Industrie 16. Feb 2024 Von Martin Ciupek Lesezeit: ca. 3 Minuten

Fernwartung per Augmented Reality: Darauf müssen Unternehmen bei der Einführung achten

Bei der Wartung per Augmented Reality Hilfe aus der Ferne zu bekommen, das ist bei manchen Unternehmen schon Alltag. Woran solche Projekte scheitern können, beschreibt jetzt eine aktuelle Studie der Frankfurt UAS.

Augmented Reality kann technische Unterstützung aus der Ferne liefern. Doch technisch wie organisatorisch ist bei der Umsetzung erfolgreicher Lösungen einiges zu beachten.
Foto: panthermedia.net/ekkasit919

Wenn das Personal vor Ort nicht mehr weiter weiß, kann es sich per Augmented Reality (AR) fachkundige Hilfe hinzuziehen. Dabei werden benötigte Informationen direkt in das Sichtfeld, beispielsweise auf eine zu reparierende Anlage projiziert. Das Fachpersonal muss also nicht selbst vor Ort sein. Infolgedessen lassen sich somit Reisezeit und Kosten einsparen. Doch so einfach ist es meist nicht und erfordert einige Vorarbeit. Zu dem Ergebnis kommt jetzt eine Studie der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) im Maschinen- und Anlagenbau. Dazu hatten die Forschenden mit Unterstützung des Branchenverbands VDMA 130 Unternehmen zu ihren Erfahrungen befragt.

Kollaborative Software sorgt bei Remote AR für die intuitive Kommunikation

Dirk Stegelmeyer, Leiter der Forschungsgruppe Applied Research in Industrial Service (Apprise) sowie Professor für Service Engineering, erklärt: „Remote AR bezeichnet die Übertragung eines Live-Fehlerbildes in einem Video-Stream, der mit virtuellen Hinweisen angereichert wird.“ Durch eine kollaborative Software werde es dabei möglich, die physisch getrennten Experten und Expertinnen mit einem Techniker an einer Anlage oder mit Kundenpersonal zu verbinden. Zum Einsatz kommen dabei Smartphones, Tablets oder Datenbrillen. Die Verbindung erfolgt etwa über eine Hotline für technischen Kunden-Support oder mit dem eigenen Servicepersonal.

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Ohne eine gute Vorarbeit ist das aber kaum möglich. Maike Müller, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Forschungsgruppe Apprise, berichtet: „Mit der Anschaffung von Softwarelizenzen ist es bei der Einführung von Remote AR bei Weitem nicht getan, denn Remote AR funktioniert nicht ‚plug-and-play‘.“ So ihr Team zu dem Ergebnis, dass Unternehmen bei der Implementierung Anpassungen am Geschäftsmodell, den Serviceverträgen und den operativen Serviceprozessen vornehmen müssen und somit ein ganzheitliches Change Management erforderlich ist. „Um diese organisationalen Veränderungen neben der technischen Implementierung zu bewerkstelligen, braucht es zwingend Unterstützung durch das Topmanagement, beispielsweise für die Einbindung weiterer Stakeholder aus Forschung und Entwicklung oder Marketing und Sales“, betont Müller.

Passt der Funktionsumfang der AR-Technologie zu den Bedürfnissen im Service?

Eine Erkenntnis der Befragung: Unternehmen, die kein Remote AR implementiert haben oder aber mit der Implementierung nicht zufrieden sind, gaben in der Befragung häufiger an, dass sie den Funktionsumfang der Technologie für weniger relevant für die Erbringung ihrer Services halten. „Entscheidend ist also der konkrete Anwendungsfall“, stellt Müller fest. Zudem fehlen den Unternehmen oft die Ressourcen zur Einführung, insbesondere Beschäftigte, die das Implementierungsprojekt letztlich durchführen. Laut der Forscherin wurde die Bereitschaft der Kunden hinsichtlich Mitwirkung, Nutzerakzeptanz, Zugang zur installierten Basis und Datenverbindungen von Non-Adoptern ähnlich eingeschätzt wie von jenen Unternehmen, die Remote AR erfolgreich implementiert haben. „An der fehlenden Kundenbereitschaft liegt es also nicht“, lautet daher ihr Fazit.

Augmented Reality kann Optimierung der Produktion hemmen

Damit die Umsetzung sich für ein Unternehmen lohnt, hat Müller folgenden Tipp: „Wir raten Unternehmen, die künftig Remote AR nutzen wollen, einen Anwendungsfall zu finden, für den der Funktionsumfang von Remote AR auch einen Mehrwert bietet. Ebenso sollten sie die Implementierung ernst nehmen und eine Priorisierungszusage des Managements einholen.“ Sei ein lohnender Anwendungsfall nicht zu erkennen, sollte auf den erheblichen Aufwand der Implementierung besser verzichtet werden.“ Das ist auch deshalb besonders wichtig, da gescheiterte Projekte das Thema Remote AR auf Jahre verbrennen“, stellt Müller abschließend zu den Handlungsempfehlungen der Forschungsgruppe fest.

Whitepaper mit den Erkenntnissen zu Remote AR

Rund 95 % der 130 befragten Unternehmen sind mittelständische Hersteller von Maschinen und Anlagen. Darüber hinaus beteiligten sich Software-, Service- oder Handelsunternehmen. 71 % der teilnehmenden Personen waren zum Zeitpunkt der Befragung im unteren oder mittleren Management des After-Sales-Services tätig. Die Studie wurde kooperativ an der University of Huddersfield durchgeführt. Erste Ergebnisse sind jetzt in einem Whitepaper zusammengefasst. Dieses steht zum kostenlosen Download bereit:

www.frankfurt-university.de/pdf-whitepaper-RemoteAR

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