VDMA senkt Prognose im Maschinen- und Anlagenbau für 2024
Die globale Wirtschaftsschwäche beeinträchtigt den Maschinen- und Anlagenbau. Produktionsrückgänge und ein sinkender Auftragsbestand erfordern eine Anpassung der Prognose für 2024, so VDMA-Präsident Karl Haeusgen.
Stärker als bisher erwartet beeinflusst eine anhaltende Flaute der globalen Konjunktur die Geschäfte im Maschinen- und Anlagenbau. Lief die Produktion in den ersten zehn Monaten dieses Jahres dank hoher Auftragsbestände und weniger Engpässe in den Lieferketten noch vergleichsweise gut, zeichnen sich nun Bremsspuren ab. „Nachdem die ersten beiden Quartale noch Wachstumsbeiträge lieferten, verfehlte die Maschinenproduktion im dritten Quartal ihr Vorjahresniveau bereits um 1,6 %“, sagte VDMA-Präsident Karl Haeusgen auf der Jahrespressekonferenz des Verbands in Frankfurt. Auch das vierte Quartal werde schwach ausfallen. „Die bis zum Sommer gute Produktion sorgt zwar dafür, dass wir unsere Schätzung für 2023 anheben. Wir rechnen nur noch mit einem Produktionsrückgang von real 1 %.“ Mit Blick auf das kommende Jahr sagte er: „Anders als vor einem Jahr kann der sinkende Auftragsbestand die Produktion immer weniger stützen. Daher passen wir die Prognose für 2024 nach unten an: von bisher minus 2 % auf nun minus 4 %.“
VDMA-Präsident fordert „verlässliche Standortpolitik“
Haeusgen betonte die Bedeutung von Digitalisierung, Dekarbonisierung und dem Aufbau resilienter Lieferketten als potenzielle Wachstumsbereiche für den Maschinen- und Anlagenbau. Für die Digitalisierung der Branche setzt er auf föderative Datenräume. Das Programm „Manufacturing-X“ soll dafür sorgen, dass die Standards für Produktionsinformationen des Maschinen- und Anlagenbaus stärker adaptiert und genutzt werden.
Mit Blick auf das aktuelle politische Gezerre um den Bundeshaushalt stellte Haeusgen jedoch fest: „Transformation braucht Dynamik, Richtung und Zuversicht. Die aktuelle Unsicherheit bewirkt genau das Gegenteil. Dazu zählt auch, dass das Vertrauen in mündliche Förderzusagen der Bundesregierung gesunken ist.“ Gegenüber VDI nachrichten konkretisierte er: „Damit ist auch hinter der Förderung von Manufacturing X ein Fragezeichen.“ Bei allem Verständnis für das Karlsruher Urteil sei es ärgerlich, dass „auf gemachte Förderzusagen der Bundesregierung in dieser Zeitphase kein Verlass ist“. Umso wichtiger sei es nun mit Blick auf den Haushalt 2024, dass die Entscheidungen nun schnell, gründlich und detailliert getroffen würden, um die Verunsicherung auf der Investitionsseite zu beseitigen. Sowohl Regierung als auch die Opposition seien hier gefordert in der Sache zusammenzuarbeiten.
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Eine „langfristig verlässliche Standortpolitik“ mit industriefreundlicheren Rahmenbedingungen muss laut Haeusgen nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa geschaffen werden. Dafür müsse eine Binnenmarkt-Reform vorangetrieben werden, um die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu gewährleisten. Konkret nahm er Bezug auf das Lieferkettengesetz. In Deutschland sei das gut gelungen. Beim Europäischen Gesetzentwurf habe er den Eindruck, dass die Wirtschaftsferne größer sei als bei der Bundesregierung. „Da sind wir oft mit Gesprächspartnern konfrontiert, die wenig bis keine Ahnung von den Lieferketten der Industrie haben“, berichtete er. Dort habe man eher Konsumprodukte im Blick.
Europäisches Lieferkettengesetz bleibt wichtiger Kritikpunkt
Im Gegensatz zur Industrie hätten aber Konsumgüteranbieter wie Sportartikelhersteller eine hohe Nachfragemacht bei gleichzeitig unterkomplexen Lieferketten – also eine überschaubare Zahl an zugelieferten Produkten. „Insofern haben sie die Möglichkeit, in diesen unterkomplexen Wertschöpfungsketten mit ihrer Nachfragemacht etwas zu verändern.“ Das sei nicht mit dem Industriemaschinengeschäft vergleichbar.
Er macht das am Beispiel einer Maschine deutlich, von der 75 Stück gebaut werden. Wenn dafür wiederum 130 Elektromotoren eingesetzt würden, deren Kupferbestandteile aus einer Mine im Kongo kommen, dann seien die Einflussmöglichkeiten des Maschinenherstellers auf den Minenbetreiber gering. Zudem gebe es auf der ersten Ebene der Lieferkette einer Werkzeugmaschine bereits mehrere Hundert Lieferanten. Mit deren Unterlieferanten sei man auf der zweiten Ebene schnell im fünfstelligen Bereich. Das EU-Gesetz sei daher reines Wunschdenken „und am Ende bedanken sich Wettbewerber aus Nicht-EU-Ländern“, so der VDMA-Präsident. Sein Verband bleibe aber hoffnungsvoll und arbeite weiter an dem Thema.
Investitionen in F&E stimmen Haeusgen optimistisch
Was Haeusgen für die Zukunft optimistisch stimmt: „Wir haben als Kernbranche der deutschen und europäischen Industrie mit unseren rund 3 Mio. Beschäftigten in der EU viele Trümpfe in der Hand, um auf dem Weltmarkt auch weiterhin eine führende Rolle zu spielen.“ Ganz entscheidend sei dabei die Innovationskraft des Maschinen- und Anlagenbaus. Das belegten auch die Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E). So erhöhten die Unternehmen 2022 gegenüber dem Vorjahr ihre F&E-Ausgaben um knapp 6 % auf rund 8,7 Mrd. €. „Ein Rekordwert, der zeigt, dass wir an die Stärke und Zukunftsfähigkeit unserer Industrie glauben“, hob Haeusgen hervor.