FABRIK DER ZUKUNFT 19. Apr 2018 Simone Fasse Lesezeit: ca. 3 Minuten

Digitaler Zwilling steuert Produktion

Echte Knöpfe und Regler verlieren zunehmend an Bedeutung. 3-D-Visualisierungen werden zur Benutzeroberfläche, mit der Maschinen bedient werden.

Augmented Reality wird künftig mehr sein als ein Marketing- und Montagetool. Die Visualisierungen könnten zum Bedienelement werden.
Foto: CAD Schroer

Die Umformpresse wiegt 1,5 t und ist 2 m hoch. Mit einer Presskraft von 15 t kann sie Bauteile lochen, tiefziehen und beschneiden. Mit Sensoren überwacht sie sich dabei selbst. Ermittelt werden etwa Kräfte, Wege oder Dehnungsraten. Die Informationen werden jedoch nicht einzeln ausgewertet, sondern in ein softwarebasiertes Analysemodul gespeist, wo die Daten fusioniert und nach Bedarf ausgewertet werden.

„Smart Stamp“ heißt das Modul, das einen virtuellen Zwilling, also ein digitales Abbild der Presse darstellt. Auf der Hannover Messe wird die Presse vom Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik (IWU) gezeigt. Besucher können erleben, wie Bediener Zugriff auf produktionsrelevante Daten erhalten. Ein möglicher Weg führt dabei über die Augmented Reality. Dabei wird das aktuelle, reale Umfeld um virtuelle Informationen angereichert. Angezeigt werden sie beispielsweise auf einem Tablet-PC oder via Datenbrille.

Einen alternativen Weg bietet die Virtual Reality (VR). Dabei taucht der Mitarbeiter mit seinem Headset komplett in eine abgeschlossene, virtuelle Umgebung ein – und sieht die Infos nur dort.

„Die lückenlose Überwachung von Prozess, Maschine und Werkzeug bietet die Möglichkeit, die Verfügbarkeit von Maschinen zu steigern, ihre Lebensdauer zu erhöhen und die Einarbeitungszeiten von Werkzeugen signifikant zu verkürzen“, erklärt Tino Langer, Hauptabteilungsleiter am Fraunhofer IWU.

Das virtuelle Abbilden realer Produktionsumgebungen mithilfe von AR oder VR gewinnt nach Expertenmeinung an Bedeutung. Die Management- und Technologieberatung Accenture hat deshalb unlängst Mackevision übernommen, einen Serviceanbieter von Computer Generated Imagery (CGI). Der Dienstleister sei in der Lage, digitale Abbilder von Maschinen zu erstellen, zu veredeln und mittels AR und VR immersive Anwendungen zu entwickeln.

Diese Lösungen seien zum Teil sehr komplex, erläutert Patrick Vollmer, Geschäftsführer Industrial Equipment bei Accenture. Aus Sicht von Vollmer komme digitalen Zwillingen und ihrer Visualisierung durch AR/VR „eine Schlüsselrolle für die digitale Transformation“ zu. Der Digital Twin ermögliche die Virtualisierung von Fertigungsabläufen und somit viele Vorteile bei Entwicklung, Tests, Simulationen oder Planung, aber auch in der Interaktion mit Industrierobotern. 3-D-Visualisierungen via AR oder VR könnten so zu einer „Benutzeroberfläche“ für das Internet der Dinge werden. „Wir interagieren künftig immer häufiger mit virtuellen 3-D-Modellen statt mit zweidimensionalen Menübildschirmen oder einfachen Knöpfen und Reglern. Unsere Eingaben werden im Digital Twin gespeichert und von dort in die reale Welt – etwa eine Maschine – weitergegeben“, so der Experte.

Diese Tendenz hat auch CAD Schroer, Entwickler von CAD-Lösungen für den Maschinen- und Anlagenbau, erkannt. „Unsere Lösungen boten schon immer die Möglichkeit der virtuellen Begehung an“, sagt Geschäftsführer Thomas Schubert. „In den letzten drei Jahren haben wir unser Portfolio auf AR- oder VR-Lösungen für mobile Endgeräte ausgeweitet.“ Schubert sieht, dass die Bedeutung von immersiven Technologien in der Industrie immer weiter steigt. „Der Bedarf liegt aktuell noch stärker in den Bereichen Marketing und Vertrieb.“ Hier könne jede Firma durch den Einsatz der 3-D-Visualisierungen die Präsentation der eigenen Produkte deutlich verbessern und sich von der Konkurrenz abheben. „Erste Projekte zeigen aber auch schon den Einzug dieser Technologien in den Planungs- und Servicebereich.“

Alissia Quaintance berät und begleitet mit ihrer Firma IQ Gemini Unternehmen bei der Umsetzung von digitalen Innovationen. Sie sieht vor allem einen Anstieg im Bereich der VR. Die Technologie werde immer zum selbstverständlichen Teil der digitalen Unternehmensstrategie. „Firmen entwickeln inzwischen konkrete Businessmodelle, in denen VR einen hohen Nutzen bietet, etwa für Trainings im Hochsicherheitsbereich.“ Zurückhaltender ist die Expertin in Bezug auf AR. „Für Augmented Reality sehen wir im Moment noch nicht die eine überzeugende Brille, hier braucht es noch viel Entwicklungsarbeit.“

Einen Stammplatz in der Industrie erarbeitet sich derzeit Microsoft mit der Hololens, für die immer mehr Anwendungen entwickelt werden. Michael Zawrel, Senior Product Manager bei Microsoft Deutschland, sieht enorme Vorteile darin, dass im Headset die leistungsstarke Recheneinheit bereits integriert sei. Anders als bei derzeit verfügbaren Devices werde auch kein Kabel benötigt. „Virtual Reality ermöglicht genaue fotorealistische Darstellungen, was in verschiedenen Trainings- oder Wartungssituationen wichtig sein kann. Wenn es aber darum geht, mit einer mobilen Technologie und in einem sensiblen Umfeld ohne Kabel und möglichst mit zwei freien Händen zu arbeiten, ist die Hololens sehr gut geeignet.“ Auch Zawrel sieht im Industriesegment viele Chancen. „Es fehlt in Deutschland nicht an digitalen Zwillingen, die dafür nötigen Daten sind in vielen Unternehmen vorhanden. Viel wichtiger ist es, diese digitalen Zwillinge nun sinnvoll zu nutzen und zu visualisieren.“

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