Bio-Werkstoffe 13. Jan 2023 Von Martin Ciupek Lesezeit: ca. 2 Minuten

Technische Fasern und Seile aus Milchsäure produzieren

Bisher werden Fasern und Seile häufig aus Polymeren auf Erdölbasis hergestellt. Das Faserinstitut Bremen will das mit einem Verfahren zur Produktion einer Alternative aus Biopolymeren ändern. Jetzt werden die Forschungsergebnisse von kleinen und mittelständischen Unternehmen in die Praxis umgesetzt.

Produktion des Bio-Polymers Polylactid (PLA): Boris Marx vom Faserinstitut Bremen steht an der von ihm mitentwickelten Anlage zur Herstellung von PLA-Blend mit Stereokomplex-Kristallstruktur.
Foto: Faserinstitut Bremen e.V.

Technische Fasern kommen in vielen Anwendungen zum Einsatz. Sie sind z. B. in der Medizin unverzichtbar und machen Seile in Kinderschaukeln oder auf Klettertouren sicher. Bisher werden diese jedoch zumeist aus Polymeren auf Erdölbasis hergestellt. Nach Alternativen mit Biopolymeren forschte deshalb Boris Marx vom Faserinstitut Bremen e. V. Solche Polymere wie Polylactid (PLA) bestehen aus biobasierten, nachwachsenden Rohstoffen. Sie sind damit, im Gegensatz zu den üblichen Polymeren aus Erdöl biologisch abbaubar.

PLA wird durch chemische Synthese auf Milchsäurebasis hergestellt. Kommerziell verfügbares PLA wird bereits zu Garnen verarbeitet, die z. B. für Heimtextilien genutzt werden können. Für technische Anwendungen sind deren Festigkeiten allerdings bisher nicht ausreichend. Das soll sich nun durch ein Projekt aus der vorwettbewerblichen Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) ändern.

Biopolymere für Garne mit höheren Festigkeiten und Steifigkeiten

„Im Rahmen des IGF-Projekts ‚Hochleistungs-PLA-Biko-Fasern‘ ist es erstmals gelungen, ein PLA-Blend mit Stereokomplex-Kristallstruktur im Technikumsmaßstab herzustellen“, erklärt Marx. Dabei wurden zwei PLA-Ausgangsmaterialien im Compoundierprozess vermischt. „Die Besonderheit liegt dabei in der Prozessführung bei der Temperatur. Das Ergebnis ist ein PLA-Blend in Pulverform mit Stereokomplex-Kristallstruktur, sodass die Entwicklung von Garnen mit höheren Festig- und Steifigkeiten ermöglicht und herkömmliche Kunststoffe somit substituiert werden können“, verdeutlicht er. 

Das Material erlaube eine einfache Überführung in den Industriemaßstab und damit eine ausreichende Materialverfügbarkeit, heißt es dazu vom Forschungs- und Transfernetzwerk Mittelstand AiF Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen „Otto von Guericke“ e. V. Damit könnten nun technisch industrielle PLA-Garne mit erhöhten Festigkeiten entwickelt werden. Die Einsatzgebiete dieser biotechnologischen Fasern würden somit deutlich ausgeweitet und herkömmliche Kunststoffe könnten weiter ressourcenschonend ersetzt werden.

Polymer-Alternative für Anwendungen von der Medizintechnik bis zur Luft- und Raumfahrt

Wofür die Garne aus Biopolymer eingesetzt werden können, beschreibt Sven Oberhoffner von der ITV Denkendorf Produktservice GmbH aus Perspektive des Mittelstands: „Für die Medizintechnik und speziell für uns als Entwickler und Produzent von innovativen textilen Implantaten sind die im Projekt erzielten Forschungsergebnisse von hoher Bedeutung. Denn bislang gibt es auf dem Markt keine Produkte auf PLA-Basis in stereokomplexer Form.“ Der jetzt verfügbare PLA-Blend ermögliche die Entwicklung neuer und innovativer Produkte. Dazu zählt er verbesserte Osteosyntheseplatten zur Behandlung von Knochenbrüchen. „Wir erhoffen uns dadurch einen Ausbau unseres Produktportfolios und die Erschließung neuer Märkte“, sagt Oberhoffner zu den Ergebnissen des IGF-Projekts.

Axel S. Herrmann, Institutsleiter des Faserinstituts Bremen e. V., hat weitere Hochtechnologieanwendungen für den nachhaltigen Werkstoff im Blick, wie die Luft- und Raumfahrttechnik oder den Automobilbau. Durch die Entwicklung auf einer industrienahen Technikumsanlage seien die erforschten Parameter sehr leicht in die Industrie übertragbar. Das geschehe derzeit in Zusammenarbeit mit kleinen und mittelständischen Unternehmen.

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