Roboter bringt feinste Strukturen auf große Oberflächen
Mikro- oder Nanostrukturen verleihen Oberflächen nützliche Eigenschaften. Forschende aus Aachen optimieren dazu das Laserstrukturieren mit dem Industrieroboter. Insbesondere bei großflächigen Bauteilen, wollen sie damit schneller und kostengünstiger produzieren.
Feinste Oberflächenstrukturen reduzieren den Strömungswiderstand von Turbinen und verleihen technischen Produkten wahlweise weitere funktionale Eigenschaften. Sie zu produzieren, ist bereits bei kleinen Bauteilen eine Herausforderung. Nun will ein Team am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie (IPT) in Aachen ein fünf Meter langes Turbinen-Rotorblatt in der Roboterzelle des Instituts großflächig mit technischen Strukturen versehen. Im Forschungsprojekt „GroRoLas3D“ entwickelten sie dazu ein Verfahren, um mithilfe eines herkömmlichen Industrieroboters große dreidimensionale Oberflächen metallischer Bauteile mit dem Laser zu strukturieren. Anhand der neuen Methode lassen sich die Kosten großer strukturierter Bauteile nach ihrer Einschätzung deutlich senken.
Laserstrukturieren: Klassische Anlagen sind in der Größe limitiert
Das Laserstrukturieren ist ein recht neues, vielversprechendes Verfahren zum Einbringen von Strukturen in frei geformte Oberflächen. Dabei wird ein fokussierter, gepulster Laserstrahl schnell und hochpräzise über die Bauteiloberfläche geführt. Im Vergleich zu konventionellen Bearbeitungsverfahren wie Beschichten oder Ätzen ist das Laserstrukturieren umweltfreundlicher, präziser und bietet mehr gestalterische Freiheiten. Dafür gibt es bereits Laseranlagen, die hochpräzise arbeiten, aber aufgrund der eher kleinen Arbeitsfläche bezüglich der Bauteilgröße sehr limitiert sind.
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Klassische Anlagen zur Laserstrukturierung großer Oberflächen zu bauen, ist mit hohen Investitionen verbunden. Deshalb nutzt das Fraunhofer IPT dafür einen Industrieroboter und verbessert seine Positioniergenauigkeit, um mit der Präzision klassischer Anlagen konkurrieren zu können. Zudem galt es weitere Herausforderungen bei der Laserbearbeitung metallisch-glänzender Oberflächen bewältigen. Das Forschungsteam entwickelte dafür eine Modellierungssoftware, die Oberflächenreflexionen für verschiedene Werkstoffe und Positionen des Bearbeitungskopfes vorhersagen und in ein bestehendes Computersystem zur Bahnplanung (CAM-System) integriert werden kann. Darüber hinaus verbesserten die Forscherinnen und Forscher die Anlagentechnik. Sie konzipierten einen Laserstrukturierkopf, der Positionsabweichungen automatisch erkennt und selbstständig korrigiert.
Konventionelle Bahnplanung für Produktion großflächiger Nanostrukturen erzeugt riesige Datenmengen
Eine besondere Herausforderung bei der Erzeugung großflächiger Mikro- und Nanostrukturen im CAM-System ist, dass dabei riesige Datenmengen entstehen. Um konventionelle Bahnplanungsalgorithmen für die Laserstrukturierung zu verwenden, muss dafür nämlich zunächst ein extrem feines, detailliertes digitales Gitternetz erzeugt werden, das alle Strukturinformationen enthält. Bei großen Bauteilen entstehen dadurch laut den Forschenden Datenmengen, die mit heutigen Rechensystemen im industriellen Umfeld nicht zu verarbeiten sind.
Deshalb übersetzen die Forscherinnen und Forscher des Fraunhofer IPT die Beschreibungsmodelle im Rahmen eines Forschungsprojekts im Aachener Forschungscampus Digital Photonic Production (DPP) in sogenannte Prozedurale Strukturen für das Laserstrahlstrukturieren. Das bedeutet: Die Mikro- und Nanostrukturen werden nun durch mathematische Funktionen und Algorithmen beschrieben. Das neue Verfahren sei damit viel schneller als das herkömmliche bildbasierte Verfahren, heißt es. Es ermögliche die Berechnung der Daten annähernd in Echtzeit und erlaube ein auflösungsunabhängiges, verzerrungsfreies Strukturieren.
Kombination aus Lasertechnik und Robotik erobert viele Anwendungen
Die Kombination aus Lasertechnik und Robotik ist aber nicht nur in Aachen ein Thema. Zu den Klassikern die längst in der Praxis zu finden sind, gehören beispielsweise das Laserschneiden und Laserschweißen. In der Industrie aber auch in der Medizin sorgen die Roboter beispielsweise für eine hohe Anpassungsfähigkeit bei wechselnden Anforderungen. Messsysteme mit Lasertechnik übernehmen in Verbindung mit Robotern zudem immer häufiger Aufgaben bei der Qualitätssicherung. Durch vereinfachte Bedienoberflächen dürfte das Interesse daran künftig weiter wachsen.
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Die Synergien der beiden Fachdisziplinen hat auch die Messe München erkannt. Sie veranstaltet vom 27. bis 30. Juni 2023 zwei ihrer Leitmessen erstmals gemeinsam: die internationale Automatisierungsfachmesse Automatica sowie die Laser World of Photonics. Künftig sollen beide im Zwei-Jahresturnus zeitgleich und unter dem Dach der Messe München stattfinden. „Sowohl Laser wie Automatica bieten als Fertigungsgeneralisten Lösungen für alle Branchen. Und es gibt Schnittmengen, die ausbaufähig sind“, ist Reinhard Pfeiffer, Geschäftsführer der Messe München, überzeugt.