Diese sechs Megatrends entscheiden über die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie
Der Kosten- und der Effizienzdruck auf Unternehmen sind gestiegen. Wo sich nun neue Wettbewerbschancen eröffnen, zeigt die aktuelle Studie „Next Generation Manufacturing“ von Roland Berger.
Industrieunternehmen stehen vor einer Zeitenwende. Jahrzehntelang bewährte Strategien, Kosten zu senken, Qualität zu steigern und so Gewinnspannen zu erwirtschaften, stoßen zunehmend an Grenzen. „Der Blick auf die Wettbewerbsfähigkeit in der verarbeitenden Industrie wandelt sich von einer hauptsächlich kostenorientierten zu einer holistischen Sichtweise, bei der auch CO2-Emissionen, politische Risiken oder die gestiegene Komplexität von Lieferketten eine viel größere Rolle spielen“, erklärt Marcus Berret, Global Managing Director bei Roland Berger. „Unternehmen, die ihre Produktion nun neu ausrichten, bietet sich die Chance, sie von einer Belastung in einen Wettbewerbsvorteil zu verwandeln.“
Das belegen auch die Zahlen der aktuellen Studie „Next Generation Manufacturing“ des Beratungsunternehmens. Danach gaben 67% der 200 befragten Führungskräfte aus zehn Schlüsselbranchen an, das verarbeitende Gewerbe sei einem starken Druck in Bezug auf Effizienz und Kostensenkung ausgesetzt. Etwas mehr als die Hälfte der Befragten (51%) würde daher die Herstellung im eigenen Haus am liebsten einstellen und ihr Anlagevermögen reduzieren (Asset-Light-Modell). Oliver Knapp, Partner bei Roland Berger, sagt dazu: „Die Unternehmen möchten zwar den Fokus auf Vertrieb und Marketing legen und die eigentliche Montage auslagern.“ Er mahnt jedoch: „Dieses Vorgehen würde aber nur die Probleme der ‚alten‘ Welt lösen. Das Outsourcing der Produktion kann Unternehmen sogar eher schaden.“ Eine Neugestaltung der Produktion unter Berücksichtigung von Megatrends, wie Nachhaltigkeit, Regionalisierung oder Individualisierung, schaffe hingegen Wettbewerbsvorteile.
Nachhaltigkeit steht bei Megatrends weit vorne
Insgesamt sechs relevante Trends für die Fertigungsindustrie wurden in der Studie identifiziert: Nachhaltigkeit, Regionalisierung, Populismus, Disruption der Industrie, Individualisierung und Digitalisierung. Laut Roland Berger stellen sie zwar alle die Unternehmen zunächst vor Herausforderungen. Sie verschaffen ihnen aber auch die Chance, sich von Wettbewerbern abzuheben und ihre Produktion langfristig neu auszurichten. Als bedeutendste Entwicklung wurde das Thema Nachhaltigkeit identifiziert. Hinzu kommt verstärkt die Regionalisierung: Produktionsstätten werden näher an Heimatmärkte verlagert, etwa aufgrund von anfälligen Lieferketten oder weil Konsumenten einen höheren Wert auf regionale Produkte legen. Auch das politische Umfeld verschärft sich in vielen Ländern und stellt Risiken für verarbeitende Unternehmen dar. Darüber hinaus verändern disruptive Technologien Herstellungsverfahren, Produkte und Konsum. Als fünfter Megatrend gilt die Individualisierung, die schon länger mit Konzepten wie Industrie 4.0 adressiert wird. Hier sieht die Studie einen wachsenden Bedarf an individualisierten oder gar einzigartigen Produkten. Die Folge: Die Anzahl der zu produzierenden Variationen wächst. Zudem durchdringt die Digitalisierung alle Bereiche der Wirtschaft und wird auch die Fertigung umgestalten.
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Große Unternehmen sehen eher Chancen in den Megatrends
Der Umfrage zufolge fühlen sich Führungskräfte von Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 500 Mio. $ zwar sehr viel häufiger unter Druck als kleinere Firmen. Allerdings erkennen die größeren Unternehmen in den sechs Trends auch eher eine Chance zur Umgestaltung der Fertigung. Vor allem in Fernost sind Firmenchefs von den Möglichkeiten der gegenwärtigen Trends für die Neugestaltung der Produktion überzeugt: In China liegt dieser Wert bei 86% und in Asien (ohne China) bei 81%. In der EU galt das für 71% der Befragten und in den USA für 67%. Kapp folgert daraus: „Um ein Hersteller der nächsten Generation zu werden, können Unternehmen verschiedene Hebel bedienen. Zunächst gilt es, das Produktionsnetzwerk zu überdenken. In der Fertigung sollten sie wachsende Nachhaltigkeitsanforderungen verankern und digitale Produktionstechnologien einsetzen.“ Beim Umstrukturieren ihres Lieferantennetzes sollten Unternehmen nach seiner Ansicht neue Partnerschaften und Formen der Zusammenarbeit etablieren.
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