Der Mann, der nicht der Erste war
Buzz Aldrin, zweiter Mensch auf dem Mond, wird 90.
Edwin Aldrin ist so etwas wie das Bayer Leverkusen der Raumfahrt. Der Nasa-Astronaut und der Fußballklub sind beide bekannt dafür, nicht die ersten gewesen zu sein. Leverkusen als Serienzweiter aller relevanten Wettbewerbe. Aldrin als Mann im Schatten des großen Neil Armstrong, der als erster Mensch den Mond betrat und deshalb unsterblich ist. Aldrin kletterte die Leiter der Landefähre 19 Minuten nach Armstrong hinunter, aber wären es 19 Jahre gewesen, hätte das auch keinen Unterschied gemacht.
Heute, am 20. Januar 2020, wird Aldrin 90 Jahre alt. Mit seiner Rolle als „Ewiger Zweiter“ hat er – auch öffentlich – gehadert. Er sei „furchtbar enttäuscht“ gewesen als die Nasa sich für Armstrong entschieden hat.
Meister der Verdrängung
Aldrin wurde als jüngstes von drei Kindern geboren. Weil seine Schwester das Wort „brother“ nicht aussprechen konnte und stattdessen „buzzer“ sagte, hieß Edwin fortan Buzz. Nach seinem Maschinenbaustudium an der Militärakademie West Point und seiner Promotion wurde er 1963 ins Mondprogramm der Nasa aufgenommen.
Er sah sich als funktionierenden Piloten, als Befehlsempfänger. Er flog zum Mond, obwohl sich kurz vor der großen Mission, Apollo 11, seine Mutter umgebracht hatte. „Sie war depressiv, sie hatte Angst vor der Öffentlichkeit, vor dem Trubel, der nach der Mondlandung über sie hereinbrechen würde. Es gab keinen Brief. Ich habe das verdrängt“, sagte Aldrin später.
Den großen Moment im Juli 1969 verfolgten hunderte Millionen vor dem Fernseher. Während Armstrong und Aldrin beide landeten, umkreiste ein dritter Nasa-Astronaut, Michael Collins, den Mond.
Lebensaufgabe: Rückkehr zur Erde
Aldrin fiel in den Jahren nach der Mondlandung in die „Melancholie der erfüllten Aufgabe“. Er kehrte zur Luftwaffe zurück, war aber mit seinen Aufgaben unzufrieden. Er wurde wegen Depressionen behandelt, war alkoholkrank und erlitt einen Nervenzusammenbruch. Drei Ehen scheiterten. „An einem Tag bist du der große Held und am nächsten sitzt du im Auto und bekommst von einem Polizisten einen Strafzettel“, fasst er zusammen. „Es ging in meinem Leben also nicht so sehr um die Reise zum Mond, sondern um die Rückkehr zur Erde.“
Beruflich ließ Aldrin wenig unversucht. Er gründete eine Raumschifffirma, beriet Rohstoffkonzerne, verkaufte Cadillacs und machte Werbung für Volkswagen.
Aldrin ist heute für seine Probleme bekannt, aber auch für seinen offensiven Umgang damit. Er setzte sich öffentlich für den Kampf gegen Depressionen und Alkoholismus ein. „Das ist zwar nicht das, was ich für mein Leben erwartet hatte, aber wenn die Dinge auseinanderfallen, muss man sie wieder zusammensetzen“, sagte er.
Regelmäßiger Konferenzgänger
Heute ist Aldrin noch immer fit. Er besucht Raumfahrtkonferenzen wie den Internationalen Astronautenkongress (IAC) und gilt als wenig schüchtern im Bezug auf Wortmeldungen. Immer wieder plädiert er dafür, den Weltraum kommerziell zu nutzen.
Der Mond bleibt in seinem Kopf. Er denke noch immer jeden Tag an die Landung, sagt er. Allerdings schickt er dem einen Seitenhieb an seinen Berufsstand hinterher. „Ich werde immer ganz krank, wenn Kollegen in ihren Büchern schreiben, dass sie von oben auf die Erde geblickt und keine Grenzen und keine Kriege gesehen hätten. Wir hatten so viel zu tun, waren so konzentriert, alles andere ist Verklärung“, sagte Aldrin in einem Interview.