Druckmaschinenbau 29. Mai 2024 Von Stephan W. Eder Lesezeit: ca. 6 Minuten

Drupa 2024 zeigt Hightech für den grünen Druck von morgen

Die Messe Drupa öffnete diese Woche ihre Pforte. Aussteller zeigen neben technischen Innovationen, wie Druck nachhaltiger werden kann.

Messestand auf der Drupa 2024.
Foto: Stephan W. Eder

Das Druckgeschäft weltweit steht seit jeher unter einem starken Wettbewerbsdruck. Auf der Drupa, der Weltleitmesse für die Branche in Düsseldorf, zeigen die Aussteller daher vor allem, wie der Alltag auf dem Printfloor – den Maschinenhallen der Druckereien – noch effizienter werden kann. Lange Jahre ging es vor allem um die Druckgeschwindigkeit – bei den großen Bogenoffset-Maschinen steigerte sich das von 12 000 über 15 000 bis 18 000 Bögen pro Stunde. Mit erst halb automatischem, heute auch vollautomatisch, robotergestützem Plattenwechsel. Die deutschen Hersteller Koenig & Bauer und Heidelberger Druckmaschinen reizen das inzwischen ebenso technologisch aus wie die Konkurrenz, etwa die japanische Komori. Oder sie bieten maßgeschneiderte Lösungen, sodass die einzelne Druckerei sich aus dem Massenmarkt abheben kann. Dieser Trend konsolidiert sich seit vielen Jahren.

Hinzu kommt die Digitalisierung, denn die Druckmaschinenhersteller sind, was durchgehend digitalen Workflow in den Druckereien und den Einsatz von digitalen Zwillingen anbelangt, so etwas wie Pioniere im Maschinenbau. Schon 2004 verband zum Beispiel Heidelberger Druckmaschinen erstmals eine Druckmaschine mit dem Internet. Heute hat der Hersteller einen sehr guten Überblick, wie es seinen Maschinen im Feld gerade geht – egal wo auf der Welt die stehen. Und das sieht bei den anderen Herstellern inzwischen nicht anders aus.

Fachkräftemangel treibt Digitalisierung

Was den Druck auf die Druckereibesitzer zur Effizienzsteigerung durch Automatisierung und Digitalisierung noch weiter verschärft, ist der Fachkräftemangel. Hier hilft zum Beispiel ein voll automatisierter Wechsel der Druckplatten im klassischen Offset. Und eine Bedienung, die weitgehend automatisiert erfolgt und einfach ist. Fernziel ist – wie in anderen Bereichen der Industrieproduktion – im Endeffekt also eine „Lights-out-Factory“. Die Druckbranche ist da heute schon sehr nah dran, würde ein Druckereibesitzer seine Hallen nur mit neuester Technologie ausstatten.

In der Druckindustrie herrscht seit Jahren Arbeits- und Fachkräftemangel, das zeigt auch die Branchenumfrage 2023 des Bundesverbands Druck + Medien (BVDM). Neben steigenden Arbeitskosten gehört der Fachkräftemangel für mehr als die Hälfte der Betriebe zu den größten Herausforderungen. Hinzu kommen hohe Energiepreise sowie bürokratische Belastungen.

Druck ist globaler Wachstumsmarkt

Maschinenhersteller wie Diensteanbieter oder auch Softwareentwickler bedienen dabei einen sehr global ausgerichteten Wachstumsmarkt – immer noch. Der Druck, das ist seit vielen Jahren die Botschaft, ist längst noch nicht tot. Mehr als 837 Mrd. € setzte die Branche im vergangenen Geschäftsjahr um. „Unsere Industrie wächst und hat auch Zukunft“, sagt Thomas Schiemann, VDMA-Geschäftsführer, Fachverband Druck- und Papiertechnik.

Drupa 2024. Stand von Durst, Labelprinting-Maschine. Foto: Stephan W. Eder

Branchenanalysten gehen in einer aktuellen Studie davon aus, dass die weltweite Druckindustrie in den kommenden fünf Jahren inflationsbereinigt durchschnittlich um 2,1 % jährlich wächst. In den fünf Jahren zuvor waren es 1,1 %. Aber das Wachstum verlagert sich von Zeitungen, Zeitschriften und Werbematerialien hin zu Verpackungen, Etiketten und personalisierten Druckerzeugnissen. Auch kein neuer Trend, aber dafür umso beständiger.

In Deutschland erwirtschaften die rund 6900 Druck- und Medienunternehmen 2023 rund 17,6 Mrd. €. „Deutschland hat nach wie vor den größten Zeitungsmarkt Europas, Mailings sind das wichtigste Marketinginstrument des Handels, der Markt der Verpackungen wächst und jeder Supermarkt ist eine Leistungsschau der Druckindustrie“, charakterisiert Kirsten Hommelhoff, Hauptgeschäftsführerin des Branchenverbands BVDM, die dort beheimatete Industrie und die Dienstleister.

