Integration von elektronischen Funktionen bringt für Faulhaber viele Vorteile, schafft aber auch Abhängigkeiten
Das vom Großvater gegründete Antriebstechnikunternehmen gut in die Zukunft zu führen, das ist seit einem Jahr die Aufgabe von Karl Faulhaber. Wie er mit seinem Team in der Faulhaber-Gruppe globale Lieferketten bewertet und wo er Wachstumsmärkte sieht, erzählt er im Interview.
VDI nachrichten: Wie bewerten Sie das erste Jahr an der Spitze der neu formierten Geschäftsführung von Faulhaber?
Karl Faulhaber: Das erste Jahr unter der neuen Geschäftsführung war von einer verschärften Situation durch verschiedene makroökonomische und geopolitische Krisen geprägt. Unsere Erfolge und unser Wachstum trotz dieser Krisen sind dem Teamgeist und dem Zusammenhalt aller Faulhaber-Mitarbeiter zu verdanken.
Ihre Vorgänger haben das Unternehmen zu einer internationalen Gruppe weiterentwickelt. Unter anderem durch den Konflikt zwischen China und Taiwan werden nun alte Geschäftsbeziehungen in Frage gestellt. Bewerten Sie China als Absatzmarkt heute anders als noch vor ein bis zwei Jahren?
China und Taiwan sind beide wichtige regionale Märkte für Faulhaber. Wie in den Regionen USA und Europa bemerken wir auch dort zunehmend einen Trend weg von der Globalisierung und hin zu einer stärker protektionistischen Geschäftspolitik, auch aus geopolitischen Gründen. Dies bedeutet für uns einen erhöhten Aufwand im Import/Export und in der Compliance sowie einen spürbaren Effekt durch Verlagerungen der Produktion unserer eher global aufgestellten Kunden.
Aber dadurch, dass wir in China nach wie vor den Großteil unseres Umsatzes mit Kunden machen, die den chinesischen Inlandsmarkt bedienen, hat sich unsere Bewertung von China als Absatzmarkt im Vergleich zu vor drei Jahren nicht signifikant verändert.
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Was bedeutet das für die globale Aufstellung Ihres Unternehmens?
Wir arbeiten an einer breiteren regionalen Aufstellung unserer Lieferanten und gleichzeitig an einer Lokalisierung der Lieferketten in wichtigen geopolitischen Räumen. Zudem betrifft die aktuelle Lage auch die Zusammenarbeit mit unseren Kunden, die global aufgestellt sind. Für sie ergibt sich ein erhöhter Bedarf an regionaler Unterstützung und Expertise. Die globale Zusammenarbeit bringt auf der einen Seite eine erhöhte Erwartung von Transparenz aufseiten des Lieferanten und auf der anderen Seite den vertraulichen Umgang mit Kundendaten und geistigem Eigentum mit sich.
Entwicklung bei Halbleitern treibt Miniaturisierung der Antriebe voran
Würden Sie sagen, dass Ihr Unternehmen in den vergangenen Jahren stark von fallenden Preisen bei Halbleitern profitiert hat?
Als technologie- und innovationsgetriebene Firma haben wir über die Jahre am stärksten von der Miniaturisierung und der erweiterten Funktionalität der Elektronik profitiert und weniger von den fallenden Preisen. Wir haben unser Produktprogramm konsequent ausgebaut und sehen die Integration von elektronischen Funktionen und Bauteilen in unsere Produkte und Systemlösungen als einen essenziellen Vorteil für unsere Kunden. Diese Strategie bringt ein erhöhtes Risiko der Abhängigkeit von diesen Bauteilen mit sich.
Wie bewerten Sie die Situation bei Halbleitern für Ihr Unternehmen in den kommenden Jahren?
Im vergangenen Jahr war die Beschaffung von elektronischen Bauteilen unsere zentrale Herausforderung. Wie unsere Kunden und Lieferanten haben auch wir die Hoffnung, dass sich diese Situation im Jahr 2023 verbessert, aber wir haben bisher noch keine eindeutigen Zeichen einer grundsätzlichen Verbesserung gesehen.
Ist Ihnen künftig Lieferfähigkeit wichtiger als Kostenminimierung bei den Produkten?
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