Produktion: Konzepte für eine erfolgreiche Kreislaufwirtschaft
Roboter, die Laufschuhe überarbeiten oder Autos für eine längere Gebrauchsdauer umrüsten, das sind Beispiele für nachhaltige Produktionsstrategien. In Aachen nehmen solche Ideen Gestalt an.
Lieferengpässe und Abhängigkeiten bei der Energieversorgung führen zur Rückbesinnung auf alte Werte. Dinge reparieren zu lassen und möglichst lange zu nutzen, das war für viele Urgroßeltern und Großeltern der Generation Smartphone noch Alltag. Für rohstoffarme Länder wie Deutschland soll der Aspekt der Nachhaltigkeit nun zum Problemlöser werden und Abhängigkeiten in globalen Lieferketten reduzieren. Welche Trends es dazu gibt und welchen Beitrag produzierende Unternehmen dazu leisten können, wollen mehrere Aachener Forschungseinrichtungen im Rahmen des Aachener Werkzeugmaschinenkolloquiums (AWK) deutlich machen.
Bevor Robert Schmitt, Lehrstuhlinhaber am Werkzeugmaschinenlabor (WZL) und Bereichsleiter am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT, seine Vorstellung von der Produktion der Zukunft beschreibt, berichtet er über Geschäftsmodelle, bei denen die Nachhaltigkeit wieder stärker in den Vordergrund rückt. Manche klingen zunächst sogar etwas befremdlich, beispielsweise der Laufschuh im Subskriptionsmodell von Cyclon.
Monatsabo für Laufschuhe: Was bedeutet das für die Produktion der Zukunft?
Einfach ausgedrückt, wird der Schuh dabei nicht gekauft, sondern im Monatsabo bezahlt. Alles beginnt mit einer Online-Registrierung, wie beim Streaminganbieter für Musik oder Filme. Statt digitaler Daten gibt es in dem Fall aber einen laut Hersteller aus nachhaltigen Materialien produzierten Laufschuh, der nach Ende der Nutzungszeit wieder an den Hersteller zurückgeschickt wird. Der Produktionswissenschaftler sagt: „Das ist ein Beispiel, wie sich im kleinen privaten Bereich Dinge manifestieren können, die auch im großen, wirtschaftlichen Bereich eine tragende Funktion haben können.“
Aachener Werkzeugmaschinen Kolloquium (AWK)
Was das mit Produktion zu tun hat, macht Schmitt dann schnell deutlich. Cyclon recycelt die Materialien und produziert daraus neue Schuhe. Der Ansatz der Rücknahme wird auch in einigen Industrieunternehmen bereits verfolgt. Igus aus Köln hat beispielsweise schon länger ein Rücknahmeprogramm für Energie- und Schleppketten aus Kunststoff, die aus eigener und fremder Produktion stammen. Ziel ist es, die hochwertigen Kunststoffe zu recyceln und mehrfach zu verwenden. Inzwischen wurde das Programm auf das generelle Sammeln von Schrott aus technischem Kunststoff ab Polyamid aufwärts ausgeweitet. Von anderen Recyclingplattformen will sich das Unternehmen dabei durch Veredelungsprozesse im Recyclingprozess mit definierten Materialspezifikationen differenzieren.
Lesetipp: CO2-Fußabdruck des einzelnen Produkts ist das nächste Ziel
Während Recycling für produzierende Unternehmen bereits naheliegend erscheint, geht das Berliner Entwicklungsbüro PCH Innovations zusammen mit Nike noch einen Schritt weiter. Die Unternehmen haben gemeinsam eine Roboterstation entwickelt, die gebrauchte Sportschuhe und Sneakers für eine erneute Nutzung aufbereitet. Bekannt sind solche Konzepte bereits aus dem Mobiltelefonbereich, wo Markengeräte für die Wiederverwendung geprüft und überarbeitet werden. Man spricht hier auch von Refurbishing.
Aber wie kann das bei Schuhen mit Kunststoffsohlen gelingen? In der Aufbereitungsanlage wird der Schuh vom Roboter gegriffen und per Kamera identifiziert, gereinigt, auf Verschleiß geprüft und mit individuellen Flicken (Patches) versehen. „Gegebenenfalls können Teile der Sohle abgefräst und im 3D-Druck wieder neu aufgebaut werden“, erklärt Schmitt. „Das sind die Ideen, die sich damit verbinden“, verdeutlicht er mit dem Blick auf die Anforderungen in der Produktion.
Kreislaufwirtschaft: Daten aus Produktion und Lebenszyklus sinnvoll zusammenführen
Als einen Dreh- und Angelpunkt für die industrielle Produktion sehen die Forschenden in Aachen dabei das Erreichen einer ganzheitlichen Kreislaufwirtschaft. Für Schmitt bedeutet das, dass es nicht mehr ausreicht, die Prozesse in der digitalisierten Produktion zu betrachten. Auch Aspekte des Lebenszyklus sollen künftig berücksichtigt werden. Deshalb gehe es nun darum, Daten über einen langen Zeitraum verfügbar zu machen, um Produkte möglichst lange im Nutzungszyklus zu halten.
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