Besonderer Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit ist heute neben Effizienzsteigerung und Digitalisierung der wichtigste Baustein im Drucksektor für den Geschäftserfolg. Bedarfsgerechte Produktion, reduzierte Ressourcenverbräuche und optimierte Druckprozesse werden die gesamte Branche in Zukunft prägen, ist sich Andreas Pleßke, CEO bei Koenig & Bauer,  sicher. „Bei uns gilt, dass Nachhaltigkeit auch gleichzeitig niedrigere Kosten bedeutet. Kaum ein Thema beschäftigt uns im Rahmen der Drupa 2024 und im gesamten Maschinen- und Anlagenbau so sehr wie das Thema Nachhaltigkeit, und das nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch gesehen.“

Drupa 2024. Stand Koenig & Bauer. Foto: Stephan W. Eder

Wenn also heute bei der Druckstudio GmbH im Süden Düsseldorfs Aldi seine Wurfsendungen drucken lässt, dann unter anderem darum, weil die Druckerei seit 2007 ihren gesamten Betrieb auf erneuerbare Energien umgestellt hat, klimaneutral ist und auch in den anderen Bereichen wie der Druckchemie auf Grün setzt. Großkonzerne, ob Einzelhandel, Lebensmittelkonzerne oder Automobilhersteller, wollen mit Fug und Recht sagen können, dass sie penibel darauf geachtet haben, dass ihre Zulieferer grün sind. Also sind die Druckereien als Dienstleister gefragt. Diese Konzerne landen denn auch bei dem Unternehmensgründer Werner Drechsler, der sich schon lange fragt, warum nicht mehr der Mitbewerber auf Grün setzen. „Ökologisch ist ökonomisch. Qualität, Wirtschaftlichkeit und die umweltfreundliche und energieeffiziente Herstellung von Druck­produkten können Hand in Hand gehen“, sagt Drechsler.

Nachhaltigkeit ist eine technologische Herausforderung

Drupa 2024. Messestand Epson, Textildruck. Foto: Stephan W. Eder

Dabei steckt der Teufel in puncto Nachhaltigkeit oft im Detail – und erfordert ganz neue Ideen. Im Touchpoint Sustainability – einem eher unscheinbaren, aber sehr lohnenden Bereich der Halle 14 der Düsseldorfer Messe, sind kleine Exponate zu sehen, die zeigen, woran die Branche so tüftelt und in welche Richtungen gedacht wird. Der japanische Inkjetspezialist Epson, der sich grüne Technologie seit vielen Jahren auf die Agenda schreibt, ersann schon vor Jahren das sogenannte Paperlab: eine Maschine, die gebrauchtes Papier trocken zerschreddert und die entstandenen Fasern dann nach einem besonderen Verfahren zu einer neuen Matrix komponiert, quasi Faser für Faser aufeinanderlegt. Dieses Rohsubstrat wird dann verdichtet, so dass ein neues Papier entsteht.

Paperlabs für Papiere gibt es schon einige – aber nicht viele. Denn immer noch tüfteln die japanischen Ingenieure an der Technik. „Dry Fiber“ nennt Epson generell diesen Technologieansatz. Und zur diesjährigen Drupa wollten die Konzernverantwortlichen kein Exemplar mitbringen, obwohl das in früheren Zeiten schon mal anders war. Die Neuheit aus Japan in diesem Jahr steckt nämlich in einem Glaskasten: Kleider, Haute Couture, vorgestellt bei der Fashion Week in Paris in diesem Frühjahr. Nicht aus Papier, sondern aus recyceltem Stoff. Schließlich besteht auch Stoff aus Fasern – wie Papier; oder Pappe. Es gebe auch schon ein gut funktionierendes Paperlab für Papperecycling, so Epson.

Drupa 2024. Exponat von Epson beim Touchpoint Sustainability. Haute-Couture-Kleidungsstück aus recycelten Stoffen auf Basis von Epsons Dry-Fiber-Technologie. Foto: Stephan W. Eder

Aber Stoffe sind eine andere Herausforderung. Angesichts dessen, dass der Textildruck ein großer Wachstumsmarkt für die Inkjetbranche und damit auch für Epson ist, ist der Ansatz hoch spannend und unter dem Blickwinkel der Nachhaltigkeit folgerichtig. Allerdings sind Stoffe wesentlich unterschiedlicher als Papierfasern. Kunstfasern, Pflanzenfasern und tierische Fasern – um im Idealfall aus einem trocken geschredderten Fasersalat maschinell einen Faserfloor zu entwickeln, der mit möglichst geringem Energieaufwand eine gebrauchsfähige neue Stoffbahn ergibt – das wird eine spannende Aufgabe.

