Viel blauer Dunst bei der Instandhaltung
Was kostet die Instandhaltung von Windenergieanlagen? Bei dieser Frage zucken selbst renommierte Branchenexperten mit den Achseln, denn die Hersteller rücken keine Zahlen raus. Eine neue Richtlinie soll zumindest für mehr Transparenz im Wartungsgeschäft sorgen.
Windenergiegewinnung an Land gilt als Erfolgsgeschichte, auch ökonomisch. Neben den Kapital- und Investitionskosten sind dafür die Betriebskosten maßgeblich (siehe Kasten). Sie sind für Investoren von großem Interesse, denn nach Ablauf von Zins und Tilgung sind sie der größte Kostenblock und damit der Hebel für einen möglichst rentablen Betrieb.
Nur, die Rechnungen haben einen Haken: Die Hersteller von Windkraftanlagen machen einen großen Bogen um die Kostenfrage für den laufenden Betrieb. „Bei Vollwartungsverträgen erhalten Betreiber zwar Wartungsprotokolle über die durchgeführten Arbeiten. Es gibt aber keine Informationen darüber, was die Instandhaltung kostet, denn die Hersteller legen ihre Kalkulation nicht offen. Wenn keine Serienschäden auftreten, dann stecken in der Vollwartung ordentliche Margen drin“, sagt Ulf Winkler vom Betreiberforum des Bundesverbandes Windenergie (BWE).
Obwohl das keine unüblichen Marktmechanismen sind, stehen Investoren und Betreiber vor einem Problem, wenn die Vollwartungsverträge mit Laufzeiten zwischen fünf und 15 Jahren auslaufen und ein Wechsel des Anbieters ansteht. „Es gibt keine Daten, aus denen sich die Instandhaltungskosten berechnen lassen, weil die im Besitz der Hersteller sind. Daher beruhen die Kosten für Service und Wartung auch nur auf Schätzungen. Das ist ein Grund dafür, warum Investoren und Banken auf lange Vollwartungsverträge mit Herstellern drängen. Sie tragen dann das Ausfallrisiko für Komponenten“, sagt Klaus Pfeiffer von Enertrag Windstrom.
Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesystem (ISE), Freiburg, hat bei einer Eigenkapitalrendite von 9 % Stromgestehungskosten zwischen 0,06 €/kWh und 0,08 €/kWh ausgerechnet. Die Stromgestehungskosten liegen damit unter der EEG-Vergütung von 0,0893 €/kWh. Die jährlichen Betriebskosten liegen dem ISE zufolge bei 0,015 €/kWh und steigen jährlich um 2 %.
Bei einer Eigenkapitalverzinsung von 12 % kommt die WindGuard zu anderen Ergebnissen für die Stromgestehungskosten. Danach liegt die EEG-Vergütung fast immer unter den mittleren Stromgestehungskosten und nur an sehr guten Standorten darüber. tt
Tatsächlich ist die Datenlage ziemlich dünn. Neben einer Studie des Deutschen Windenergieinstituts von 1999 gibt es nur noch die angestaubte Auswertung des „Wissenschaftlichen Meß- und Evaluierungsprogramms“ (WMEP), welches das Bundesumweltministerium gefördert hatte.
Von 1989 bis 2006 bekamen Windmüller einen Bonus auf die Vergütung, wenn sie ihre Wartungsunterlagen rausrückten. Unterm Strich waren das 64 000 Blätter von 1500 Anlagen, die sich vor allem auf die Wartung von – aus heutiger Sicht – kleinen Maschinen bis 1,5 MW bezogen, aber keine Kosten enthielten. „Trotzdem ist das WMEP das Einzige, was wir für eine Kostenabschätzung haben“, muss Berthold Hahn vom Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (Iwes) zugeben.
Ähnlich sieht es bei der Fördergesellschaft Windenergie (FGW) aus. „Es gibt sehr unterschiedliche Angaben, die zwischen 81 % und 55 % der Investitionskosten liegen. Davon machen geplante Wartungen 18 % und ungeplante 25 % aus“, sagt FGW-Geschäftsführer Jens Rauch. Realistisch seien in jeden Fall Instandhaltungskosten von 20 % bis 45 %.
Um mehr Transparenz in das Wartungsgeschäft hineinzubekommen und die Kosten besser abschätzen zu können, hat die FGW die technische Richtlinie zur Instandhaltung von Kraftwerken für Erneuerbare Energien (TR 7) überarbeitet.
Ein dickes Manko ist bisher, das Techniker ihre Arbeiten auf Zettel und Wartungsbögen schreiben und diese nicht immer vollständig oder gut erfasst sind. „Ein Problem sind auch die Begrifflichkeiten, denn jeder Mitarbeiter hat sein eigenes Vokabular“, so Rauch.
Abhilfe soll jetzt die TR 7 mit einem Standard für die Datenerfassung schaffen. Darin wird vorgeschlagen, alle Wartungsdaten automatisch zu erfassen, die Begriffe eindeutig und verbindlich zu klären und die Datensätze austauschbar und damit für alle lesbar zu machen.
Bemerkenswert bei der TR 7 ist, dass die Theorie in dem angegliederten Verbundprojekt zur Erhöhung der Verfügbarkeit von Windkraftanlagen (EVW) auf ihre Praxistauglichkeit geprüft wird. In einem ersten Schritt geht es um den einheitlichen Sprachgebrauch von Servicemitarbeitern und Sachverständigen. Bisher müssen sich nicht nur Betreiber bei einem Wechsel des Serviceanbieters mühsam die Wartungsprotokolle übersetzen lassen.
„Hohe Kosten entstehen auch bei Gutachten von Sachverständigen, weil mehrere Ingenieure herausfinden müssen, was da eigentlich drin steht“, sagt Pfeifer, der mit Enertrag am Projekt EVW und der Überarbeitung der TR 7 beteiligt ist.
Als nächster Schritt sollen Komponenten in Windkraftlagen die gleiche Kennzeichnung haben, damit sich Ausfälle, Kosten und Reparaturen konkret einem Bauteil zuordnen lassen. Die Ergebnisse sollen dann in eine anonymisierte Datenbank einfließen. „Dann hätte man zumindest einen Benchmark, wo man mit den eigenen Maschinen eigentlich steht“, so Pfeiffer. Die Daten würden herstellerunabhängige Dienstleister liefern.
„Aus nichts lässt sich eben nichts analysieren. Wir brauchen Standards und eine statistisch abgestimmte Datenbank, um die Ausfalldaten und das Verhalten von Anlagen analysieren zu können. Das ist auch für Investoren wichtig, die wissen wollen, auf welche Kosten sie sich in fünf oder zehn Jahren einstellen müssen“, sagt Harald Jung von der Ingenieurgesellschaft Zuverlässigkeit und Prozessmodellierung Dresden. Axel Ringhandt von Bachmann Electronics empfiehlt, schon mal „neue Wartungsverträge in Anlehnung an die TR 7 abzuschließen“.