Bivalenter Ofen kann Energiekosten in der Industrie senken
Betreiber industrieller Guss- und Warmhalteöfen sind von schwankenden Strompreisen betroffen. Durch Umschalten zwischen Strom und Gas im täglichen Betrieb, könnten sie die jeweils kostengünstigste Energie nutzten. Zudem ließen sich damit Lastspitzen im Stromnetz reduzieren.
Bei der Produktion von Gussteilen ist der hohe Energieverbrauch von Schmelz- und Warmhalteöfen ein wesentlicher Kostenfaktor. Er ist abhängig von den Preisen der eingesetzten Energieform. Um möglichst kosteneffizient produzieren zu können, sollten die Gießerein ihren Energieverbrauch flexibel gestalten. Der Grund: Der Preis für Strom schwankt im Tagesverlauf deutlich – beispielsweise durch unterschiedliche Auslastungen des Stromnetzes oder durch das volatile Einspeisen von Energie aus erneuerbaren Ressourcen. Das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) entwickelt deshalb gerade gemeinsam mit Partnern einen Ofen in bivalenter Ausführung. Das heißt, er erlaubt einen dynamischen Wechsel zwischen den Energieformen Gas und Strom, um die jeweils kostengünstigste Energieform nutzen zu können.
Druckguss: hochproduktiv und energieintensiv
Im Visier hat das Team zunächst den Druckguss. Der Druckguss ist eines der wirtschaftlichsten Formgebungsverfahren. Mit nur einer Form lassen sich damit schnell Hunderttausende von Gussteilen herstellen. Der Nachteil: Das Produktionsverfahren ist äußerst energieintensiv.
Einen Großteil des Energieverbrauchs verursachen Tiegelöfen, in denen Metallbarren aufgeschmolzen werden, um anschließend mit hohem Druck und hoher Geschwindigkeit in eine metallische Form gepresst zu werden. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts lag der Gesamtenergieverbrauch der deutschen Leichtmetallgießereien im Jahr 2019 bei 4,4 TWh.
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Ein energieflexibler Betrieb soll nun die Kosteneffizienz der Branche erhöhen. Wie das mit dem neuen Ofenkonzept möglich wird, erklärt Alexander Mages, Wissenschaftler am Fraunhofer IPA in Stuttgart: „Üblicherweise werden solche Öfen mit nur einem Energieträger betrieben – entweder mit Brennstoffen wie Gas und Öl oder alternativ mit Strom. Bivalente Tiegelöfen hingegen können im Betrieb dynamisch zwischen Strom und Gas wechseln.“ Ein solches Konzept gebe es bislang nicht. „So kann der Energiebedarf des Tiegelofens in beliebigen Betriebszuständen mit unterschiedlichen Energieträgern gedeckt werden“, hebt er hervor.
Bivalenter Tiegelofen ist bereits im Betrieb
Das Forscherteam hat dazu zusammen mit den Partnern Hindenlang GmbH, Bark Magnesium GmbH sowie dem Institut für Energieeffizienz in der Produktion (EEP) der Universität Stuttgart verschiedene Beheizungskonzepte modelliert, das Anlagenkonzept durch thermische Simulationen optimiert und die bivalente Ausgestaltung eines Tiegelofens umgesetzt. Der Tiegelofen ist Bestandteil eines Anlagenparks inklusive Stanzen, Pressen und CNC-Maschinen in der Druckgießerei Bark Magnesium GmbH. Laut Fraunhofer IPA wurde er im April 2023 erfolgreich getestet und im Mai in Betrieb genommen. In der Gießerei werden darin Magnesiumblöcke, sogenannte Masseln, aufgeschmolzen.
Wechsel von Strom auf Gas im laufenden Ofenbetrieb
Beim Energieträgerwechsel im laufenden Produktionsprozess muss die Schmelze konstant auf einer Betriebstemperatur gehalten werden. Das übernimmt nun der bivalente Ofen. Der schaltet auf Gasbetrieb, wenn der Strompreis besonders hoch ist – etwa durch regelmäßige Verbrauchsspitzen morgens oder abends. Bei niedrigen Preisen hingegen wird auf Strombetrieb geschaltet. „Eine energieflexible Stromnachfrage kann einen erheblichen Beitrag bei der Neuausrichtung unseres Stromsystems hin zu einer erneuerbaren Energieerzeugung leisten. Industrieunternehmen haben einen Anteil von 44 % am Gesamtstromverbrauch“, verdeutlicht Mages.
Die Umschaltung zwischen Strom und Gas kann manuell am Steuergerät erfolgen oder automatisiert über ein Signal auf Hallennetzebene. Ebenso besteht über die Hallennetzanbindung die Möglichkeit, den Wechsel durchzuführen, nachdem ein Signal des Stromanbieters eingegangen ist. „Durch den Wechsel des Energieträgers muss der Auftragsstart nicht in Zeiten verschoben werden, wenn der Strompreis niedrig ist. Ebenso wenig müssen Pausenzeiten im Schichtbetrieb angepasst werden. Dies sind übliche Maßnahmen, um Energieflexibilität zu erreichen“, erläutert der Forscher einen weiteren Vorteil des bivalenten Ofens.
Entwickelt wurde der Ofen im Rahmen des Kopernikus-Projekts SynErgie II, mit Fördermitteln vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Das Folgeprojekt SynErgie III ist bereits beantragt. In diesem soll der Ofen inklusive Beheizungs- und Netzkonzept optimiert werden. Mithilfe von thermischen Messelementen ermitteln die Projektpartner Parameter wie die Temperaturverteilung im Ofen, um so Rückschlüsse auf die Energieeffizienz zu ziehen. Geprüft wird auch, ob sich der Ofen mit Wasserstoff betreiben lässt.
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