Künstliche Intelligenz trifft auf harten Stahl
Wissenschaftler aus der Produktionstechnik übergaben Vertretern der Enquête-Kommission Künstliche Intelligenz des Bundestages diese Woche einen Handlungsleitfaden zum systematischen Einsatz von KI im produzierenden Gewerbe.
Sich nicht von Daten treiben lassen, wollen Vertreter der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Produktionstechnik, bei ihrer Strategie zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in Verarbeitungsmaschinen. Auf der Messe für Metallbearbeitung EMO in Hannover, stellten sie diese Woche ihre Handlungsempfehlung für kleine und mittlere Unternehmen vor. Gleichzeitig wurde das Werk Vertretern der Enquête-Kommission Künstliche Intelligenz des Bundestages überreicht.
Doch worum geht es genau?
Bisher fehlt es dem produzierenden Gewerbe in Deutschland laut Professor Jörg Krüger, Initiator und Hauptautor des WGP-Standpunktpapiers, an einem systematischen Ansatz, mit dem das Potenzial von künstlicher Intelligenz in der Produktion gehoben werden kann. „Wir verfolgen erstmals einen nicht datengetriebenen, sondern einen prozessgetriebenen Ansatz“, verdeutlicht er den Unterschied zu klassischen Methoden. „Wir schauen uns dagegen die Prozesse an, die wir sehr genau kennen. Und daraus leiten wir ab, wo wir gezielt Daten erfassen müssen und wo KI gezielt eingesetzt werden kann, um Prozesse zu optimieren“, stellt Krüger fest. Durch dieses gezielte Vorgehen werde die Integration von KI in die Produktion deutlich effizienter. Der Leiter des Geschäftsfeldes Automatisierungstechnik am Berliner Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik (IPK) sieht in diesem Ansatz einen spezifisch deutschen Wettbewerbsvorteil: „Genau mit diesem Prozesswissen heben wir uns von der internationalen Konkurrenz ab.“
Aufmerksamkeit auf die Produktion lenken
Während in vielen Anwendungsbereichen die deutsche KI-Forschung deutlich hinter Ländern wie den USA und China hinterherhinkt, gelten Anwendungen im exportstarken Maschinenbau als aussichtsreiches Wachstumsfeld. Doch gerade kleine und mittlere Unternehmen verfügen selten über die notwendigen finanziellen und personellen Kapazitäten, KI-Technologien in ihre Produktion zu integrieren. „Als Zusammenschluss führender produktionstechnischer Professoren in Deutschland verfügt die WGP über ein einmaliges Wissen in der Produktion“, hebt Krüger hervor. „Dieses Domänenwissen gab uns die Möglichkeit, gemeinsam mit Unternehmen ein Modell zum methodischen Vorgehen zu entwickeln und der Industrie mit konkreten Handlungsempfehlungen den Einstieg in KI zu erleichtern.“
Die WGP sieht nun die Politik in der Pflicht, die notwendigen finanziellen Randbedingungen zu schaffen, damit dieses spezifische KI-Wissen in den Produktionsbetrieben ankommt und dort wertschöpfend eingesetzt wird – insbesondere in den kleinen und mittleren Betrieben. Professor Berend Denkena, Präsident der WGP und Leiter des Instituts für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen am Produktionstechnischen Zentrum Hannover, hat längst die nächsten Schritte im Kopf: „Hierzu müssen Weiterbildungsformate der beteiligten Universitäten und Fachhochschulen kraftvoll kreiert und schnell in die Breite gebracht werden.“
Weiterbildung statt ,Erstbefüllung‘
Hinsichtlich der neuen Aufgaben für Hochschulen denkt Denkena nicht nur an Themen rund um die künstliche Intelligenz und die Digitalisierung. Er fordert selbstkritisch: „Zur Unterstützung der schnellen Umsetzung von Wissen aus der Forschung in die Unternehmen müssen Hochschulen auch in ihrem Selbstverständnis wegkommen von einer ,Erstbefüllung‘ junger Menschen hin zu Weiterbildungsanbietern, die das lebenslange Lernen intensiv und regelmäßig befördern.“ Genau hierfür gelte es jedoch noch wichtige Finanzierungsfragen zu klären. Als positive Beispiele für derartige Konzepte nennt Denkena die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) deutschlandweit geförderten Kompetenzzentren Digitalisierung. „Jedoch müssen wir wegkommen von projektgebundenen Förderformaten, da es sich bei der wissenschaftlichen Weiterbildung um Daueraufgaben der Hochschulen handeln muss“, erklärt der Institutsleiter.