So tickt Brigitte de Vet-Veithen, die neue Chefin von Materialise
Brigitte de Vet-Veithen wird zum 1. Januar 2024 neue Geschäftsführerin des 3D-Druck-Giganten Materialise.
Alles begann mit einem Klappstuhl, vor etwa zehn Jahren. „Damals habe ich noch gar nicht bei Materialise gearbeitet“, erinnert sich Brigitte de Vet-Veithen. „Ich war lediglich Gast auf einer Party in der Firmenzentrale. Als Geschenk bekam ich dieses faltbare Designmöbelstück. Faszinierend daran fand ich – neben der Form – die Tatsache, dass es in einem Stück gedruckt wurde. Das hinterließ bei mir einen bleibenden Eindruck.“
2016 heuerte die deutschsprachige Belgierin dann bei dem weltweit agierenden Unternehmen an, zunächst im Geschäftsbereich Medizintechnik. Nun wird sie die Chefin: Am 1. Januar tritt sie in die Fußstapfen des Mitgründers und 3D-Druck-Urgesteins Fried Vancraen.
3D-Druck mit Überschallgeschwindigkeit
Angesichts dieses großen Erbes möchte sie zunächst zurückhaltend agieren. „In den ersten Wochen werde ich ein paar praktische Änderungen an meinem neuen Büro vornehmen. Sie werden meinen persönlichen Stil widerspiegeln, aber auch einen Raum schaffen, der zu meinem Führungsstil passt.“
Brigitte de Vet-Veithen: „Ich habe ein Faible für medizinische Anwendungen“
Und wie ist dieser Führungsstil? „Die Leute beschreiben mich als ,hart bei Ergebnissen, aber sanft zu Menschen‘. Ich versuche also, ein kollaboratives Umfeld aufzubauen, in dem die Meinungen und das Fachwissen aller geschätzt werden.“ Fortschritte könnten nur dort gemacht werden, wo das Streben nach Erfolg mit einem menschenzentrierten Ansatz in Einklang gebracht werde.
Nachhaltig produzieren und dabei Kosten senken – 3D-Druck sei Dank!
Befragt nach gedruckten Bauteilen, die sie am meisten faszinieren, erklärt die dreifache Mutter: „Ich habe ein Faible für medizinische Anwendungen.“ Dabei verweist sie auf die erste erfolgreiche Augentransplantation, die vor wenigen Wochen gelang. „Die 3D-Technologien von Materialise spielten bei dieser bahnbrechenden Operation eine entscheidende Rolle.“
Berührt habe sie außerdem der Fall des Babys Kaiba, das mit einem Bronchus-Defekt geboren wurde. „US-Mediziner nähten der kleinen Patientin eine Schiene in die Atemwege, die aus bioresorbierbaren Materialien gedruckt wurde.“ Das Implantat wuchs mit – und wurde innerhalb von etwa drei Jahren vom Körper absorbiert.
„Über diese hochkarätigen Fälle hinaus werden dieselben 3D-Druck-Technologien und -Instrumente zunehmend zu einem integralen Bestandteil von Routineoperationen“, ist die neue Geschäftsführerin überzeugt. Sie hätten das Potenzial, die Medizintechnik zu revolutionieren.
Brigitte de Vet-Veithen ist erfahrene Managerin
Vor ihrer Zeit bei Materialise hatte de Vet-Veithen bei Johnson & Johnson verschiedene Management-, Vertriebs-, F&E- und Marketingpositionen inne. Zuletzt war sie als General Manager beim Unternehmen Cordis in Deutschland, einem Anbieter von interventionellen kardiovaskulären Technologien – etwa Katheter und Stents. Außerdem war sie CEO der Acertys Group, eines Medizintechnikunternehmens aus Flandern.
De Vet-Veithen hält einen MBA-Abschluss der Wirtschaftshochschule Insead, eine der Top- Business-Schools der Welt. Außerdem hat sie einen Bachelor-Abschluss mit Schwerpunkt Ingenieurwesen an der HEC Lüttich erworben.
Familienmensch Brigitte de Vet-Veithen
In ihrer Freizeit widmet sich die Belgierin vor allem ihrer Familie. „Sie hat für mich oberste Priorität.“ Daneben spielt sie wöchentlich „Paddle“, eine Mischung aus Tennis und Squash. „Gelegentlich finde ich auch Zeit für eine Runde Golf. Dabei konzentriere ich mich nicht darauf, mein Handicap zu verbessern. Wichtiger sind mir die sozialen Kontakte und das Outdoor-Erlebnis.“
Musikhören ist kein Hobby von de Vet-Veithen. „Ich hege keine große Leidenschaft dafür. Angesichts der Anforderungen meines hektischen Jobs finde ich Trost in Momenten der Ruhe und Stille und schätze die Zeit, die ich mit Freunden und der Familie verbringe.“
Das Musikmachen gehört hingegen sehr wohl zu ihren Interessen. „Ich spiele ein bisschen Gitarre. Leider aber fehlt mir meist die Zeit zum Üben. Außerdem genieße ich es, gelegentlich auf dem Klavier zu klimpern – oder an dem Instrument herumzubasteln.“
Der 3D-Druck überflügelt alle Technologiebereiche
Am späten Abend greift de Vet-Veithen häufig zum Buch – bzw. zu Büchern. „Ich habe immer etliche Werke auf meinem Nachttisch, da ich dazu neige, mehrere Bücher gleichzeitig zu lesen. Zurzeit bin ich in Ken Folletts Roman ‚Never‘ vertieft. Gleichzeitig schaue ich mir ‚Thinking, Fast and Slow‘ von Daniel Kahneman an, um interessante Einblicke in die Geschäftswelt zu erhalten. Die Balance zwischen Belletristik und Sachliteratur ermöglicht es mir, mich zu entspannen und zugleich mich intellektuell zu beschäftigen.“