Prüfaufwand ohne Qualitätsverlust reduzieren
Lässt sich ein hoher Qualitätsanspruch in der Industrie auch mit weniger physischem Prüfaufwand erreichen? Dieser Frage gehen Forschende aus Aachen nun nach. Daten spielen dabei eine zentrale Rolle.
Wer Kundenreklamationen vermeiden will, der kontrolliert seine Produkte schon in der Produktion. Bei sicherheitskritischen Maschinen und teuren Fahrzeugen gilt das auch für die meisten Komponenten. Entsprechend steigt der Prüfaufwand mit der Länge der Wertschöpfungskette. Auf vorwettbewerblicher Basis möchte nun das Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen zusammen mit dem Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT in Aachen gemeinsame Prüfaufwände signifikant reduzieren und eine höhere Produktivität durch den Wegfall von physischen Prüfprozessen erreichen. Weiterhin wird dabei eine durchgängige Qualitätsüberwachung angestrebt, durch die Ausschuss vermieden wird. Wichtige Informationen sollen dazu aus Modellen generiert werden.
Vorhersage von Qualitätsmerkmalen
Dafür haben die Forschungsinstitute den Industriearbeitskreis für „Predictive Quality“ ins Leben gerufen. „Predictive Quality beschreibt die datenbasierte Vorhersage von Qualitätsmerkmalen“, heißt es aus dem Arbeitskreis. Nach Einschätzung der Wissenschaftler stehen dem Qualitätsmanagement nämlich immer mehr Daten immer schneller zur Verfügung. Gleichzeitig ermöglichten neu entwickelte Algorithmen immer detailliertere Abbildungen und Modelle der Produktion.
Durch den angelernten Zusammenhang zwischen Prozessparametern und Qualitätsmerkmalen können nach Auffassung der Wissenschaftler aufwendige physische Prüfprozesse, durch eine aufwandsarme modellbasierte 100%ige Prüfung ersetzt werden. Bisher werden wegen des hohen Aufwands in der Praxis oft nur Stichproben untersucht.
Weitere Perspektiven für produzierende Unternehmen
In industrienahen Forschungsprojekten konnte der Predictive-Quality-Ansatz laut den Forschenden von WZL und Fraunhofer IPT bereits erfolgreich umgesetzt werden. Für die Zukunft sehen sie weitere Perspektiven. So würden von produzierenden Unternehmen im Rahmen von Digitalisierungs- und Industrie-4.0-Projekten immer mehr datenbasierte Qualitätsmanagementwerkzeuge entwickelt und eingesetzt. Softwareunternehmen stellten Infrastrukturen zur Datenerfassung und -speicherung bereit. Start-ups entwickelten dazu neue Geschäftsmodelle und stellten Algorithmen zur Datenauswertung bereit.
Lesen Sie auch: Radarsystem aus dem Pkw kontrolliert Betrieb von Förderbändern
Zielgruppe des Arbeitskreises sind branchenunabhängig Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe sowie Softwareunternehmen, die darauf spezialisiert sind, Daten zu gewinnen, zu speichern und zu verarbeiten. Typische Anwenderbranchen sind Automotive, Metallverarbeitung, Chemie, Pharma und Medizintechnik. Softwareseitig sind es beispielsweise Anbieter von MES- und Cloud-Lösungen sowie Spezialisten aus der Mess- und Sensortechnik.