Energiewende: Unternehmen bringen Gleichstromnetze in die Fabriken
Gleichstrom kann den Energiebedarf der Industrie reduzieren, das haben zwei Forschungsprojekte zur DC-Industrie herausgearbeitet. Nun sollen die Lösungen in die Praxis überführt werden.
Was erfolgreiche Forschung für Unternehmen bedeuten kann, zeigt sich aktuell bei der Entwicklung von Gleichstromnetzen für die Industrie. Noch vor dem Abschluss des entsprechenden Forschungsprojektes „DC-Industrie 2“ im März 2023 wurde Ende vergangenen Jahres die „Open Direct Current Alliance“ (ODCA) gegründet. Arbeitsauftrag: die Erkenntnisse aus der Forschung in die Praxis zu überführen.
Die ODCA ist im Verband der Elektro- und Digitalindustrie ZVEI angesiedelt und hat im Januar ihre Arbeit aufgenommen. Die 37 Mitglieder aus Industrie und Wissenschaft wollen damit die Gleichstromtechnik anwendungsübergreifend etablieren und ein weltweites Gleichstromökosystem aufbauen. Bei der Gleichstromtechnik in Industrieanlagen handelt es sich beispielsweise um entsprechende Motoren, Umrichter und Schaltgeräte.
Weshalb Gleichstrom (DC – direct current) inzwischen als wichtige Alternative zum Wechselstrom in Fabriken gesehen wird, machen Zahlen aus den zwei Forschungsprojekten deutlich. Demnach sank beispielsweise der Energiebedarf der Anlagen um bis zu 10 %. Zugleich wurde etwa 50 % weniger Kupfer für die Leitungen benötigt. Ein Vorteil ist die einfache Anbindung erneuerbarer Energieträger: Beispielsweise können Solarpanele auf den Fabrikdächern genutzt werden, um Warenfluss und Handhabungsprozesse mit Strom zu versorgen. Dabei spricht man auch von einer Sektorenkopplung. Der ZVEI erwartet durch die Kopplung der besonders klimarelevanten Sektoren „Gebäude und Mobilität“ hohe Effizienzgewinne. „Gleichstrom ist für eine nachhaltige Energiewende unerlässlich“, sagt Dominik Maihöfner, Projektmanager im ZVEI.
DC-Industrie: Forschungsprojekt mit vielen Partnern
Frank Maier, als CTO beim Antriebsspezialisten Lenze für Forschung und Entwicklung verantwortlich, hat die Entwicklung der DC-Industrie-Projekte von Anfang an begleitet. Er gibt offen zu, dass er anfangs angesichts der Größe des Konsortiums mit damals 27 Partnern Bedenken hatte: „Wenn ich da die Verträge unterschrieben habe, bekam ich einen Schreibkrampf. Und meine Prognose ganz am Anfang war: Hey, das wird ja nie was!“ Diese Einschätzung hat er längst revidiert.
Im Kontext der Nachhaltigkeitsziele der Europäischen Union war für Maier noch eine andere Erkenntnis prägend. „Wir können nicht nur einen direkten Beitrag zur Energieeffizienz leisten, sondern auch indirekt über eingesparte Rohstoffe“, erklärt er gegenüber VDI nachrichten. Zunächst habe aber die Energieeffizienz im Fokus gestanden. Ein Ergebnis der Forschung: Je nachdem, ob Dinge durch elektrische Antriebe horizontal oder vertikal bewegt wurden, konnte der Energiebedarf zwischen 3 % und 15 % reduziert werden. Anders ausgedrückt: Gerade bei Hochregallagern lohnt sich die Gleichstromtechnik, wenn beim Absenken von Waren Bremsenergie in Strom statt Wärme umgewandelt wird.
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