrein mit vier Lidarsensoren ausgestattet, die das gesamte Umfeld des Fahrers überwachen. „Nähert sich beispielsweise von hinten ein Lkw, ertönt im Kopfhörer eine richtungsdimensionale Warnung“, so Büning.
Wie bitte, Kopfhörer im Straßenverkehr? „Kein Problem“, so Beyer. „Die Buds verfügen über einen Transparentmodus. Umgebungsgeräusche können also problemlos wahrgenommen werden. Sie werden sogar verstärkt.“
In Zukunft wollen die Berliner zusätzlich ein aktives Warnsystem integrieren. Der Plan: In Lkw sollen Empfänger integriert werden, die ein Signal vom Helm empfangen. Tödliche Unfälle beim Rechtsabbiegen der Brummis könnten so verhindert werden.
Das Gewicht von Pylo ist kaum größer als das von klassischen Fahrradhelmen. Statt Hartschaumstoff sorgt nämlich eine sehr leichte, additiv gefertigte Wabenstruktur für die Stoßabsorption. „Der 3D-Druck ermöglicht uns außerdem, das Gitter genau dort zu verstärken, wo im Falle eines Unfalls in der Regel die meiste Energie einwirkt. Wir sprechen hier von digitaler Materialität.“
3D-gestricktes Textil sorgt für Tragekomfort beim Helm Pylo
Für Tragekomfort sorgt ein 3D-gestricktes Textil. Es schirmt die Wabenstruktur vom Kopf ab und garantiert neben einer ausreichenden Belüftung auch einen guten Sitz.
Genau wie bei Uila soll auch Pylo individualisierbar sein. „So kann beispielsweise das Muster des Bremslichts, das ebenfalls an die G-Sensoren angeschlossen ist, weitgehend frei gewählt werden“, so Büning. Die Form hingegen sei fix.
Der Preis des Fahrradhelms dürfte bei rund 300 € liegen
Und der Preis? Den bestimmt letztlich der Hersteller. nFrontier liefert beim Pylo lediglich das Know-how. „Aber ganz günstig wird es wohl nicht“, räumt Beyer ein. „Mit rund 300 € muss man rechnen.“