Aus den Erfahrungen mit dem Papier, mit dem Epsons Dry-Fiber-Technologie begonnen hat, ist bekannt, dass die Fasereigenschaften das Verfahren stark beeinflussen. Nicht jede Papierfaser ist mit einer anderen verträglich; manche eigenen sich immer noch nicht für den Prozess. Das aber soll im Endeffekt die Maschine selbst feststellen können. Eine Herausforderung für die Sensorik, ein typischer Anwendungsfall für KI-Technologien. Und bei den Stofffasern dürfte es noch trickiger sein. Wie aber das Herangehen der japanischen Tüftler genau aussieht, dazu war von Epson auf der Messe keine Stellungnahme zu erhalten. Nur höfliches japanische Schweigen.

Heidelberger Druck und Canon: Kooperation in der Branche sind angesagt

Noch vor dem Messestart der Drupa (Dienstag, 28. Mai 2024) gaben die Heidelberger Druckmaschinen AG und die japanische Canon Inc. am Montag bekannt, weltweit im Bereich Vertrieb und Service zusammenzuarbeiten. Für den deuschen Maschinenbauer ist es das nächste Kapital, um der Markterosion durch den Konkurrenzdruck der Inkjet-Drucktechnik auf den vom Maschinenbau dominierten Offset etwas entgegenzusetzen. Ziel sei „die Unterstützung von Akzidenzdruckunternehmen, die eine hybride Offset- und Digitalproduktion anstreben“, so die beiden Unternehmen auf einer Pressekonferenzen in Düsseldorf.

Drupa 2024. Stand HP. Großformat-Inkjetmaschine von HP Indigo für den Kartonagendruck. Foto: Stephan W. Eder

Hauptgegner im globalen Wettbewerb ist der US-Konzern HP, der seine Inkjet-Technik mithilfe diverser Übernahmen sehr konsequent ausrollt. Das Problem für einen Hersteller von Offsetdruckmaschinen ist, dass Inkjet generell im Prinzip bedient werden kann wie ein Bürodrucker: Druckbefehl am Computer auslösen und es wird gedruckt. Ob das eine oder 1000 Seiten sind, ganz egal – im Offset braucht jede Seite eine eigene Druckvorlage. Das macht Inkjet per se geeigneter für kleine Auflagen, kleinere Seitengrößen (Bogengrößen) und Personalisierung. Aber die Seiten sind teurer. Für die Druckereibesitzer ist die Entscheidung ein Rechenexempel: Was rechnet sich für welchen Anwendungsfall. Und HP, aber auch Canon, Fuji und andere Inkjet-Hersteller haben in den letzten 20 Jahren intensiv investiert: Bessere Druckköpfe und robustere Maschinen bringen höhere Druckqualitäten auf größeren Bogenmaßen und dringen so in klassische Offset-Anwendungsfälle hinein.

Drupa 2024. Messepräsentation zur Kooperation von Heidelberger Druckmaschinen AG und Canon Inc. bei großformatigen Inkjet-Bogendruckmaschinen. Foto: Stephan W. Eder

Bei dem Heidelberg-Canon-Deal geht es darum, dass der deutsche Hersteller seinen Kunden weltweit in Zukunft auch große Inkjet-Maschinen der Bogengrößen B3 und vor allem ab 2025 B2 anbieten kann. Die Druckgeschwindigkeit soll dann bei 8700 B2-Bogen/Stunde (Schöndruck) liegen. Diese Maschinen kommen von Canon, die Heidelberg-Kunden können sie aber einfach in ihren klassischen Workflow, der bei Heidelberger Prinect heißt, einbinden. Inklusive der Entscheidungsfindung, welcher Druckauftrag auf welcher Maschine effizienter gedruckt wird. Mit dem japanischen Hersteller Ricoh besteht schon seit Jahren eine ähnliche Kooperation. Mehrere Tausend Maschinen hat Heidelberger so bei seinen Kunden weltweit inzwischen installiert.

Heidelberger Druck mit stabilem Umsatz

Das laufende Geschäft der Maschinenhersteller stellt sich durchaus nicht so einfach dar, warten doch die Kunden auf die Innovationen. Dennoch konnte Heidelberger Druck zum Ende des abgeschlossenen Geschäftsjahres mehr Aufträge an Land ziehen, von Januar bis März 2024 habe sich der Auftragseingang mit knapp 600 Mio. € „deutlich verbessert“, so das Unternehmen. Für das gesamte Geschäftsjahr erwartet Heideldruck allerdings einen Rückgang beim Auftragseingang von 6 % im Jahresvergleich. Der Umsatz blieb mit rund 2,4 Mrd. € stabil.

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